Bei einem Blick in die Geschichtsbücher kann schnell der Eindruck entstehen, der Verlauf unserer Welt sei nur von Männern bestimmt worden. Karl der Große einte fast ganz Europa unter sich, Otto von Bismarck erstmals die Deutschen und Konrad Adenauer war es, der sie schließlich in ein neues Zeitalter führte. Und das sind nur drei von sehr vielen mächtigen Männern.
Dabei gab es auch in der Vergangenheit immer wieder Frauen, ohne die wir nicht da wären, wo wir sind, die den (wenigen) Spielraum, den sie hatten, für sich genutzt haben.
Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März stellen wir euch 15 Frauen vor, die Geschichte geschrieben haben – in der Politik, kulturell oder dadurch, wie sie die Frauenbewegung geprägt haben.
Vor mehr als 4000 Jahren lebte der erste Mensch, der schriftstellerisch tätig war und den wir mit Namen kennen – und war eine Frau: Sie hieß En-hedu-anna und war eine sumerische Prinzessin, deren Vater Sargon von Akkad im Mittleren Osten den ersten Flächenstaat der Menschheitsgeschichte begründete. Als Hohepriesterin verfasste sie zahlreiche religiöse Gedichte und trat darin erstmalig in der Literaturgeschichte auch selbst als stolze Pionierin auf.
Zahlreiche Legenden und Überlieferungen ranken sich um diese mächtige Frau. Ihr zweiter Ehemann soll der assyrische König Ninos gewesen sein, den sie überlebte und daraufhin die Stadt Babylon baute. (Die Assyrer waren ein Volk, das im Altertum im heutigen Irak und Teilen der Türkei lebte.) Die Mauern Babylons zählen bis heute zu den sieben Weltwundern der Antike. Laut griechischer Überlieferung eroberte die Königin auf ihren darauffolgenden Feldzügen ganz Asien und nahm sich zahlreiche Liebhaber, die sie töten ließ, sobald sie ihnen überdrüssig wurde.
Die altägyptische Königin Hatschepsut regierte ihr Land um 1500 v. Chr. mehr als zwei Jahrzehnte lang und nahm als eine der ersten Frauen den Titel der Pharaonin an. Gewaltige Bauten von Luxor bis in den Sudan zeugen bis heute von ihrer selbstbewussten Herrschaft: Sie errichtete riesige Obelisken, baute den Göttern geweihte Straßen und ließ sich selbst auf ihren Statuen mitsamt aller Königsinsignien darstellen.
Nach dem Tod von Karl dem Großen im Jahr 814 entstand ein Machtvakuum in Rom: Im Kampf um weltlichen und geistlichen Einfluss konnte sich vor allem eine durchsetzen: die italienische Adelige und angebliche Papst-Geliebte Marozia. Sie übte lange Zeit so viel Macht auf die regierenden Päpste aus, dass diese Epoche später von Historiker:innen als Herrschaft der Mätressen (Pornokratie) bezeichnet wird.
1098 als eines von zehn Geschwistern geboren, stieg Hildegard von Bingen zur Beraterin von einflussreichen Persönlichkeiten wie dem Papst auf. Vor allem aber gründete sie selbstbewusst ihr eigenes Kloster, verfasste zahlreiche medizinische und religiöse Abhandlungen und schuf so eine vollkommen neue Volksmedizin.
Nzinga herrschte vierzig Jahre lang ohne jede formale Voraussetzung über zwei mächtige südwestafrikanische Königreiche. Sie wurde vor allem durch ihren Kampf gegen portugiesische Kolonialist:innen berühmt. Im Zuge dessen stieg sie allerdings auch groß in den Sklavenhandel ein und gilt deshalb als umstrittenes Symbol für afrikanische Unabhängigkeit.
Ende des 18. Jahrhunderts als Sklavin Isabella ohne Nachnamen geboren, wurde sie die erste schwarze Aktivistin, die eine Verbindung zwischen Frauen- und Sklav:innenrechten herstellte. Nach einer religiösen Eingebung nannte sie sich Sojourner Truth und verbreitete auf Predigten im ganzen Land ihre Ideen zu Gleichberechtigung und zur Abschaffung der Sklaverei.
Die deutsche Kommunistin und Friedensaktivistin kämpfte um die Jahrhundertwende für das Frauenwahlrecht und die Rechte von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Sie zog als eine der ersten Politikerinnen 1919 in das neue deutsche Parlament der Weimarer Republik ein, war jedoch auch auf internationaler Ebene aktiv. Sie gilt als prägende Initiatorin des Internationalen Frauentags, der erstmals am 19. März 1911 begangen wurde.
Als Weggefährtin von Clara Zetkin vereinte auch Rosa Luxemburg feministische und marxistische Ideale und legte eine einmalige Karriere in der deutschen Frauen-, Arbeiter- und Antikriegsbewegung hin. Für ihr Engagement wurde Luxemburg ihr ganzes Leben lang verfolgt. 1918 war sie gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, als mit dem Inkrafttreten des allgemeinen Frauenwahlrechts eines ihrer größten politischen Ziele verwirklicht wurde.
Während im Deutschland des ausgehenden 19. Jahrhunderts Frauen noch weitgehend aus der Kunst-Szene ausgeschlossen waren, erhielt Käthe Kollwitz bereits mit 14 Jahren Zeichenunterricht. Später konnte sie Grafik in Berlin und München studieren und wurde zu einer der einflussreichsten deutschen Künstlerinnen. Im Mittelpunkt ihrer Werke stehen Arbeiterinnen, Mütter und Kinder, Krieg und Tod.
Die französische Schriftstellerin vertrat in ihrem Werk "Das andere Geschlecht" als erste die These, dass das Frausein vielmehr sozial als biologisch begründet ist und kritisierte ihre Unterwerfung durch das Patriarchat. Mit ihrem Partner Jean-Paul Sartre lebte sie eine offene Beziehung und plädierte für die sexuelle Freiheit der Frau. Allerdings sollen ihre Beziehungen zu jungen Frauen auch missbräuchlich gewesen sein.
Mit der Vorstellung, Diskriminierung funktioniere wie eine Verkehrskreuzung, setzte die US-amerikanische Juristin 1989 den Grundstein für den sogenannten intersektionalen Feminismus: Genauso wie auf einer Kreuzung Autos aus allen vier Richtungen für Unfälle verantwortlich sein können, so können auch Schwarze Frauen sexistisch (als Frauen), rassistisch (als Schwarze) oder intersektional (als Schwarze Frauen) diskriminiert werden. Im Kampf um die weibliche Gleichberechtigung sollen so diverse, und nicht nur weiße Lebensrealitäten mitgedacht werden.
Die "Unternehmerin der Lust" avancierte in der Nachkriegszeit zur Pionierin der sexuellen Aufklärung in Deutschland. Mit ihren Produkten und Geschäften "für Ehehygiene" gründete sie den ersten, damals weltweit einzigartigen Erotik-Konzern und setzte sich für eine Sittenreform in der prüden bundesdeutschen Gesellschaft ein. Beate Uhse wollte die Erotik-Szene durch seriöse Aufklärung und diskreten Versand enttabuisieren. Ihr Wirken in der Porno-Industrie stieß wegen der frauenfeindlichen Tendenzen des Geschäfts allerdings auch auf Kritik bei der Frauenbewegung.
Demet Demir wurde 1980 mit gerade einmal 19 Jahren nach dem Militärputsch in der Türkei wegen ihrer Transsexualität und ihrer Arbeit als Sexarbeiterin verhaftet und gefoltert. Seitdem kämpft sie für die Rechte von trans*-Menschen und Sexarbeiter:innen. Demir verklagte 2003 die Bezirkspolizei, weil diese sie auf offener Straße misshandelt hatten, als sie einer anderen Aktivistin zur Hilfe kommen wollte und gewann vor Gericht.
Mit nur 21 Jahren ist Alice in ihrer Heimat Brasilien längst ein Medienstar. Sie ist das Gesicht einer neuen Generation indigener Aktivist:innen, die sich öffentlichkeitswirksam gegen die Unterdrückung ihrer Gemeinschaften und die damit einhergehende Umweltzerstörung zur Wehr setzt. Pataxó ist der Name der indigenen Gruppe, der Alice angehört und deren Kultur sie im Netz und mit ihrem Aktivismus wiederbeleben will.