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Electronic Arts soll verkauft werden: Die Hintergründe und Folgen

HANDOUT - Viel vom Spielprinzip wird sich im Spiel
EA dribbelt die Spieler seit Jahrzehnten.Bild: Electronic Arts / Electronic Arts
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Warum die EA-Übernahme durch Saudi-Arabien Spieler hart treffen könnte

Ein Milliarden-Deal bahnt sich an: Electronic Arts könnte schon bald in den Händen von Silver Lake und dem saudischen Staatsfonds liegen. Was für Investor:innen wie ein Coup klingt, könnte für Gamer:innen böse enden. Denn hinter dem geplanten Kauf steckt ein riskantes Finanzmodell – mit Folgen für Spiele, Studios und Spieler:innen weltweit.
29.09.2025, 19:3029.09.2025, 19:30

Electronic Arts zeichnet sich durch nicht viel Charmantes aus. Skandale ziehen sich durch die Unternehmensbiografie, eine Aufarbeitung findet nicht statt. Schweigen hilft, Probleme kollektiv zu verdrängen – oder zumindest den Gedanken daran. Glücksspielvorwürfe, das Aufkaufen und Erledigen von Konkurrenten, miese Arbeitsbedingungen – alles nur ein paar Beispiele.

Offensichtlich hat die Schweige-Strategie gefruchtet. So schlecht der Stand des Unternehmens bei vielen auch sein mag, EA erwirtschaftete im vergangenen Jahr 7,06 Milliarden US-Dollar. Der Publisher zählt zu den Big Playern der Videospielwelt. Für Investor:innen ist er entsprechend profitabel.

Insofern überrascht es nicht, dass ein Konsortium aus Silver Lake und dem saudischen Staatsfonds laut "Wall Street Journal" aktuell eine Übernahme erwägt – für 50 Milliarden US-Dollar.

Big Deal mit großen Versprechungen

Es wäre der zweitgrößte Deal der Videospielgeschichte, direkt hinter Microsofts Kauf von Activision Blizzard für 69 Milliarden US-Dollar. Vollmundige Vermutungen sollen die Spieler:innenschaft auf diesen möglichen Deal einstimmen.

Angedacht sei, EA von der Börse zu nehmen und es vollständig in die Hände von Silver Lake und Saudi-Arabien zu bringen. Mit dem Abgang würde der Gewinndruck abnehmen und Raum für langfristige Projekte entstehen. Gut durchdachte Spiele, Produkte längerer Entwicklungsphasen, kreative Diamanten – ein unglaubliches Potenzial.

Mieser Flop: "Dragon Age: The Veilguard"
Mieser Flop: "Dragon Age: The Veilguard"Bild: EA/Screenshot

EA ist offensichtlich eine Edelsteinmine. Ungeduld brachte aber häufig nur Schwarzkohle hervor. Wie großartig könnte die neue Fußball-Simulation "EA FC" werden, wie genial ein frisches "Dragon Age", wie herausragend das fertige "Skate"? Alles Illusionen. Denn so plausibel die Formel "Zeit + Kreativität = Qualität" klingt, sie übersieht eine entscheidende Realität: Renditedruck verschwindet nicht mit einem Börsenabgang.

Der Profitdruck wird nur schlimmer

Es ist egal, ob ein Unternehmen börsennotiert ist. Die Geschäftsführung will schwarze Zahlen, und ein global agierendes Unternehmen wie EA ist stets dem Wachstumszwang einer kapitalistischen Gesellschaft unterworfen. Ansonsten droht der Publisher, von Konkurrenten gefressen zu werden.

Zudem könnte der Deal als "Leveraged Buyout" geplant sein – das ist Finanzsprech für "Miese Nummer". Es ist so: Silver Lake kauft Unternehmen in der Regel nicht ausschließlich mit Eigenkapital, sondern nimmt dafür auch Schulden auf. Diese werden dem übernommenen Unternehmen aufgeladen. Es werden Zinsen und Tilgungen in Millionen- bis Milliardenhöhe fällig.

Prominentes Beispiel ist der Computerkonzern Dell. Silver Lake kaufte diesen 2013, ebenfalls mittels Krediten, die es abzustottern galt. Dell musste kurzfristige Maßnahmen ergreifen, um nicht bankrottzugehen. Es folgten Massenentlassungen, Outsourcing und Kürzungen im Bereich Forschung und Entwicklung.

Genau das dürfte EA auch bevorstehen, sofern es wirklich zur Übernahme kommt. Verschlankungen gab es ohnehin bereits. Diesen April mussten um die 300 Mitarbeiter:innen gehen, zudem beerdigte der Publisher Projekte wie "Titanfall", was das verantwortliche Studio Respawn heftig traf.

Der Fokus soll aufs Kerngeschäft fallen, beispielsweise Sportsimulationen mit unzähligen Kauf- und Glücksspielinhalten. Natürlich ist das auch Gewinnstreben geschuldet. Massive Schulden stellen dabei kaum eine reale Entlastung dar. Warum dann überhaupt ein Leverage Buyout?

Silver Lake und EA: Win-Win?

Für Silver Lake ist die Antwort klar: Für den Kauf braucht es weniger Eigenkapital. Sollte EA jetzt aber an Wert zulegen, wird der Gewinn aufs Eigenkapital gerechnet – die Schulden trägt ohnehin EA. Gewaltige Margen werden so möglich.

EA kann hingegen die eigene Steuerlast senken, da Kreditschulden in vielen Ländern steuerlich absetzbar sind. Zudem muss das Unternehmen Aktionär:innen keine Quartalsergebnisse mehr vorlegen. Also ja, Freiräume entstehen, nur unterliegen diese eben noch dem Profitzwang.

Es könnte also sein, dass EA noch mehr Schund auf den Markt bringt. Und dieser Schund beinhaltet dann wieder alles, wodurch sich der Publisher unrühmlich auszeichnet. Zudem könnten sich Unternehmensstrukturen ändern, zum Beispiel in Form einer größeren Mobile-Abteilung, die verspricht, mehr abzuwerfen.

Keine Angst vorm Moralverlust

Zuletzt wäre da noch die Angst vor Saudi-Arabien als Miteigner. Es gibt die Befürchtung, Spiele würden in dieser Folge ideologisch angepasst werden. Das scheint erst mal unwahrscheinlich. Das Land mag eine absolute Monarchie sein, deren menschenverachtendes Vorgehen unter anderem im Jemen, aber auch Gastarbeiter:innen und den eigenen Bürger:innen regelmäßig den Ruf nach Interventionen laut werden lässt.

Gleichzeitig ist Saudi-Arabien aber auch daran interessiert, den Staatshaushalt mit Gewinnen aus Investitionen zu füllen. Solange EA Profit macht, ist es dem Land völlig egal, wie die Spiele aussehen. Großartig politisch sind die Werke ohnehin nicht. Und zum Beispiel die Frauenfußballmannschaften aus "EA FC" zu streichen, wäre da völliger Irrsinn.

Der Staat tritt hier als Investor auf, dessen Absicht Gewinn ist, nicht als Herrscher, der seine Weltanschauung im Westen durchsetzen will. Dass das nicht klappt, dürfte ihm klar sein. Die Leute sollen kaufen, nicht knien. Mit dem Geld, das die Saudis kassieren, können sie dann wiederum ihre Interessen durchsetzen – etwa Waffen kaufen oder Großbauprojekte starten.

Dafür muss EA weiterhin das produzieren, was gekauft wird. Charmanter dürfte es dann nicht werden. Auch nicht interessanter. Vielmehr bleibt es skandalös. EA wird so weiter tun, was EA immer tut: schweigen, Gewinne maximieren – und die Spieler:innen bleiben auf der Strecke.

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