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Tiktok: Laura geht mit Videos über die AfD viral und wird so zur Influencerin

Botschaften aus dem eigenen Wohnzimmer: Die 19-jährige Laura ist Influencerin und spricht auf Tiktok über Politik.
Botschaften aus dem eigenen Wohnzimmer: Die 19-jährige Laura ist Influencerin und spricht auf Tiktok über Politik.bild: privat
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Laura geht auf Tiktok mit Videos über die AfD viral – und plant den nächsten Schritt

16.10.2023, 20:4318.04.2024, 20:59
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Laura ist 19 Jahre alt, Schülerin und natürlich auf Tiktok. Bis vor ein paar Wochen tanzte sie dort, zeigte ihre Outfits, hatte nur ein paar Follower:innen und nicht mal einen richtigen Usernamen.

Dann drehte Laura einen Clip über die AfD – und seither ist vieles anders. Ihre Videos erreichen mehrere Hunderttausend Menschen. Sie bekommt viel Zuspruch, kassiert aber auch böse Kritik. Doch davon will sie sich nicht beirren lassen.

Lauras Entwicklung auf Tiktok steht beispielhaft für die Möglichkeiten des Netzwerks. Sie zeigt, wie schnell junge Menschen auch mit politischen Inhalten Reichweite erzeugen und damit an Relevanz gewinnen können.

Die 19-Jährige, die in Kassel lebt, hatte bereits vor drei Jahren darüber nachgedacht, politische Videos zu drehen. "Als die Querdenker-Bewegung aufkam, habe ich es mit ersten Videos versucht", sagt sie im Gespräch mit watson.

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Doch irgendwie habe sich der Versuch damals noch nicht richtig angefühlt. "Ich fühlte mich zu jung, zu unerfahren."

Heute ist das anders. Die Schülerin, die 2024 Abitur machen wird, beschäftigt sich seit Jahren mit den gesellschaftlichen Entwicklungen im Land, wählte auf dem Gymnasium das Fach Politik und Wirtschaft als Leistungskurs und will in einem Jahr Politik studieren. Sie sagt: "Ich will meine Meinung zum Ausdruck bringen, vor allem aber will ich andere junge Menschen informieren und über Fake News aufklären. Ich glaube schon, dass man Menschen im gleichen Alter gerade auf Tiktok eher zuhört."

Der immer weiter wachsende Zuspruch zur AfD, gerade auch bei jungen Menschen, führte dazu, dass Laura wenige Wochen vor der Landtagswahl in ihrer Heimat Hessen aktiv wurde und sich klar und deutlich gegen die Rechtspopulist:innen positionierte.

Prompt ging das erste Video viral.

Zwischenzeitlich hatte sie dann Stress mit Tiktok, was wiederum viel aussagt über die dort oft nicht funktionierende ordentliche Beurteilung der Frage, welcher Content anstößig ist und welcher nicht.

Tiktok sperrt sie wegen "Nacktheit"

Laura wurde offenbar so oft von Wähler:innen der AfD gemeldet, dass ihr Video wegen "Hassrede" offline genommen wurde, obwohl sie in ihrem Clip kein einziges Schimpfwort nutzte. Mehr noch: Ihr wurden "Nacktheit" und "Entblößung des Körpers" seitens Tiktok vorgeworfen, wie Laura erzählt. Und das, Achtung, wegen dieses Outfits:

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Laura machte den Vorgang öffentlich, erzählte von der Maßnahme seitens Tiktok. Und fragt sich im Video, was genau das Problem sein soll: "Man sieht ja nicht mal Nippel", sagt sie. "Es hatte einfach 30 Grad. Ich habe mir sogar extra noch einen BH angezogen."

"Die Art der Reaktionen hängt davon ab, in welcher Bubble sich welches Video verbreitet."

Der Vorfall passt irgendwie zu vielen sexualisierenden Kommentaren, die sich unter ihren Videos sammeln. "Dein Dekolleté gefällt mir besser als deine Meinung", ist dort zu lesen – und wir zitieren hier bewusst eine eher, im Vergleich zu anderen, gemäßigte Reaktion.

"Die Art der Reaktionen hängt davon ab, in welcher Bubble sich welches Video verbreitet", sagt Laura. "Wenn das eher in der linken Bubble passiert, bekomme ich viel Lob. Dann hagelt es Lob und Zuspruch. Das fühlt sich gut an und gibt mir regelrecht einen Dopamin-Kick." Doch sie kennt auch das gegenteilige Phänomen: "Wenn sich ein Video in der AfD-Bubble verbreitet, werde ich eben kritisiert."

Laura wird auf Tiktok zum Teil harsch kritisiert, löscht aber nicht einmal beleidigende Kommentare.
Laura wird auf Tiktok zum Teil harsch kritisiert, löscht aber nicht einmal beleidigende Kommentare.bild: privat

Bemerkenswert ist, wie abgeklärt sie damit im Gespräch mit watson umgeht. Sie sagt: "Ich kann das sogar verstehen. Die Menschen, die mit der AfD sympathisieren, fühlen sich dann angegriffen." Sie führt aus: "Ich kann nachvollziehen, wenn ein 50-Jähriger nicht begeistert ist, wenn eine 19-Jährige seine Ansichten kritisiert."

"99 Prozent der Menschen würden mich nicht beleidigen, wenn sie mir gegenüberstehen."

Doch was sei die Alternative? "Ich bin kein Kind. Ich bin erwachsen und habe meine Meinung. Natürlich kann es sein, dass ich mit den Jahren Dinge anders bewerten werde als heute. Aber deshalb verstecke ich mich doch nicht."

Beleidigungen könne sie gedanklich gut ausblenden, lösche daher auch keinen einzigen Kommentar. "Das einzige, was verschwindet, sind Dinge, die Tiktok selbst ausblendet." Sie zuckt mit den Schultern. "99 Prozent der Menschen würden mich nicht beleidigen, wenn sie mir gegenüberstehen. Übers Internet tun sie es dann doch. Damit kann ich leben, davon lasse ich mich nicht einschränken."

Vor allem setzt sie auf ihr eigenes Wissen. "Ich habe 200 Seiten des AfD-Wahlprogramms gelesen. Ich bin jung. Ich bin aber vor allem informiert." Für sie sei es an der Zeit, die Stimme zu erheben. "Seit der neunten Klasse höre ich in der Schule Dinge über Rechtsextremismus und das Dritte Reich. Ich kann einfach nicht glauben, dass die Leute meinen, dass die AfD die Lösung sei. Wenn wir die Geschichte vergessen, kann sie sich wiederholen."

Laura will neben Tiktok auch verstärkt auf Youtube setzen

Bei all den Ausführungen wirkt Laura nicht sauer, nicht verbittert, sondern fröhlich, optimistisch und anpackend. Sie sagt: "Ich möchte in den Dialog gehen." Sie hat ihrem Channel mittlerweile einen Namen gegeben, heißt dort jetzt "diedemokratischedebatte". In Kürze will sie ihr erstes Youtube-Video veröffentlichen, "weil Tiktok für richtig ausführliche Erklärformate nicht gemacht ist".

Anschließend möchte sie beobachten, wie sich ihre Followerschaft entwickelt. Sie denke mittlerweile darüber nach, sich voll und ganz auf politische Inhalte zu konzentrieren und anderen Content sein zu lassen. "Für mich ist es zum Hobby geworden, mich per Video politisch online zu äußern." Und sie könne sich durchaus vorstellen, das dauerhaft zu machen.

Sie habe aber nicht vor, einen Anti-AfD-Kanal aufzubauen. Sie möchte parteiübergreifend über politische Debatten sprechen. Sie sagt: "Die Videos zur AfD habe ich gemacht, weil die Wahl anstand und die Partei immer stärker wurde. Aber es gibt in Deutschland genügend andere Themen, die ich auch spannend und wichtig finde. Und darüber möchte ich mich mit anderen jungen Menschen austauschen."

Dabei müsse nur Zeit für all die anderen Facetten des Lebens bleiben, denn auch, wenn sie auf dem besten Weg zur politischen Influencerin ist, sagt sie: "Ich kann mir nicht vorstellen, hauptberuflich Influencerin zu werden."

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