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Mental Health: Vier Männer über das letzte Mal, dass sie geweint haben

Man covering mouth while sitting on bed crying Young man in domestic clothes sitting on bed against glowing lamp and looking away while crying and covering mouth with hand Copyright: x RECORD DATE NOT ...
Schwäche zu zeigen, fällt nicht jedem Mann leicht.Bild: YAY Images / imago images
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Tränen als Tabu: Vier Männer erzählen, wann sie das letzte Mal geweint haben

Männer sind stark, furchtlos und nicht emotional – dieses Geschlechterklischee gilt eigentlich längst als überholt. Trotzdem fällt es manchen Männern schwer, sich vor anderen verletzlich zu zeigen oder gar zu weinen. Bei watson brechen vier junge Männer mit einem hartnäckigen Tabu.
18.06.2025, 19:1518.06.2025, 19:15
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Wann hast du das letzte Mal geweint? Über diese Frage müssen manche Männer ganz schön lange nachdenken. Egal ob in der Öffentlichkeit oder privat: Das sogenannte "starke Geschlecht" sieht man deutlich seltener Tränen vergießen als seinen weiblichen Gegenpart.

Dabei hätte man vor ein paar Jahren den Eindruck bekommen können, dass sich die traditionellen Rollenbilder von einseitig starken Männern und schwachen Frauen langsam auflösen. Auch Jungs dürfen mal weinen und sich verletzlich zeigen, ohne gleich ihre Männlichkeit zu verlieren, war oft zu hören.

Trotzdem haben viele ihren eigenen Vater nie weinen sehen. Und auch in kernigen Männerfreundschaften fällt es manchen schwer, den Kloß im Hals nicht herunterzuschlucken und Emotionen offen zuzulassen. Weinen scheint bei Männern immer noch tabu zu sein.

Genau dieses Tabu wollen vier junge Männer bei watson aufbrechen. Dazu haben sie uns erzählt, wann sie das letzte Mal geweint haben, weshalb ihnen die Tränen kamen und warum es manchmal gar nicht so leicht ist, seine Gefühle zu zeigen.

Leon Bamberg, 26 Jahre, überkam starkes Heimweh

Mir ist es lange Zeit echt schwergefallen, vor anderen Leuten zu weinen. Da hat sich bei mir immer so ein Schamgefühl breit gemacht. Einerseits hatte das bestimmt was mit meinem Vater zu tun, der dieses traditionelle Bild vom starken Mann erfüllt hat. Andererseits haben mich aber auch Rollenbilder beeinflusst, die man in Filmen zu sehen bekommt.

Ich habe erst kürzlich wieder "Die unendliche Geschichte" geschaut. Das war als Kind einer meiner Lieblingsfilme, aber damals war mir natürlich nicht bewusst, wie toxisch männlich die Figuren teils sind. Am Anfang sagt der Vater mehr oder minder zu seinem Sohn, der vielleicht acht Jahre alt ist, dass er nicht schwach sein darf – und das, obwohl kurz davor seine Mutter gestorben ist.

Deshalb habe ich lange nur geweint, wenn ich allein war. Das hat sich erst geändert, als vor elf oder zwölf Jahren mein Opa gestorben ist. In dem Moment ist so eine Flut an Gefühlen über mich hereingebrochen, dass ich das gar nicht allein bewältigen konnte. Es fällt mir immer noch leichter zu weinen, wenn ich allein bin, aber seitdem ist es für mich kein Tabu mehr, dazu zustehen, wenn es mir nicht gut geht.

Deswegen habe ich solche Momente auch schon mit meiner Community auf Social Media geteilt. Zum Beispiel Anfang des Jahres, da wurde meine Oma unerwartet ins künstliche Koma versetzt. Heute geht es ihr wieder gut, aber am Anfang sah es so aus, als würde sie es nicht schaffen. Und da kamen die Erinnerungen an den Tod meines Opas hoch.

Das letzte Mal geweint habe ich aber aus einem anderen Grund. Das war vor ungefähr eineinhalb Monaten, als ich allein im Urlaub war. Da habe ich mein Zuhause und die Menschen vermisst, die mir nahestehen.

Anonymer Mann, 29 Jahre, sorgte sich um seine Beziehung

Das letzte Mal, dass ich geweint habe, ist gar nicht lange her. Am Wochenende hatte ich ein ziemlich schwieriges Gespräch mit meiner Freundin. Sie stammt nicht aus Deutschland und will langfristig wieder zurück in ihre Heimat, ich würde aber gerne hier bleiben. Wir haben nicht richtig Schluss gemacht, aber unsere Beziehung hat jetzt quasi ein Ablaufdatum. Deswegen musste ich das erste Mal seit Langem wieder so richtig weinen.

Das war auf jeden Fall emotional, aber am Ende hat es mich sogar beruhigt, dass mir die Tränen gekommen sind. Normalerweise habe ich nämlich Probleme, zu weinen. Es ist nicht so, dass ich es mir nicht erlauben würde, Schwäche zu zeigen – erst recht nicht bei Menschen, die mir nahestehen. Aber die körperliche Reaktion, also dass mir am Ende wirklich Tränen kommen, bleibt meistens aus.

Ich weiß nicht genau, woran das liegt. Aber ich kann mir vorstellen, dass manche Routinen – zum Beispiel als Mann vor anderen Männern nicht zu weinen – noch zu stark verankert sind. Ich kann mich beispielsweise nicht daran erinnern, dass ich mal vor meinem besten Freund geweint hätte, und umgekehrt auch nicht. Bei weiblichen Bezugspersonen fällt mir das schon leichter.

Ich würde trotzdem sagen, dass sich das Männlichkeitsbild unserer Gesellschaft in den letzten Jahren zum Besseren gewandelt hat. Vor engen männlichen Freunden schäme ich mich nicht mehr zuzugeben, dass es mir nicht gutgeht. Allein das ist aus meiner Sicht schon eine kleine Errungenschaft. Gemeinsam zu weinen, wäre der nächste Schritt.

Norman Wolf, 32 Jahre, kamen vor Erleichterung die Tränen

Ich bin in der Schule lange Zeit gemobbt worden. Jedes Mal, wenn ich geweint habe, ist die Reaktion der Mobber umso heftiger ausgefallen. Die Lehrkräfte haben mir gesagt, dass ich nicht weinen soll, weil ich mich dadurch angreifbar mache – als ob das Weinen das Problem ist und nicht das Mobbing. Also habe ich als Kind angefangen, meine Emotionen zu unterdrücken und stattdessen zu essen.

Das prägt mich bis heute. Mir fällt es immer noch schwer, vor anderen Leuten zu weinen. Und das nervt mich total, weil es evolutionär eigentlich so gedacht ist, dass man in Anwesenheit von anderen Menschen weint, um Trost gespendet zu bekommen.

Ein Baby schreit, weil es ihm nicht gut geht und es Aufmerksamkeit braucht. Bei Erwachsenen ist das nicht anders, aber oft heißt es eben "Weinen ist etwas für Kinder" oder: "Weinen ist etwas für Mädchen". Es ist total dysfunktional, dass wir uns gesellschaftlich antrainiert haben, als Erwachsene vor allem allein zu weinen, weil dann diese Trost-Komponente komplett wegfällt.

Das letzte Mal, das ich geweint habe, ist noch gar nicht so lange her. Anfang Juni habe ich mir die Switch 2 und das neue Mario Kart Game besorgt. Das letzte hatte ich mir vor zwanzig Jahren für den Nintendo DS gekauft.

Das habe ich damals vor allem gespielt, um die Streitereien von meinen Eltern auszublenden, aber auch die Angst vor dem Mobbing in der Schule.

Und dann saß ich an diesem Morgen im Bett und all die Erinnerungen sind wieder hochgekommen und ich dachte, wie schön es ist, dass ich jetzt Mario Kart spielen kann, ohne Angst zu haben. Mein Leben ist heute so viel besser als damals. Und da musste ich einfach weinen, einerseits aus Erleichterung, aber auch aus Stolz, dass ich so weit gekommen bin.

Anonymer Mann, 33 Jahre, weinte in der Therapie

Ich habe das letzte Mal vor drei Wochen geweint. Da saß ich bei meinem Psychotherapeuten in der Gruppensitzung und es kam ziemlich viel zusammen: allgemein schlechte Stimmung, Anspannung und Überforderung. Dabei hat mir davor noch ein Mitpatient gesagt, dass er mich dafür bewundert, wie entspannt ich immer aussehe.

Generell weine ich nicht so oft, vielleicht einmal im Monat. Ich denke, das hat schon etwas mit Scham zu tun. Ich fühle mich nicht "unmännlich", weil ich weine. Das ist für mich ein normales Gefühl. Aber es rüttelt irgendwie sehr an meinem Selbstbild als ein rationaler, kontrollierter, gefasster Mensch, wenn mir vor anderen Menschen die Tränen kommen. Dadurch fühle ich mich teilweise wie eine Last für mein Gegenüber.

Deswegen weine ich fast nur, wenn ich allein bin. Bei meiner Familie ist mir das sehr unangenehm, ich wüsste gar nicht, wie sie darauf reagieren würden. Und unter meinen Freunden gibt es nur eine Handvoll Menschen, die mich beim Weinen gesehen haben.

Ich denke trotzdem, dass sich Männer öfter trauen sollten zu weinen. Ich sehe darin einen gesunden Weg, seiner inneren Trauer oder Schmerz Ausdruck zu geben. Wir Männer müssen nicht alles runterschlucken und in uns begraben, bis wir mit Mitte 50 einen Schlag kriegen. Wir dürfen Dinge auch fühlen und zulassen.

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