Stell dir vor, du erlebst jeden Monat Schmerzen, die so stark sind, dass du kaum einen normalen Alltag führen kannst – und das über Jahre hinweg. Ärzt:innen werden dir sagen, dass "alles in Ordnung" sei. Deine Mitmenschen erklären dir, dass "das halt eben so ist" während der Menstruation. Das ist die Realität für viele Menschen mit Endometriose. Eine Krankheit, die noch immer zu wenig bekannt ist, aber unzählige Leben beeinflusst. Doch was genau ist Endometriose und warum wird sie so oft übersehen? Watson klärt auf.
Endometriose ist eine chronische Erkrankung, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter wächst und dort Entzündungen, Schmerzen und möglicherweise auch Unfruchtbarkeit verursacht. Diese Herde treten häufig am Bauchfell auf. Sie können aber auch in die Wände von Nachbarorganen wie Blase oder Darm wachsen. Die Krankheit betrifft vor allem Frauen (und alle anderen Menschen mit Gebärmutter) im gebärfähigen Alter und kann sich in verschiedenen Formen und Schweregraden äußern. Folgende Symptome können auf eine Endometriose-Erkrankung hinweisen:
Endometriose kann grundsätzlich jede Person mit Gebärmutter im gebärfähigen Alter betreffen. Risikopersonen sind jene, mit Verwandten ersten Grades, die selbst betroffen sind, ebenso wie jene, die vor dem elften Lebensjahr mit der Menstruation beginnen, lange Zyklen oder starke Blutungen haben.
Nie schwanger gewesen zu sein oder ein hoher Östrogenspiegel tragen ebenso zum Risiko bei. Darüber hinaus könnte ein geschwächtes Immunsystem eine Rolle spielen.
Die Symptome einer Endometriose können bereits mit der ersten Menstruation in der Pubertät auftreten und bis zu den Wechseljahren oder darüber hinaus bestehen bleiben. Laut der "Endometriose-Vereinigung Deutschland E.V." tritt die Krankheit am häufigsten zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr auf. Nach den Wechseljahren verschwinden die Beschwerden in der Regel wieder.
Schätzungen zufolge sind zwischen 8 und 15 Prozent aller Mädchen und Frauen betroffen – das entspricht in Deutschland etwa 2 Millionen Menschen. Weltweit geht die WHO von etwa 190 Millionen Betroffenen aus, während in Deutschland jährlich bis zu 40.000 Neuerkrankungen registriert werden.
Die schlechte Nachricht zuerst: Endometriose ist nicht heilbar. Die aktuelle Forschung steckt noch im Anfangsstadium. Jedoch gibt es einige Behandlungsansätze, die die Symptome lindern und das Fortschreiten der Krankheit mindern können.
Dazu gehören Schmerzmittel zur Schmerzlinderung während der Menstruation, hormonelle Therapien, die das Wachstum des Endometriosegewebes hemmen, wie die Pille oder die Hormonspiralen. In schwereren Fällen kann eine chirurgische Entfernung des Endometriosegewebes durch eine Operation sinnvoll sein.
Für Betroffene mit Kinderwunsch, die aufgrund von Endometriose unfruchtbar sind, können Fertilitätsbehandlungen wie die In-vitro-Fertilisation (IVF) eine mögliche Lösung bieten. Mit Endometriose ist es grundsätzlich möglich, schwanger zu werden, die Fruchtbarkeit ist jedoch um 50 Prozent verringert
In den letzten Jahren ist viel passiert, die Aufklärung über Endometriose hat auch in Deutschland einiges bewegt. Die Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten für Diagnose, medikamentöse Behandlung, chirurgische Eingriffe und teilweise Fertilitätsbehandlungen bei Endometriose. Es gibt jedoch Unterschiede je nach Kasse, daher ist eine direkte Anfrage und ärztliche Beratung empfehlenswert.
Bei Endometriose sollte man übermäßige körperliche Belastung und die langfristige, regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln vermeiden, da diese die Symptome verschlimmern können. Es ist wichtig, sich ärztlich beraten zu lassen und keine hormonellen Behandlungen ohne ärztliche Absprache vorzunehmen.
Zudem sollte man die Krankheit nicht unbehandelt lassen und die psychische Belastung nicht ignorieren – Unterstützung zu suchen und auf das eigene Wohlbefinden zu achten, ist super wichtig. Starke Menstruationsbeschwerden sind NICHT normal.
Die Symptome von Endometriose werden oft mit anderen, weniger schwerwiegenden Erkrankungen wie "normalen" Menstruationsbeschwerden oder dem Reizdarmsyndrom verwechselt. Außerdem kann die Krankheit in frühen Stadien mit leichten Symptomen verlaufen, was eine Diagnose erschwert.
Hinzu kommt, dass Endometriose bei vielen Ärzt:innen nicht sofort im Fokus steht, da die Krankheit noch immer relativ wenig bekannt ist. Diese Verzögerung in der Diagnose ist auch ein Beispiel für die Gender Health Gap – die geschlechtsspezifische Ungleichheit im Gesundheitswesen, bei der frauenspezifische Erkrankungen oft nicht ausreichend beachtet oder ernst genommen werden.
Nur durch Aufklärung, frühzeitige Diagnose und individuelle Behandlungsansätze können Betroffene die besten Chancen auf eine Verbesserung ihrer Lebensqualität erhalten – und wir alle können einen Beitrag leisten, indem wir Verständnis und Empathie zeigen. Denn die Erkrankung ist viel mehr als "einfach ein bisschen Bauchweh"!