Die Säkularisierung, also die Trennung von Staat einerseits und Religion und Kirche andererseits, ist schon sehr alt: Ende des 17. Jahrhunderts entstanden erste Bewegungen in Europa.
Dennoch ist es erstaunlich, wie manche religiöse Heiligtümer bis heute in die deutschen Gesetze beeinflussen. Obwohl die Anzahl an Gläubigen und Kirchenmitgliedern im Land immer weiter sinkt, ist etwa ein Großteil der gesetzlichen Feiertage auf christliche Feste zurückzuführen.
Ein weiteres Beispiel ist das Arbeitsverbot für Sonn- und Feiertage, das 1900 im Ladenöffnungsgesetz verankert wurde. Mittlerweile gibt es davon zwar mehrere Ausnahmen und es hat auch einen arbeitsrechtlichen Hintergrund. Dennoch stören sich viele daran, am Sonntag etwa nicht einkaufen gehen zu können.
Andere halten die Arbeitsrechte auch für Supermarktmitarbeiter:innen hoch und sind weiterhin für das Verbot. In Hessen wurde nun eine Lösung für das Problem gefunden.
Nun dürfen sich jedoch nicht gleich alle Chef:innen von Rewe, Edeka, Aldi, oder Lidl freuen und neue Regeln für die Mitarbeiter:innen aufstellen. Und diese wiederum haben nicht viel zu befürchten. Der Landtag in Hessen hat zwar beschlossen, dass Supermärkte auch sonntags öffnen dürfen – aber nur, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen.
Die Einschränkungen sind mitunter heftig und machen es unwahrscheinlich, dass nun alle regionalen Discounter und Supermärkte ins Sonntagsgeschäft einsteigen. Erlaubt sind am letzten Tag der Woche nämlich immer nur sogenannte vollautomatisierte Mini-Märkte. Automatisiert heißt: Es darf dort kein Personal arbeiten.
Stattdessen funktioniert alles nach dem Selbstbedienungs- und Selbstbezahlprinzip. Doch was bedeutet es, dass ausschließlich "Mini"-Märkte erlaubt sind?
Große Verkaufsflächen, wie man es aus normalen Supermärkten kennt, sind weiterhin nicht an Sonntagen erlaubt. Öffnen dürfen am Ruhetag nach dem neuen Gesetz in Hessen lediglich Märkte mit einer Größe von bis zu 120 Quadratmetern. Zum Vergleich: Supermärkte haben oftmals eine Größe von mehreren hundert Quadratmetern, teils auch über 1000.
Und auch das Sortiment wird durch das hessische Gesetz begrenzt. Erlaubt ist in solchen Märkten an Sonntagen nur der Verkauf von Produkten des täglichen Bedarfs. Laut der "Frankfurter Rundschau" fällt darunter etwa nicht "der Ersatz für ramponierte Strumpfhosen, Bücher oder Zeitschriften".
Die Zeitung zitiert dazu auch den Landtagsabgeordneten der Grünen, Sascha Meier, der sich bei den Regeln zum Sortiment und zur Größe mehr Flexibilität gewünscht hätte. Andererseits gibt es auch Kritiker:innen des nun verabschiedeten Gesetzes.
In der Debatte hat sich etwa die gewerkschaftliche und kirchliche Vereinigung "Allianz für den freien Sonntag Hessen" gebildet. Sie plädiert dafür, dass Sonntagsschutz "mehr als Arbeitsschutz für die von sonntäglichen Ladenöffnungen betroffenen Beschäftigten" ist. Es gehe um den "Erhalt eines wesentlichen Kulturgutes".
Vorangegangen war dem verabschiedeten Gesetz ein Gerichtsurteil, dass es dem Unternehmen Tegut verboten hatte, seine kleinen "Teo"-Märkte sonntags zu öffnen. Daraufhin hat die Koalition aus CDU, SPD und FDP nun das Gesetz erlassen.