Die Aufregung um Nestlé, den größten Nahrungsmittelkonzern der Welt, ist seit Jahren groß. Immer wieder steht der Mega-Konzern, zu dem über 2000 Marken gehören, heftig in der Kritik. Jetzt hat Nestlé versucht, den Ton der Diskussion mitzubestimmen und eine eigene "Aufklärungskampagne" gestartet – die ist dem Unternehmen jedoch sofort auf die Füße gefallen.
Doch was sind die Gründe dafür, dass Nestlé für einige Kund:innen schon seit Jahren ein rotes Tuch ist? Die Kritik an dem Konzern ist vielschichtig. Der wohl bekannteste Punkt dreht sich ums Trinkwasser. Nestlé wird vorgeworfen, in einigen armen Ländern das Grundwasser abzupumpen, um es den Menschen in den jeweiligen Regionen wieder teurer zu verkaufen.
In der französischen Kleinstadt Vittel hat Nestlé für seine gleichnamige Wassermarke zudem über Jahrzehnte bewusst zu viel Wasser entnommen, als sich natürlich regenerieren lässt. Dadurch sinkt der Grundwasserspiegel in der Gegend jedes Jahr weiter.
Außerdem wird Nestlé für die Verwendung von Palmöl hart kritisiert. Unter anderem findet es im Schokoriegel Kitkat Anwendung. Allerdings müssen für die Plantagen der Ölpalmen in Ländern wie Indonesien und Malaysia große Flächen Regenwald weichen. Der Konzern hat inzwischen verkündet, nur noch nachhaltiges Palmöl verwenden zu wollen. Laut "Guardian" hält sich Nestlé aber nur teilweise daran.
Der Name von Nestlé fällt außerdem in einer Reihe von anderen Unternehmen wie Mars und Mondelēz, denen vorgeworfen wird, dass sie auf ihren Kakaoplantagen Kinderarbeit tolerieren.
All diese Vorwürfe hat Nestlé jetzt versucht, zu entkräften. Auf Youtube hat der Konzern die Videoreihe "Frag Nestlé" veröffentlicht, die den Anschein vermitteln soll, dass sich das Unternehmen mit der Kritik ehrlich auseinandersetzt.
"Das hier ist kein Standard-Werbevideo", begrüßt eine Frau die Zuschauer:innen deshalb gleich zu Beginn. Weiter sagt sie: "Wir reden mit und über Nestlé, und zwar Klartext. Über Themen, die Nestlé bewegen und für die Nestlé noch heute stark in der Kritik steht."
In den Kommentaren hagelte es sofort Kritik an Nestlé. Viele Menschen stören sich allein schon an dieser Einleitung. Wie objektiv kann ein Format sein, wenn es auf dem offiziellen Kanal des betroffenen Unternehmens ausgespielt wird?
Der Shitstorm wurde schließlich so groß, dass Nestlé die umstrittenen Videos wieder offline nahm.
Der Vorfall veranlasste das bekannte Youtuber-Duo Space Frogs, sich in einem viel geklickten Video über Nestlé lustig zu machen. "Nestlé hat die Videoreihe 'Frag Nestlé' ins Leben gerufen, nur um sie direkt wieder zu löschen, weil die einfach nur peinlich war", heißt es dazu in der Videobeschreibung.
Dann kritisieren die Youtuber unter anderem, dass die vermeintlichen Gegenmaßnahmen des Unternehmens nicht belegt werden und in der Kampagne mit Scheinargumenten gearbeitet wird.
Von der Schweizer watson-Redaktion mit dem heftigen Gegenwind konfrontiert, den "Frag Nestlé" ausgelöst hat, antwortete Nestlé-Sprecher Alexander Antonoff ausweichend:
Nestlé habe mit den Videos transparent vermitteln wollen, "was wir machen und wie wir es machen", erklärte der Sprecher. Weil diese aber zu stark polarisiert hätten, habe man nun "die entsprechenden Konsequenzen gezogen".