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Supermarkt: Nestlé löscht Video nach Shitstorm – doch dann wird's noch schlimmer

Nestlé-Logo Nestle auf dem Dach der Deutschlandzentrale der Nestlà Deutschland AG. Der Nahrungsmittelriese Nestle verkauft seine chinesische Wassersparte an die Tsingtao Brewery Group. Frankfurt, 27.0 ...
Nestlé wird von vielen Menschen boykottiert und gehört zu den wohl umstrittensten Unternehmen weltweit.Bild: IMAGO/Future Image
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Supermarkt: Nestlé löscht Video nach Shitstorm – doch dann wird es noch schlimmer

27.02.2023, 17:0430.06.2023, 14:01
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Die Aufregung um Nestlé, den größten Nahrungsmittelkonzern der Welt, ist seit Jahren groß. Immer wieder steht der Mega-Konzern, zu dem über 2000 Marken gehören, heftig in der Kritik. Jetzt hat Nestlé versucht, den Ton der Diskussion mitzubestimmen und eine eigene "Aufklärungskampagne" gestartet – die ist dem Unternehmen jedoch sofort auf die Füße gefallen.

Doch was sind die Gründe dafür, dass Nestlé für einige Kund:innen schon seit Jahren ein rotes Tuch ist? Die Kritik an dem Konzern ist vielschichtig. Der wohl bekannteste Punkt dreht sich ums Trinkwasser. Nestlé wird vorgeworfen, in einigen armen Ländern das Grundwasser abzupumpen, um es den Menschen in den jeweiligen Regionen wieder teurer zu verkaufen.

In der französischen Kleinstadt Vittel hat Nestlé für seine gleichnamige Wassermarke zudem über Jahrzehnte bewusst zu viel Wasser entnommen, als sich natürlich regenerieren lässt. Dadurch sinkt der Grundwasserspiegel in der Gegend jedes Jahr weiter.

Plastikflaschen mit Mineralwasser der Marke Vittel stehen am 20.06.2018 in dem Regal eines Supermarktes in Vittel (Frankreich). Foto: Rolf Haid
Für seine Wassermarke Vittel pumpt Nestlé den Bewohner:innen der gleichnamigen Kleinstadt das Grundwasser ab. Bild: picture alliance / Rolf Haid

Palmöl und Kinderarbeit – Vorwürfe gegen Nestlé wiegen schwer

Außerdem wird Nestlé für die Verwendung von Palmöl hart kritisiert. Unter anderem findet es im Schokoriegel Kitkat Anwendung. Allerdings müssen für die Plantagen der Ölpalmen in Ländern wie Indonesien und Malaysia große Flächen Regenwald weichen. Der Konzern hat inzwischen verkündet, nur noch nachhaltiges Palmöl verwenden zu wollen. Laut "Guardian" hält sich Nestlé aber nur teilweise daran.

Der Name von Nestlé fällt außerdem in einer Reihe von anderen Unternehmen wie Mars und Mondelēz, denen vorgeworfen wird, dass sie auf ihren Kakaoplantagen Kinderarbeit tolerieren.

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All diese Vorwürfe hat Nestlé jetzt versucht, zu entkräften. Auf Youtube hat der Konzern die Videoreihe "Frag Nestlé" veröffentlicht, die den Anschein vermitteln soll, dass sich das Unternehmen mit der Kritik ehrlich auseinandersetzt.

"Das hier ist kein Standard-Werbevideo", begrüßt eine Frau die Zuschauer:innen deshalb gleich zu Beginn. Weiter sagt sie: "Wir reden mit und über Nestlé, und zwar Klartext. Über Themen, die Nestlé bewegen und für die Nestlé noch heute stark in der Kritik steht."

Nestlé fällt mit Aufklärungskampagne auf die Nase

In den Kommentaren hagelte es sofort Kritik an Nestlé. Viele Menschen stören sich allein schon an dieser Einleitung. Wie objektiv kann ein Format sein, wenn es auf dem offiziellen Kanal des betroffenen Unternehmens ausgespielt wird?

Der Shitstorm wurde schließlich so groß, dass Nestlé die umstrittenen Videos wieder offline nahm.

Der Vorfall veranlasste das bekannte Youtuber-Duo Space Frogs, sich in einem viel geklickten Video über Nestlé lustig zu machen. "Nestlé hat die Videoreihe 'Frag Nestlé' ins Leben gerufen, nur um sie direkt wieder zu löschen, weil die einfach nur peinlich war", heißt es dazu in der Videobeschreibung.

Dann kritisieren die Youtuber unter anderem, dass die vermeintlichen Gegenmaßnahmen des Unternehmens nicht belegt werden und in der Kampagne mit Scheinargumenten gearbeitet wird.

Von der Schweizer watson-Redaktion mit dem heftigen Gegenwind konfrontiert, den "Frag Nestlé" ausgelöst hat, antwortete Nestlé-Sprecher Alexander Antonoff ausweichend:

"Es liegt in der Natur der Sache, dass auf einer Unternehmensplattform primär immer die Sicht des Unternehmens dargestellt wird. Wir haben versucht, Inhalte in einer Interview-Situation zu vermitteln. Das haben wir getestet und reagiert, indem wir uns relativ schnell von dieser Art der Aufbereitung wieder verabschiedet haben."

Nestlé habe mit den Videos transparent vermitteln wollen, "was wir machen und wie wir es machen", erklärte der Sprecher. Weil diese aber zu stark polarisiert hätten, habe man nun "die entsprechenden Konsequenzen gezogen".

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