Die Tiefsee ist die Ozean-Version von der "wir wissen, dass wir nichts wissen": riesig, düster, unerforscht und voller Überraschungen. Erst kürzlich hat ein Forschungsteam der Ocean Discovery League durchgerechnet, wie wenig wir vom Meeresboden eigentlich kennen. Das Ergebnis: Gerade mal ein winziger Bruchteil – weniger als ein Tausendstelprozent – wurde überhaupt jemals genauer unter die Lupe genommen.
Kein Wunder also, dass da unten ab und zu Wesen auftauchen, die aussehen wie aus einem Sci-Fi-Film. Genau so ein Moment erlebte Ende Dezember 2024 die Besatzung des Forschungsschiffs R.V. Falkor (too) des Schmidt Ocean Institute. Mitten im eisigen Süden, in antarktischen Gewässern, wurde ein Tauchroboter namens SuBastian ins Powell-Becken geschickt – eigentlich zum Kartografieren.
Wegen dicken Meereises musste das Team kurzfristig die Route ändern. Statt ins Becken-Zentrum ging es an den Rand. Und dort kam es zum Showdown mit einem Tier, das bis dato nur tot aus Fischernetzen gezogen wurde: der Tiefsee-Tintenfisch Gonatus antarcticus.
Doch dieses Exemplar war putzmunter und plötzlich direkt vor der Linse. In rund 2100 Metern Tiefe schwebte das etwa einen Meter große Tentakelwesen durch den Lichtkegel des Tauchroboters, posierte mehrere Minuten lang, verteilte zum Abschied noch ein bisschen grünliche Tinte (Kamera-scheu?) – und verschwand wieder in der Dunkelheit.
"Was für ein Zufall!", sagt Manuel Novillo vom argentinischen Forschungsinstitut für Tierökologie laut dem "Standard" gegenüber "National Geographic". "Eigentlich hätten wir da gar nicht sein sollen." Und doch gelang genau dort dieser wissenschaftliche Volltreffer.
Das Tier war trotz paar Kratzspuren und Saugnapfabdrücken gut in Form – ein seltener Einblick in das Leben eines Wesens, das sonst im Verborgenen bleibt. Alter oder Geschlecht konnten die Forschenden anhand der Aufnahmen nicht feststellen.
Zur genauen Bestimmung gingen die Aufnahmen ans Cephalopoden-Labor der Auckland University of Technology – aka die "AUT Squid Squad" (ja, die heißen wirklich so). Das Ergebnis: Ganz klar ein Gonatus antarcticus. Das erkennt man laut Laborchefin Kat Bolstad an einer Art "Superkralle" am Ende der längsten Fangarme. Die nutzt der Tintenfisch vermutlich beim Beutefang.
Was der Gonatus sonst so den ganzen Tag macht? Vermutlich jagen, fressen, fliehen. Feinde gibt es in den Tiefen des Meeres sicherlich genug – etwa den legendären Riesenkalmar (Architeuthis dux) oder den noch riesigeren Koloss-Kalmar (Mesonychoteuthis hamiltoni).