Ärger über Urlauber:innen ist bei weitem kein neues Phänomen. Doch der Kampf gegen den Massentourismus hat sich an Europas beliebtesten Reisezielen erst vor relativ kurzer Zeit etabliert. Seitdem geht es allerdings Schlag auf Schlag. Beinahe wöchentlich verkündet ein neuer Urlaubs-Hotspot Einschränkungen, Obergrenzen und Zusatzgebühren, um die eigene Bevölkerung zu schützen.
Nachdem in dieser Woche bereits die verschüttete Stadt Pompeij die täglichen Besucherzahlen deckelte, schließt sich jetzt der nächste Touristenmagnet dem Widerstand an. Die Bewohner:innen der Renaissance-Metropole Florenz haben nämlich genug. Ihre Bürgermeisterin verkündete deshalb einen Zehn-Punkte-Plan, um die schlimmsten Effekte abzufedern.
Die Hauptstadt der Toskana ist das Epizentrum eines der meist bereisten Gebiete Europas. Allein in diesem Jahr drängten sich in den ersten neun Monaten 7,8 Millionen Besucher:innen durch die schmalen Gassen der Unesco-geschützten Altstadt.
Auf nur 505 Hektar reiht sich eine Sehenswürdigkeit an die nächste. Von der einst bewohnten Brücke Ponte Vecchio über den marmorverzierten Dom bis hin zum Palast der Medici wecken zahlreiche Attraktionen Interessierte.
Florenz litt zuletzt nicht nur unter vielen Besucher:innen, sondern auch unter deren schlechtem Benehmen. So sorgte eine Touristin im Sommer für Empörung, als sie an der Statue des altrömischen Gottes Bacchus sexuelle Handlungen für ein Video vortäuschte. Die deutsche Leiterin der Galleria dell'Accademia, Cecilie Holberg, nannte die Stadt im Januar eine "Prostituierte" und fügte an, es werde schwer für die Stadt, wieder zur Jungfrau zu werden.
Die Tourist:innen kommen zu großen Teilen in Ferienwohnungen unter. Airbnb und Booking.com bieten dafür Tausende Unterkünfte an. Das sorgt für steigende Lebenshaltungskosten aufseiten der Anwohner:innen und einen arg strapazierten Geduldsfaden. Der Zeitung "la Stampa" erklärte Bürgermeisterin Sara Funaro: "Das historische Zentrum kann solche Zahlen nicht verkraften, ohne seinen kulturellen Wert zu verlieren und die Lebensqualität zu gefährden."
Eine der wichtigsten Maßnahmen aus Funaros Katalog richtet sich gegen Keyboxes. In der gesamten denkmalgeschützten Altstadt sollen die Schlüsselboxen verboten werden, mithilfe derer Tausende Tourist:innen wöchentlich in die Kurzzeitvermietungen gelangen. In den vergangenen Monaten gerieten diese kleinen Schlüsselsafes immer mehr ins Visier von tourismuskritischem Vandalismus und wurden zerstört oder beschmiert.
Eine weitere Maßnahme, die die Nerven von Florentiner:innen schonen soll, richtet sich aktiv gegen Führungen in der historischen Altstadt. Dabei wird die Nutzung von Lautsprechern untersagt, die zu einem ständigen Lärmpegel beigetragen hatten.
Auch ein drittes Ärgernis nimmt Funaro mit dem 10-Punkte-Plan direkt aufs Korn. Zwar gilt in großen Teilen der Altstadt ein striktes Autoverbot. Darüber hatten sich Reiseanbieter und Tourguides aber mit einem simplen Kniff hinweggesetzt.
Statt Autos zockeln nämlich zahlreiche Golfwagen durch die Straßen. Auch den sogenannten "atypischen Fahrzeugen" macht die Verwaltung ein Ende, zumindest teilweise: Die Zahl der Zulassungen soll streng begrenzt werden.
Die Ankündigung machte Funaro ausgerechnet im Vorfeld des G7-Gipfels der Tourismusminister in Florenz. Damit zog sie den Unmut der italienischen Tourismusministerin zu.
Daniela Santanchè von den postfaschistischen Fratelli d'Italia sagte: "Mit dem Wort Übertourimus bin ich nicht einverstanden." Ihrer Meinung nach müssten jährlich noch fünfzig Millionen weitere Besucher:innen nach Italien kommen.