In einem historischen Kampf gegen den syrischen Diktator Baschar al-Assad nahmen Rebellentruppen am 8. Dezember 2024 die Hauptstadt Damaskus ein. Ein unvergesslicher Tag.
Nach über einem Jahrzehnt Bürgerkrieg floh Assad nach Russland, während die Rebellen der HTS (Hai'at Tahrir asch-Scham) die Kontrolle übernahmen. Nun steht das Land an einem Wendepunkt.
Eine Branche sieht darin große Chancen. Erste Reiseveranstalter planen bereits Reisetouren ins kriegsgezeichnete Syrien.
Bevor der Machthaber Assad einen Krieg gegen seine eigenen Bürger:innen eskalierte, galt Syrien als wahres Reisedomizil. 14 Prozent des Bruttoinlandprodukts machte der Tourismus-Sektor aus.
Wenig überraschend, denn Syriens reiche Geschichte kann an vielen Unesco-Welterbestätten bestaunt werden. So gilt die Hauptstadt Damaskus beispielsweise als älteste dauerhaft bewohnte Stadt der Welt, mit ersten Belegen im fünften vorchristlichen Jahrtausend.
Anfang Januar nahmen die ersten syrischen Flughäfen wieder ihre Geschäfte auf. Internationale Airlines fliegen die Flughäfen des Landes wieder an, darunter Qatar Airways und Turkish Airlines. Einige lokale Reiseunternehmer sehen darin Potenzial und bieten exklusive Touren durch Syrien an.
Einer von ihnen ist Ayoub Alsmadi, Gründer von "Syria Scope Travel". Bereits Mitte Januar begrüßte er die ersten Tourist:innen auf seiner Tour in Syrien. "Wegen des Kriegs kennt jeder Mensch auf der Welt Syrien", erklärt er gegenüber "CNN". "Jetzt, da Assad weg ist, bin ich sicher, dass die Tourismusbranche rasant wachsen wird. Und sobald Regierungen aufhören zu sagen, 'reist nicht nach Syrien', wird der Tourismus explodieren."
Auch das Reiseunternehmen "Untamed Borders", freut sich auf mehr Tourist:innen. Sie sind spezialisiert auf Reisen in Krisengebiete und bieten ab April 2025 spezifische Rundreisen in Syrien an. Gegenüber "CNN" begründen ihre Angebote so: "Tourismus ist ein unglaublich mächtiges Werkzeug, um Ländern zu helfen, sich von Jahren des Krieges zu erholen. Er trägt dazu bei, Hoffnung zu schaffen."
Adnan Habbab, der Direktor von "Nawafir Travel and Tours" geht sogar noch einen Schritt weiter: "Kommen Sie nach Syrien und Sie erleben Geschichte. Das Land ist im Moment wie ein Festival."
Die letzten Jahrzehnte waren für Syrer:innen geprägt von Tod und Elend. Seit 2011 herrschte ein verheerender Bürgerkrieg, der nach der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten des Arabischen Frühlings durch Präsident Baschar al-Assad ausbrach. Mehr als 600.000 Menschen verloren ihr Leben, 14 Millionen flohen.
Am 8. Dezember 2024 eroberten die Rebellen unter der Führung der HTS die Hauptstadt Damaskus. Sie beendeten damit die Schreckensherrschaft Assads. HTS, von den UN und der EU als Terrororganisation eingestuft, wird von Ahmed al-Scharaa angeführt, welcher als Interimspräsident fungiert, bis Wahlen möglich sind.
Wie der "Spiegel" berichtet, erklärte Al-Scharaa gegenüber "Al Arabiya", dass die Ausarbeitung einer neuen Verfassung für Syrien etwa drei Jahre dauern würde. Er plane, die Bevölkerung in diesen Prozess einzubeziehen, wobei eine Volkszählung vor den Wahlen notwendig sei. Eine Wahl könnte daher frühestens in vier Jahren stattfinden.
Von den weiterhin vorherrschenden Reisewarnungen – auch vom deutschen Auswärtigen Amt – lassen sich die Reiseunternehmer nicht abhalten.
Habbab organisiert bereits seit 2017 Rundreisen für Tourist:innen, damals vor allem für "dark tourists", die einen Blick hinter die Kulissen des gebeutelten Landes werfen wollten. Für seine Touren in 2025 plant er auch einen Stopp beim befreiten Saydnaya Gefängnis, in welchem Gegener:innen des Regimes gefoltert und hingerichtet wurden. "Wir müssen diese Gefängnisse in Museen verwandeln, wir sollten das niemals vergessen", erklärt er gegenüber "CNN".
Auch "Untamed Borders" plant in diesem Jahr Reiserouten, für Gruppen von sieben Personen geht es im April und September los, wobei erstere bereits ausgebucht ist. Besucht werden neben Damaskus auch die Städte Homs und Aleppo, beide schwer beschädigt durch den Krieg und überwiegend unbewohnbar. Kostenpunkt: 1750 US-Dollar.
Diese Summen wirken makaber, denn die Folgen der Kriegsführung des Assad-Regimes gegen seine eigene Bevölkerung sind weiterhin im gesamten Land spürbar. Das Rote Kreuz rechnet damit, dass 90 Prozent der Syrer:innen in Armut leben, 76 Prozent sind akut von Nahrungsmittelknappheit betroffen. Auch die internationalen Sanktionen, die gegen kaum ein Land so hoch waren wie gegen Syrien, tragen weiterhin ihren Teil dazu bei, dass es den Menschen in Syrien so schlecht geht.
Das Auswärtige Amt warnt explizit vor Reisen nach Syrien und fordert alle Deutschen zur Ausreise auf. Auch die Botschaft bleibt weiterhin geschlossen.
Für unausweichliche Aufenthalte, empfiehlt es: "Treffen Sie mit Ihren Angehörigen umfassende Vorkehrungen für den Fall, dass Sie z.B. wegen eines Anschlags, einer Entführung oder eines Unfalls nicht wie geplant aus Syrien zurückkehren können. Sie sollten beispielsweise Vollmachten für private und berufliche Erledigungen hinterlassen, ein Testament verfassen und Sorgerechtsfragen klären, falls Sie Kinder haben."