Wenn Prominente zu einer x-beliebigen Tageszeit ihre Wohnung oder ihr Haus verlassen, müssen sie stets auf Dutzende Kameras gefasst sein, die ihnen unverhohlen ins Gesicht gehalten werden. US-Popstar Taylor Swift soll sich eine Zeit lang sogar in einem Koffer aus ihrer Wohnung tragen haben lassen, um dem Blitzlichtgewitter zu entfliehen.
Für Privatpersonen ist ein solches Szenario quasi undenkbar, manch eine:r verlässt das Haus mitunter sogar ohne einen Blick in den Spiegel. Die Bewohner:innen mehrerer Straßen in London beginnen nun aber nach und nach zu verstehen, was an Paparazzi so lästig ist. Schuld daran ist wie so häufig ein Social-Media-Hype.
Den Ursprung findet das Ganze allerdings in einer Zeit lange vor Tiktok und Instagram. Seit 1999 schmachten Romcom-Begeisterte in Notting Hill einer Liebesgeschichte mit Hugh Grant und Julia Roberts nach.
Tatsächlich wurde der Film "Notting Hill" im gleichnamigen Stadtteil im Westen Londons gedreht, seit Jahren pilgern Fans unter anderem in den berühmten Buchladen "Travel Bookshop", wo der Protagonist William im Film arbeitet. Mittlerweile sind aber offenbar ganze Straßenzüge in Notting Hill zur Attraktion geworden.
In Dutzenden Tiktoks finden sich Aufnahmen von aufgehübschten Influencer:innen, die vor den berühmten bunten Hauseingängen in Notting Hill posieren. So traumhaft das dann auf Social Media aussehen mag, so nervenaufreibend ist es für all jene, die in den Straßen tatsächlich wohnen.
"Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal niemanden vor meinem Fenster posieren gesehen habe", schildert Anwohnerin Amelia Shean erzürnt gegenüber der "Daily Mail". Einmal habe eine Gruppe von acht Leuten wegen aufwändiger Insta-Shoots vor ihrem Haus gestanden.
Bereits in den frühen Morgenstunden kommen demnach die ersten Tourist:innen, um ihre Aufnahmen zu machen. "Manchmal muss ich ein paar Minuten im Haus warten, damit ich nicht selbst auf den Aufnahmen zu sehen bin", erklärt die Anwohnerin von Hillgate Village.
Shean beschreibt diese Szenarien in der "Daily Mail" als absoluten Horror. Für sie sei mit der Wohnung einst ein Traum in Erfüllung gegangen, der jetzt aber ins Gegenteil umschwenkt.
Vor dem Einzug habe sie nichts von dem Tourismushype um die bunten Häuser gewusst. Die Preise für Häuser in den Straßen von Notting Hill liegen bei etwa 1,5 Millionen Pfund (circa 1,7 Millionen Euro). Einige dieser Häuser werden sogar als die schönsten Londons geführt.
Tatsächlich ist Shean nicht die Erste, die öffentlich auf den absurden Hype um bunte Häuserwände in London aufmerksam macht. Unter dem Titel "Influencers in the wild" veröffentlicht ein weiterer Anwohner bereits seit Anfang des Jahres Videos von Tourist:innen, die in seiner Straße in Notting Hill irrwitzigste Posen einnehmen.
Laut Berichten der "Daily Mail" bauen Personen vereinzelt sogar Mini-Zelte auf, um darin ihre Outfits wechseln zu können.
Laut Shean haben bereits mehrere Anwohner:innen Maßnahmen gegen die fotowütigen Touris ergriffen. An einigen Häusern sind mittlerweile kleine Absperrseile zu sehen, die potenzielle Besucher:innen vom Betreten der Eingangsbereiche abhalten sollen.
Manche verlassen teils nur noch mit Sonnenbrille ihre Wohnung und dürften somit am eigenen Leibe erfahren, wie sich Prominente regelmäßig fühlen.
Umziehen will Shean trotzdem nicht, dafür ist die Gegend, in der sie lebt, dann wohl doch zu schön.