Panik macht sich breit bei Europa-Reisenden aus Großbritannien. Bis vor wenigen Jahren Teil der EU sind die Menschen aus dem Vereinigten Königreich die europäische Freizügigkeit bei Reisen noch gewöhnt. Das hat sich mit dem Brexit geändert. Die neue Realität hat sich bei vielen angelsächsischen Urlauber:innen allerdings erst mit Verzögerung bemerkbar macht.
Konkret ist es der spanische Staat, der aktuell viele Brit:innen auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Die Grenzbehörden der Iberer haben in einem öffentlichen Aufruf auf eine jahrelang verschlafene Praxis aufmerksam gemacht. Denn seit dem offiziellen Austritt aus dem Schengenraum zum Jahresende 2020 gelten strenge Richtlinien für den Aufenthalt in der EU.
Eigentlich waren Nachrichten über den Brexit bereits Schnee von gestern. Vor acht Jahren beschlossen und vor mehr als vier Jahren besiegelt, hat der Austritt Großbritanniens lange genug für einen endlosen Strom an unerfreulichen Schlagzeilen gesorgt. Spanische Grenzschützer schreiben nun ein neues Kapitel.
Denn die haben Berichten der britischen Boulevardzeitung "Sun" zufolge jahrelang ihre Pflichten bei der Dokumentation schleifen lassen. Die Grenzbeamt:innen sind bei Ein- und Ausreise für die Überprüfung von Visa und Personendaten verantwortlich. Anders als deutsche Passagier:innen müssen Brit:innen mittlerweile selbst für Kurzurlaube den Reisepass am Flughafen präsentieren.
Bei Einreise erhalten britische Besucher:innen dann einen Stempel im Reisepass. Zwar ist ein Visum für die Einreise eines Kurzzeitaufenthalts nicht nötig, dennoch müssen Reisepässe auch bei der Rückreise kontrolliert werden, um Aufenthaltsbestimmungen zu gewährleisten. Eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen.
Seit dem Brexit gilt für Brit:innen eine Höchstdauer von 90 Tagen Aufenthalt im Schengenraum. Dieses Maximum gilt innerhalb eines 180-Tage-Zyklus.
Brit:innen die sich innerhalb eines Halbjahrs länger als ein Vierteljahr in der EU aufhalten möchten, müssen also ein Visum beantragen, wie Bürger:innen aus den USA, Asien oder Afrika.
Während der Ein- und Ausreiseprozess bei zahlreichen Nationen kein Problem darstellt, werden jetzt Beschwerden aus England, Schottland, Wales und Nordirland laut. Bei zahlreichen Spanien-Urlauber:innen von den britischen Inseln fehlt offenbar der Stempel für die Ausreise im Reisepass.
Den Betroffenen droht deshalb Ungemach. Ohne eigenes Verschulden könnte vielen Brit:innen bald eine Ordnungswidrigkeit oder im schlimmsten Fall sogar eine Straftat vorgeworfen werden. Das Vergehen: Aufenthalt ohne entsprechenden Aufenthaltstitel.
Das könnte bereits bei der nächsten Einreise der Fall sein. Denn der Ausreisestempel ist der offizielle Beweis, dass die gesetzlich vorgeschriebenen 90 Tage innerhalb der visafreien Gültigkeit nicht überschritten wurden. Existiert kein Ausreisestempel, liegt der Verdacht nahe, dass sich Reisende illegal in der EU aufhielten.
Damit die Schlampigkeit von spanischen Grenzbeamten künftig keine strafrechtlichen Folgen hat, mahnt die Behörde nun zur Wachsamkeit – und zwar Grenzschützer:innen wie Reisende.
Das Außenministerium im Vereinigten Königreich schloss sich dem Appell an. London warnte seine Bürger:innen vor der spanischen Schlafmützigkeit und mahnte, "im eigenen Interesse" auf den Stempel zu pochen.
Besonders betroffen war laut der spanischen Polizei der Flughafen auf der Kanareninsel Lanzarote. Dort seien massenhaft englische Tourist:innen ohne Stempel ausgereist. Die örtliche Zeitung "Diario de Lanzarote" beruft sich auf anonyme Quellen der Guardia Civil, wonach der Polizeichef von Lanzarote eine klare Warnung an die eigene Belegschaft ausgesprochen hat.
Aus anonymen Polizeiquellen will die Zeitung erfahren haben, dass Polizeibeamte zuvor "diskret und mündlich" darum gebeten wurden, britischen Urlauber:innen die Einreise "so einfach wie möglich zu machen." Dem Bericht zufolge, könnte die Weisung nichts mit Gastfreundschaft zu tun zu haben.
Denn ob die Belegschaft am Flughafen César Manrique-Lanzarote der Forderung überhaupt nachkommen kann, scheint unklar. Wie "Diario" laut des Insiders wissen will, herrscht akuter Personalmangel. Vor allem an Donnerstagen kämen die Grenzschützer:innen den vielen britischen Fluggästen auf der Heimreise kaum noch hinterher.