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Urlaub in Japan: Massentourismus setzt beliebten Ländern immer mehr zu

This photo taken on August 18, 2025 shows a tourist posing for a photo along a railway track between cafe terraces in central Hanoi. Coffee-roused tourists snap selfies at Hanoi's softly-lit rail ...
Die Hanoi Train Street ist ein beliebter Foto-Spot für Tourist:innen.Bild: AFP / NHAC NGUYEN
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Massentourismus in Asien: Schlechtes Benehmen und volle Straßen werden häufiger

Zu viele Menschen, zu viele Fotos, zu wenig Respekt: Der Massentourismus, den viele bisher aus Venedig, Barcelona oder Dubrovnik kennen, hat längst auch Asien fest im Griff. Inseln, Altstädte und Tempel geraten an ihre Belastungsgrenzen – und Einheimische verlieren die Geduld.
05.11.2025, 07:5905.11.2025, 07:59

"Kyoto war mit Abstand der vollste Ort unserer Reise – und definitiv der Stopp, der uns am wenigsten gefallen hat", erzählt Shannon Clerk, eine US-Amerikanerin, die kürzlich mit ihrer Schwester Japan bereiste. Um die Massen am berühmten Fushimi-Inari-Schrein zu umgehen, standen sie um 5 Uhr morgens auf. Doch kaum war die Sonne über den roten Torii-Toren aufgegangen, kamen ganze Horden von Tourist:innen den Berg hinauf.

"Auf dem Rückweg waren es riesige Gruppen, überall Kameras, überall Kimonos. Selbst die heiligen Orte waren überfüllt mit Leuten, die nur für Instagram posierten", sagt sie.

Was Shannon in Kyoto erlebte, steht sinnbildlich für ein Phänomen, das sich in Asien rasant ausbreitet: Overtourism – also zu viele Tourist:innen an Orten, die nicht dafür gemacht sind.

Das Problem sei weniger Platzmangel, erklärt Gary Bowerman, Reise- und Konsumtrend-Analyst aus Kuala Lumpur, gegenüber CNN. Asien ist riesig, und viele Regionen leben vom Tourismus. Aber zu viele Menschen reisen zu denselben Orten – und das zur selben Zeit.

Der Boom hat viele Gründe:

  • Nachholbedarf nach der Pandemie
  • Billigflüge zu immer mehr Zielen
  • eine reiselustige Mittelschicht in China und Indien
  • aggressive Werbekampagnen nationaler Tourismusbehörden

Massentourismus: Wachsender Druck auf Mensch und Natur

Laut der Pacific Asia Travel Association (PATA) hat sich der Tourismus in Asien schneller erholt als überall sonst auf der Welt. In Nordostasien – also China, Japan und Südkorea – stiegen die Besucherzahlen im ersten Halbjahr 2025 um 20 Prozent. Selbst abgelegene Länder wie die Mongolei erleben einen Aufschwung.

In Vietnam wuchs der Tourismus laut UN-Welttourismusorganisation im selben Zeitraum sogar um 21 Prozent. Besonders betroffen sind Unesco-Stätten wie Ha Long Bay und die Altstadt von Hoi An.

"Sobald ein Ort Unesco-Status bekommt, will plötzlich jeder hin", sagt Bowerman. Vietnam habe zusätzlich das Problem, dass auch die eigene Bevölkerung reisehungrig sei – in einem Land mit mehr als 100 Millionen Einwohner:innen kein kleiner Faktor.

Auch Thailand spürt die Kehrseite des Reisebooms. Zwar sind laut Regierung die internationalen Besucherzahlen um etwa sechs Prozent gesunken, doch in Phuket merkt man davon nichts, heißt es im Bericht der CNN. Die Insel kämpft mit Verkehrschaos, Wasserknappheit und Müllproblemen – und mit den Folgen der Cannabis-Legalisierung, die zu einem Boom von Shops und Cafés geführt hat.

"Bali ist eines der schlimmsten Opfer des Massentourismus"

Für Nikki Scott, Gründerin des Backpacker Network und der South East Asia Backpacker-Zeitschrift, ist klar: "Leider erleben viele Orte in Asien die negativen Folgen des Overtourism in vollem Ausmaß."

Für Scott gibt es drei Hauptprobleme:

  1. Zerstörung der Umwelt durch ständige Neubauten,
  2. Übernutzung natürlicher Ressourcen,
  3. Verlust lokaler Kultur, die Tourismusinteressen weichen muss.

Ein Paradebeispiel ist Bali. "Von Plastikverschmutzung über Wasserknappheit bis hin zu endlosen Staus – Bali ist eines der schlimmsten Opfer des Massentourismus", sagt Scott. Die Insel habe zuletzt ihre schlimmsten Überschwemmungen seit Jahrzehnten erlebt – viele sehen darin eine direkte Folge von Umweltzerstörung durch Hotels und Villenbau.

Wo einst Reisfelder das Wasser aufnahmen, steht heute Beton. Das führt zu Drainageproblemen – und verschärft die Fluten.

Kyoto: Wenn Spiritualität im Selfie-Wahn verloren geht

Mehr als 56 Millionen Tourist:innen besuchten Kyoto allein im Jahr 2024 – eine Stadt mit nur 1,5 Millionen Einwohner:innen. Bei einer Umfrage der Zeitung "Yomiuri Shimbun" unter den Einwohner:innen gaben 90 Prozent der Befragten an, vom Massentourismus genervt zu sein. Neben überfüllten Bussen und Bahnen klagen viele über rücksichtsloses Verhalten: Tourist:innen, die Geishas fotografieren oder sich lautstark in Tempelanlagen benehmen. "Kyoto fühlt sich manchmal an wie ein Themenpark", sagt ein Anwohner.

Die Stadt versucht gegenzusteuern – mit Überwachungskameras, Hotelsteuern und Bußgeldern. Seit letztem Jahr ist es für Tourist:innen im Gion-Viertel verboten, durch private Gassen zu laufen oder Geishas zu fotografieren. Wer erwischt wird, zahlt bis zu 10.000 Yen (etwa 65 Euro).

Doch Yusuke Ishiguro, Professor an der Universität Hokkaido, ist skeptisch. Seiner Meinung nach bräuchte es Obergrenzen für die Anzahl an Tourist:innen. Dies sei in Städten wie Kyoto jedoch schwer umzusetzen, wenn Hotelbesitzer:innen und Airbnb-Hosts ihre Kapazitäten jeden Tag ausreizen wollen.

Warum niemand Touristen verärgern will

Das Dilemma ist klar: Tourismus bringt Geld – aber zerstört gleichzeitig das, was ihn attraktiv macht. "Wir sind in einer Region, in der Regierungen Reisen als wirtschaftliche Säule sehen", sagt Bowerman. Es schaffe Arbeitsplätze, ziehe Investoren an und stärke das nationale Image.

Ein weiteres Problem ist die fehlende Durchsetzung von Regeln. "Man kann Gesetze aufstellen, aber sie umzusetzen, ist schwer", erklärt Bowerman der CNN. "Kein Land will Touristen verhaften – das ist schlechte PR."

Laut Nikki Scott gibt es durchaus Wege, um das Chaos zu umgehen – und dabei authentischer zu reisen. "Selbst in beliebten Ländern findet man unentdeckte Orte, wenn man sich nur ein bisschen vom touristischen Pfad entfernt", sagt sie. "Anstatt Influencer-Hotspots abzuklappern, sollte man einfach mal in eine andere Richtung gehen – oder mit Einheimischen reden. Diese spontanen Begegnungen sind oft die schönsten Momente einer Reise."

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