Deutschlands Hauptstadt gilt als Magnet für Tourist:innen aus aller Welt. Nicht nur wegen ihrer historischen Vergangenheit und der regen Clubszene. Auch die vielfältige Kultur und Gastronomie lockt Gäste nach Berlin.
Doch in der Gastro-Realität ist aktuell vieles nicht mehr rosig: Hotels klagen über leere Zimmer, Bars über fehlende Gäste, und auch die berühmte Clubszene kommt ins Straucheln. Das liegt vor allem am Ausbleiben internationaler Gäste.
Zahlen aus dem ersten Halbjahr zeigen: Berlin verliert spürbar an Strahlkraft. Laut Landesamt besuchten im ersten Halbjahr 2025 rund 5,9 Millionen Gäste die Stadt – fast zwei Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Übernachtungen fiel um knapp drei Prozent. Nur jedes zweite Hotelbett war belegt. Zum Vergleich: In Paris liegt die Quote bei 79 Prozent, in Madrid bei 65.
Ein spätsommerlicher Nachmittag, Sonne über Berlin-Mitte. Eigentlich ein Garant für volle Terrassen. Doch in der Brasserie "Barist" am Hackeschen Markt bleibt es ungewöhnlich still. "Letztes Jahr war es hier bis 23 Uhr gerammelt voll. In diesem Sommer ist schon ab 21 Uhr tote Hose", erklärte etwa Barmann Aytac Polat im Gespräch mit "Focus Online".
Laut Polat fehlen vor allem Tagestourist:innen. Die Umsätze seien um bis zu 40 Prozent eingebrochen. Preissteigerungen bei den Speisen hätten die Situation sogar noch verschärft. "Die Leute haben weniger Geld zur Verfügung. Und der verregnete Sommer hat uns auch nicht geholfen", so der Gastronom.
Noch drastischer klingen die Klagen aus der Hotellerie: "Ich muss sagen, eine derart hanebüchene und desorientierte Tourismuspolitik habe ich in der gesamten Zeit hier nicht gesehen", sagt Jürgen Gangl, Direktor des "Park Inn" am Alexanderplatz.
Berlin habe die Übernachtungssteuer nicht nur erhöht, sondern auch auf Geschäftsreisende ausgeweitet: ein "starkes Stück", wie Gangl es nennt. Für das Messegeschäft sei das fatal: Berlin habe kein modernes Kongresszentrum, die bestehenden Hallen seien marode. Viele internationale Veranstaltungen wichen nach München oder ins Ausland aus.
Zusätzlichen Ärger löste die Entscheidung von Bürgermeister Kai Wegner (CDU) aus, die Silvesterparty am Brandenburger Tor nicht mehr zu bezuschussen. "Das Fest ist eines der Aushängeschilder Berlins", kritisiert Hotelchef Gangl. Hunderttausende Menschen seien in den Vorjahren nur wegen der Veranstaltung in die Stadt gekommen.
Auch die legendäre Berliner Clubkultur bleibt von der Krise nicht verschont. "Es ist eine multiple Krise, mit der wir es hier zu tun haben", erklärt Lutz Leichsenring von der Beratungsagentur Vibe Lab bei "Focus Online". Steigende Kosten, weniger Tourist:innen und ein verändertes Ausgehverhalten setzen Clubs zu. Jüngere Menschen trinken weniger Alkohol. Für Betreiber:innen, die lange vom Getränkekonsum lebten, ist das ein Problem.
Ganz ohne Hoffnung ist die Szene dennoch nicht. Afro-Beats und brasilianische Sounds ziehen neue Communities an. "Berlin ist dabei, sich eine neue Clubcommunity zu dieser Musik aufzubauen. Und das wird der Szene helfen, international zu bleiben. Da bin ich ganz sicher", sagt Leichsenring. Ob das auch dem Tourismus zuträglich ist, bleibt abzuwarten.