Gerade erst haben wir unseren Booster bekommen, da sollen wir schon wieder zur Impfung. Bisher haben in Deutschland 53,9 Prozent, also fast 45 Millionen Menschen, eine Auffrischungsimpfung erhalten. Mitte Januar sagte SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach noch zu "BILD am Sonntag": "Eine vollständige Impfung besteht aus drei Dosen.“ Und nun doch eine vierte?
Die Ständige Impfkommission (Stiko) bereitet derzeit eine Empfehlung zu einer vierten Impfung gegen das Coronavirus vor: "Die jüngsten Daten aus Israel legen nahe, dass eine vierte Dosis eine gewisse Verbesserung beim Schutz vor Infektion und eine deutlichere Verbesserung beim Schutz vor schwerer Erkrankung bewirkt", sagte der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Die Stiko wird dazu demnächst eine Empfehlung abgeben."
In Israel dagegen ist man bereits mitten in der Impfkampagne für die vierte Runde. Dort haben bereits Hunderttausende eine zweite Auffrischungsimpfung erhalten, allerdings ebenfalls bisher nur Risikogruppen.
In der EU folgen einige Länder diesem Beispiel und empfehlen die vierte Impfung, zum Beispiel in Dänemark, Schweden und Belgien. Ungarn bietet die vierte Impfung nur nach ärztlicher Beratung an.
Wir sind der Frage nachgegangen, wie sinnvoll eine vierte Impfung ist und wer dafür in Frage kommt.
Die Stiko empfiehlt eine zweite Auffrischungsimpfung – jedoch nur für Risikogruppen. Ein zweites Mal boostern lassen sollten sich demnach Menschen über 70 Jahren, Bewohner von Altenheimen, Menschen mit Immunschwächekrankheiten ab fünf Jahren, oder Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, insbesondere Personal mit direktem Patientenkontakt.
Bisher wird die vierte Auffrischungsimpfung mit einem mRNa-Impfstoff wie Moderna und BioNTech/Pfizer vorgenommen.
Experten empfehlen einen frühesten Zeitraum ab drei Monaten nach dem ersten Booster. Dies gilt für vulnerable Gruppen. Beschäftigte im Gesundheitswesen sollen die vierte Impfung frühestens nach einem halben Jahr bekommen.
Ein auf die Omikron-Variante angepasster Corona-Impfstoff wird derzeit für März erwartet. Trotzdem sieht die Stiko-Empfehlung nicht vor, auf den neuen Impfstoff zu warten.
Stattdessen sollte die vierte Spritze mit einem der bereits verfügbaren mRNA-Vakzine von Biontech/Pfizer oder Moderna gefüllt sein. Denn auch wenn der neue Omikron-Impfstoff im März kommt, könnte die Auslieferung in Deutschland länger dauern. Ganz zu schweigen von der anschließend nötigen Bewertung des Impfstoffs, wie Stiko-Chef Thomas Mertens betont.
Dafür müsse die Kommission "zunächst auf die Daten aus den klinischen Studien von Moderna und Biontech/Pfizer warten". Deshalb ist Warten für all jene, die jetzt den zusätzlichen Schutz brauchen, keine gute Idee, begründet die Stiko ihre Entscheidung.
Denn die jüngsten Daten aus Israel ließen vermuten, dass eine vierte Dosis eine "gewisse Verbesserung beim Schutz vor Infektion und eine deutlichere Verbesserung beim Schutz vor schwerer Erkrankung" bringe, sagte Mertens den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die "Tagesschau" berichtet von zwei Studien des Sheba Medical Centers aus Israel: Dabei erhielten 270 Menschen eine vierte Impfung mit dem Vakzin von Biontech oder Moderna. Heraus kam, dass die vierte Dosis die Anzahl der Antikörper deutlich erhöhte. Trotzdem sei die Antikörpermenge nicht ausreichend, um eine Infektion mit Omikron mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit zu verhindern.
Der israelische Corona-Expertenrat rät dennoch zu einer vierten Impfung, da diese vor allem den Schutz gegen schwere Verläufe erhöhen könne. "Die Entscheidung wurde angesichts positiver Ergebnisse getroffen, die einen drei- bis fünfmal höheren Schutz gegen schwere Erkrankungen nach der vierten Impfdosis zeigten", hieß es in einer Mitteilung des Rats.
Darüber hinaus zeigt eine weitere Studie aus Israel eine gute Schutzwirkung der vierten Impfung für Personen ab 60 Jahren: Der Schutz sei bei dieser Altersgruppe bis zu dreimal besser, wenn man ihn mit dem Schutz nach nur einer Booster-Impfung vergleicht.
Diese Analyse beruht auf einem Datenvergleich von etwa 400.000 Erwachsenen ab 60 Jahren, die vierfach geimpft waren, mit denen von 600.000 über 60-Jährigen ohne vierte Impfung. Die dritte Impfung in der Vergleichsgruppe lag dabei bereits mehr als vier Monate zurück.
Die gute Nachricht: Nein. Allerdings gilt dies nur für Menschen ohne Vorerkrankungen. Für Risikogruppen sei es durchaus denkbar, dass es für gefährdete Gruppen "möglicherweise perspektivisch Empfehlungen für wiederkehrende Auffrischimpfungen geben könnte", wie Kassenärzte-Chef Andreas Gassen gegenüber "Bild" sagt.
Daten, die eine allgemeine Empfehlung zur vierten Impfung mit den bisherigen Impfstoffen nahelegen, lägen dagegen bisher nicht vor, erklärt Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen den Funke-Zeitungen. "Die allermeisten Menschen haben bisher in Deutschland ihre Booster-Impfung im Dezember oder Januar bekommen. Ihr Immunschutz vor schwerer Erkrankung ist aktuell sehr gut."
(mit Material der dpa)