Leben
watson antwortet

5 Pornofragen, auf die du immer eine Antwort wolltest

young attractive and relaxed internet addict man networking concentrated late at night on bed with laptop computer in social media addiction or workaholic businessman concept
Pornos solltet ihr nicht auf die leichte Schulter nehmen.Bild: iStockphoto / Marcos Calvo
watson antwortet

3 Experten erklären, wie ihr mit Pornos euer Sex-Leben kaputt macht

Pornos sind längst im kulturellen Mainstream angekommen – doch der Konsum der gestellten Sex-Filme bleibt unter Experten umstritten. Wie beeinflussen Pornos unsere Sexualität? Welches Verhalten lernen wir von den Filmen? Wie schaffen wir es, aus einer Pornosucht herauszukommen? Watson hat bei drei Experten nachgefragt.
20.07.2020, 06:43
Helene Obrist / watson.ch
Mehr «Leben»

Pornografie ist und bleibt gefragt: Das zeigen schon die Zugriffszahlen für einen der größten Online-Anbieter von Sex-Filmen – Pornhub verzeichnete 2019 unglaubliche 42 Milliarden Aufrufe. Längst ist Pornografie aus der Schmuddelecke herausgewachsen, Performerinnen wie die Deutsche Lucy Cat oder die US-Amerikanerin Asa Akira haben Millionen Follower auf Instagram und in anderen Netzwerken.

Bei aller (Pop-)kulturellen Relevanz aber bleibt Pornokonsum vor allem in der Wissenschaft umstritten. Wie sehr beeinflusst das Sehen von gestelltem, oft krass übertriebenem, Sex die echte Sexualität von echten Menschen? Welche negativen Einflüsse kann Pornokonsum auf unser Sexualverhalten haben? Und lernen wir am Ende gar menschen- beziehungsweise frauenfeindliches Verhalten, wenn wir uns Pornos ansehen? Was tun, wenn aus Spaß bitterer Ernst geworden ist, und wir süchtig sind nach Pornografie?

Watson hat nachgefragt, bei drei Experten, die sich mit Sexualität und Pornografie auskennen.

Deine Fragen – unsere Antworten
Bild: watson

Welchen Einfluss hat Pornokonsum auf das Sexualverhalten?

"Mir fällt in erster Linie auf, dass exzessiver Pornokonsum die 'sexuellen Skripts' einer Person beeinflussen kann. Sexualität wird mehr und mehr von sozialen Faktoren geprägt. Sex wird vermehrt als 'casual' ohne großes Commitment angesehen. Und man kriegt den Eindruck, dass Sex genauso stattfinden muss, wie das in Pornos dargestellt wird – mit einem extrem limitierten Aktivitätsspektrum. So verlernen die Menschen zunehmend, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu hören und diese zu entdecken."
Dr. Andrea Burri, Leiterin und Gründerin des Institute for Sex Counselling and Sexual Sciences (ISCSS)
"Die erste Erregungsquelle bei Männern ist meist eine visuelle. Schaut ein Mann bei der Selbstbefriedigung immer einen Porno, braucht er irgendwann immer diesen spezifischen visuellen Anfangsreiz, um sich zu stimulieren. Irgendwann koppeln sich die Möglichkeit zu einem Orgasmus mit diesen konsumierten Bildern oder Filmen und es geht nicht mehr ohne. Das hat einen Einfluss auf die Sexualität in einer Beziehung. Auch entwickelt man beim Pornogucken keine eigenen Fantasien mehr. Die braucht es aber beim Geschlechtsverkehr."
Esther Schütz, Sexualtherapeutin und Studienleiterin MA Sexologie
"Wenn sich jemand nur noch mit Pornos in Stimmung bringen kann, führt das zu Lustlosigkeit in der Paarsexualität. Manche fühlen sich nach dem Pornokonsum auch sexuell nicht richtig 'satt', obwohl sie Stunden dafür aufwenden."
Adrian Stumm, Sexologe

Führt übermäßiger Pornokonsum zu mehr sexueller Gewalt?

"Diese Frage wird hitzig diskutiert. Es gibt immer mehr empirische Forschungsergebnisse, die deutlich aufzeigen, dass übermäßiger Pornokonsum tatsächlich zu erhöhtem Vorkommen von sexueller Gewalt führen kann. Zwar wird man mit Längsschnittstudien nicht wirklich Herr über die Kausalität, aber man kriegt einen besseren Einblick was was beeinflussen könnte. Zudem gibt es natürlich weitere Faktoren, die man mit einbeziehen muss: Das Geschlecht, aus welchem Land die Studien stammen, welche Art von Pornos erhoben wurden und so weiter. Und diese Ergebnisse bedeuten noch lange nicht, dass jeder, der Porno exzessiv konsumiert, sexuell gewalttätig wird."
Dr. Andrea Burri, Leiterin und Gründerin des Institute for Sex Counselling and Sexual Sciences (ISCSS)
"Das kann ich so nicht bestätigen. Es fehlen Langzeitstudien zu diesem Thema – und diese sind dringend nötig. Klinische Studien zeigen zwar, dass ein exzessiver Pornokonsum einen Einfluss auf das Sexualverhalten hat, nicht aber zwingend auf die Gewalttätigkeit einer Person."
Esther Schütz, Sexualtherapeutin und Studienleiterin MA Sexologie
"Gewaltpornos oder Gewaltfantasien führen zu mehr sexueller Gewalt. Das weiß man schon seit mehreren Jahrzehnten aus der Tätertherapie. Aber die allermeisten Männer wollen Pornos sehen, bei denen die Frau den Sex genießt."
Adrian Stumm, Sexologe

Führt exzessiver Pornokonsum dazu, dass man immer härtere Inhalte konsumiert?

"Dazu kenne ich keine Studienergebnisse und kann deswegen auch nichts dazu sagen."
Dr. Andrea Burri, Leiterin und Gründerin des Institute for Sex Counselling and Sexual Sciences (ISCSS)
"Diese Tendenz stelle ich zum Teil fest. Irgendwann reicht dieses eine Bild oder dieser eine Porno nicht mehr, um sich zu erregen. Man sucht neues, spannenderes Material, das einen erregt. Vielleicht ein bisschen Bondage. Über die Jahre hinweg kann das bei manchen dazu führen, dass sie härtere Pornografie konsumieren, damit sie die Erregung noch aufrechterhalten können."
Esther Schütz, Sexualtherapeutin und Studienleiterin MA Sexologie
"Die Reizschwelle ist bei häufigem Konsum immer höher. Die herkömmlichen Filme werden langweilig und ein Gefühl von innerer Leere macht sich breit. Die Pornos werden dann ausgefallener oder härter."
Adrian Stumm, Sexologe

Ist Pornosucht auch bei Frauen ein Thema?

"In den 15 Jahren, in denen ich tätig bin, hat die Zahl der Personen, die bei mir wegen Pornosucht Hilfe suchen, ganz klar zugenommen. Frauen sind aber nach wie vor in der Minderheit."
Dr. Andrea Burri, Leiterin und Gründerin des Institute for Sex Counselling and Sexual Sciences (ISCSS)
"Vor allem unter den Jugendlichen gibt es auch immer mehr Frauen, die vermehrt Pornos konsumieren. Harte Pornos sind aber für Frauen weniger interessant als für Männer."
Esther Schütz, Sexualtherapeutin und Studienleiterin MA Sexologie
"Mit Frauen und Pornosucht habe ich bisher keine Erfahrungen gemacht. Man kann aber davon ausgehen, dass es bei Frauen ähnliche Suchtmechanismen sind, wie bei Männern."
Adrian Stumm, Sexologe

Was kann man gegen Pornosucht tun?

"Wir müssen mehr über die Gefahren des exzessiven Pornokonsums aufklären und gleichzeitig alternative Möglichkeiten und Wege der Sexualerziehung schaffen. Die sexuelle Gesundheit sollte gefördert und ein positives Bild von Sexualität gezeigt werden. Und es braucht mehr Anlaufstellen für Jugendliche, die Hilfe brauchen."
Dr. Andrea Burri, Leiterin und Gründerin des Institute for Sex Counselling and Sexual Sciences (ISCSS)
"Ich schicke voraus, dass nicht jeder Mann, der Pornos konsumiert, pornosüchtig ist. Wichtig ist die Abwechslung, mal auf den äußeren visuellen Reiz von Porno zu verzichten und ein nächstes Mal von den eigenen Fantasien auszugehen, damit sich diese wieder entwickeln. Wenn Männer stets vor einem Porno sitzen in der Selbstbefriedigung, sind sie in der Regel nicht in Kontakt mit der eigenen Wahrnehmung. Die Erregungssteigerung ist sehr mechanisch und sie gucken sich selbst nicht an. Dieses Verhalten kann durchbrochen werden durch mehr Selbstwahrnehmung und damit auch mehr Genuss. Wer es mit sich selbst genießen kann, bringt mehr Kompetenzen mit in den sexuellen Austausch zu zweit."
Esther Schütz, Sexualtherapeutin und Studienleiterin MA Sexologie
"Man kann beispielsweise seine Stimulationstechnik mit den Händen abwechslungsreicher gestalten. Das finden viele anfangs langweilig, weil viele exzessive Pornokonsumenten ein desensibilisiertes Geschlechtsorgan haben. Die Nervenenden im Genital wiederzubeleben ist aber ein wichtiger Schritt, um aus diesem Teufelskreis der pornobasierten Sexualität zu kommen. In einer Beratung geht es aber immer zuerst darum, die eigenen Verhaltensmuster zu verstehen. Bloße Tipps banalisieren das Problem nur."
Adrian Stumm, Sexualpädagoge
Schwedinnen bleiben lieber zu Hause: Was hinter dem Soft-Girls-Trend steckt

Anstatt zu arbeiten lieber ein entspanntes, bequemes Leben führen, dabei trotzdem auf nichts verzichten müssen. Zeit für viele verschiedene Hobbys haben, gleichzeitig keinen Erfolgsdruck durch die Arbeit ertragen müssen oder wegen zu wenig Freizeit gestresst sein.

Zur Story