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Mutter stellt Lebensentwurf infrage: "Soll es das jetzt gewesen sein?"

Das Leben einer Mutter kann manchmal auch ganz schön langweilig sein (Symbolbild).
Das Leben einer Mutter kann manchmal auch ganz schön langweilig sein (Symbolbild).Bild: iStockphoto / monkeybusinessimages
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Mutter stellt ihren Lebensentwurf infrage: "Soll es das gewesen sein?"

12.01.2022, 16:40
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"Schonungslos ehrlich" – die Mama-Kolumne ohne Insta-Filter

Letztens ist es einfach so passiert. Ich war mit beiden Kindern im Auto unterwegs und im Radio lief "TGIF" von Katy Perry. Nun bin ich wahrlich kein Katy-Perry-Fan, aber bei dem Part, in dem sich der "TGIF"-Sprechgesang immer weiter zuspitzt, bis ein Saxofon-Solo den musikalischen Höhepunkt erreicht, überkam es mich plötzlich, völlig überraschend. Ich spürte wieder dieses Freitagabend-Gefühl und ich vermisste in diesem Augenblick so vieles: die Pläne, alles aus einem Wochenende herauszuholen, spontane Verläufe eines Abends, wenn aus einem geplanten Drink fünf werden, völliges Ausrasten auf einer Tanzfläche, weil ein bestimmter Song gespielt wird.

Dabei geht es nicht immer nur um Alkohol und Party, sondern um intensive Momente, in denen ich das Leben spüre. Das kann auch auf einer komfortablen Strandliege sein, mit einem guten Buch in der Hand und einem Sonnensegel über mir. Momente, in denen ich mich wohlfühle und im besten Fall Glück empfinde.

Unsere Autorin berichtet über die unschönen Seiten des Mutterdaseins – schonunglos ehrlich.
Unsere Autorin berichtet über die unschönen Seiten des Mutterdaseins – schonunglos ehrlich. bild: emmy lupin studios
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...wurde mit Anfang 30 Mutter. Und kommt noch immer nicht damit klar, dass ihr altes, schönes Leben seitdem vorbei ist. Sie ist wütend, dass Eltern nie den Mut hatten, zu erzählen, was es wirklich bedeutet, ein Kind zu haben. Aus diesem Grund legt sie alle zwei Wochen den Finger in die Wunde – und berichtet schonungslos. Und weil sie weiß, dass Mütter sehr giftig werden können, wenn es um ihr Heiligstes geht, bleibt sie lieber anonym. Die täglichen Entrüstungsstürme ihres Sohnes reichen ihr völlig aus.

Als Mutter will man mehr fühlen als den Zorn des Vierjährigen

Im "Hotel Matze"-Podcast sagte der Autor Benjamin von Stuckrad-Barre kürzlich: "Starke Gefühle werden eingefordert von mir – das möchte ich haben vom Leben. Ich möchte viel fühlen." Genau das möchte ich auch. Aber nicht diese Art von Gefühlen, die ausgelöst werden, wenn ich mit einem Vierjährigen diskutiere, warum bei Minusgraden eine Mütze nötig ist oder die, wenn das zwei Monate alte Baby schon wieder aufwacht und gestillt werden möchte, just in dem Augenblick, in dem ich zu arbeiten beginnen wollte.

Zugegeben, Anfang Januar erfasst mich jedes Mal ein übler Hangover. Nicht, weil ich zuvor Nächte lang hart gefeiert hätte, sondern weil der Januar ein schrecklicher trister Monat ist, in dem nichts passiert, in dem es immer viel zu kalt ist und in dem ich emotional durchhänge. Das ging mir schon kinderlos so. Doch damals wartete spätestens im Februar ein Schnee-Aufenthalt mit Höhensonne auf mich oder ich buchte kurzerhand einen Wellnesstrip, der mich verhätschelte.

Dieses Jahr ist es mehr als nur das übliche Januar-Tief, es ist ein Alles-in-Frage-Stellen, was mein Leben mit Kindern betrifft: Bleibt das jetzt so, die nächsten Jahre? Ein Spießerleben im Hamsterrad?

Immer gleiche Abläufe ohne größere Ausschläge nach oben. Jeden Tag versuche ich lediglich, die zwölf Stunden mit zwei Kindern herumzubringen. Schon morgens arbeite ich auf abends hin. Oder wie meine Schwägerin mal sagte: "Hauptsache, am Ende des Tages haben alle überlebt." Highlight sind die zwei Abendstunden, wenn der Große vorerst schläft und die Kleine im besten Fall auf meinem Arm schlummert, sodass wir uns zwei Folgen am Stück einer Serie reinziehen können. Ist das jetzt mein Leben?

Ein Alltag, der mit Verpflichtungen und Kümmern komplett ausgefüllt ist. Wochen, Monate und Jahre, in denen ich die Kinder anziehe, Essen zubereite und stille, vom Kindergarten abhole, bespaße, erziehe, einkaufe, U-Termine einhalte, Wäsche wasche, ins Bett bringe. Und dann Repeat. Soll es das gewesen sein?

Kinder stellen alle Pläne auf den Kopf

Dabei hatten wir ganz andere Pläne. Monatsweise in anderen Städten leben, den Winter in einem anderen Land verbringen. Selbst schwanger redeten wir davon, den Horizont des Kindes durch möglichst viele Kulturen und Länder von klein auf zu erweitern. Ich lese von Co-Working-Spaces auf der ganzen Welt, das wäre genau mein Ding. Ich bin freie Journalistin, ich könnte überall mit meinem Laptop leben und arbeiten. Ich könnte mich international mit Menschen vernetzen, die mich inspirieren und weiterbringen. Ich könnte Einblicke in Unbekanntes bekommen und ständig Neues entdecken. Der Input, der mir so wichtig ist, um kreativ arbeiten zu können, würde nie stoppen.

Ich wollte nie ein langweiliges Leben führen, in dem ich in festen Strukturen gefangen bin und alles vorhersehbar ist. Doch spätestens, wenn das System Kindergarten und Schule anspringt, ist alles vorgezeichnet. Es gibt Uhrzeiten, Abläufe, Verpflichtungen und vorgegebene Ferienzeiten. Statt Städte, Kulturen, Sprachen und Klimazonen zu entdecken, werden wir uns die nächsten Jahre mit Kindergartenfeiern, Hausaufgaben, Prüfungsvorbereitungen und Elternabenden rumschlagen. Ich werde womöglich in Logopädie-Praxen und in Wartezimmern von Kieferchirurgen abhängen. Vielleicht sitze ich Musikstunden abwartend im Auto ab oder verplempere meine Zeit am Spielfeldrand. Ich werde mindestens zehn Jahre lang Brotdosen packen und Trinkflaschen befüllen und mit Eltern aus Kindergarten, Schule und Vereinen zu tun haben, ganz egal ob ich diese Menschen interessant finde oder nicht.

Auf Weltreise mit den Kindern? Utopisch!

Nun stellt sich vielleicht die Frage, wieso wir nicht die ersten Jahre nutzen, um ein geiles Nomadenleben zu führen – in der Welt zuhause. Doch diese Abenteuerreisen in der Elternzeit sind mir bis heute ein Rätsel! Wer schafft es bitte mit Baby stressfrei zu planen und dann zu verreisen? Ich selbst finde das erste Jahr so wahnsinnig anstrengend, dass ich froh bin, äußere stabile Strukturen wie ein Haus, ein Bett, einen Kinderarzt, einen Drogeriemarkt und im Notfall Großeltern in der Nähe zu haben, wenn schon das restliche Leben ins Wanken gerät.

Muss ich jetzt also warten, bis die Kinder groß sind? Und es dann mit Mitte 50 krachen lassen als wäre ich 30, weil ich das Gefühl habe, 20 Jahre nachholen zu müssen? Definitiv keine Option. Ich schätze, das hätte ich mir, wie so vieles, vorher überlegen müssen. Denn hier gehts nicht mehr darum, was ich möchte. Also schön weiter reintreten ins Hamsterrad, um das Familienleben aufrecht zu erhalten und bloß daran denken, das Auto in die Garage zu fahren. Es könnte heute Nacht gefrieren.

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