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Beziehung: Über den Satz, den ich beim Online-Dating wirklich nicht mehr hören kann

Langweilige Profile, schlimme Anmachsprüche: Es gibt einiges, was beim Online-Dating schief gehen kann. (Symbolbild)
Langweilige Profile, schlimme Anmachsprüche: Es gibt einiges, was beim Online-Dating schief gehen kann. (Symbolbild)Bild: Getty Images
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Über den einen Satz, den ich beim Online-Dating nicht mehr hören kann

"Bett halbvoll/halbleer" – die Dating-Kolumne von watson
16.03.2021, 16:32
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Online-Dating ist anstrengend. Wer glaubt, das ist einfach nur abends bequem auf dem Sofa sitzen und die Profile angucken als würde man vor dem Süßigkeitenregal im Supermarkt stehen – uh, lecker, was nehm ich denn – hat sich gründlich getäuscht.

Meist ist es eher ein erschöpftes nach links und manchmal nach rechts wischen, bis das Handgelenk erschöpft ist. Bis man sich durchgewurschtelt hat durch die Oberkörper-frei-Schnappschüsse, die Oktoberfest-Fotos, die "Das ist nicht mein Kind – aber sehen wir nicht süß aus?"-Bilder – alles Links-wisch-Profile – muss man einiges an Geduld beweisen.

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Bild: emmy lupin studio
Unsere Autorin...
... ist Single, Anfang 30 und lebt in Berlin. Bei ersten Dates wird sie regelmäßig gefragt, ob sie darüber schreiben wird. Sie antwortet dann meist: "Das hängt davon ab, ob du schon etwas ganz Großartiges im Leben gemacht hast – oder gleich etwas richtig Bescheuertes tust."

Ich glaube, jede Person, die online datet, hat sich einen persönlichen Katalog aufgebaut, nach welchen Kriterien sie hot or not sagt. Alles, was auf Rassismus oder Sexismus hindeutet, geht nicht, klar, das sind die Basics. Ein Ex-Freund zum Beispiel, den ich auf Tinder kennengelernt hatte, swipt nicht nach rechts, wenn sie nichts in ihrem Profil stehen hat. Bikini-Bilder und Duckfaces fand er auch blöd.

"Zu selten sieht man entspannte Porträts, auf denen Menschen einfach aussehen, wie sie aussehen."

Profil-Bilder, die für mich einfach nicht funktionieren

Ich persönlich swipe nach links bei folgenden Motiven und Profilen (abseits der bereits genannten Volksfestgängern, Pseudo-Väter und Nackedeis):

  • Surf-Fotos: Ja, ok, du bist ja sooo cool.
  • Zu viele Outdoor-Fotos: Ich hab dann Angst, dass du mich dazu motivieren willst, auf Felsen herumzuklettern.
  • Gruppenfotos: Ich weiß am Ende nicht, welchen davon ich bekomme.
  • Fotos, auf denen man andere Frauen knutscht oder Hochzeitsfotos: Sollte selbsterklärend sein, warum das nicht funktioniert.
  • Schwarzweißbilder: Du hast entweder schlechte Haut oder ein kleines Ego (ein einzelnes Schwarzweißbild ist übrigens ok).
  • Zu wenige Bilder: So kann ich dich ja nicht erkennen.
  • Zu viele Bilder: Bist du eingebildet oder was?

Und ja, wenn ich diese Liste sehe, ist mir schon auch klar, warum ich nur jede 247. Person nach rechts swipe. Andererseits verstehe ich auch dieses krasse Herumgepose bei Dating-Apps nicht. Zu selten sieht man entspannte Porträts, auf denen Menschen einfach aussehen, wie sie aussehen, nette Schnappschüsse aus Urlaub und Freizeit ohne die waghalsige Aktivität oder die krasse Landschaft im Hintergrund und vollständig angezogene Körper.

"Ja, es ist schwierig, sich etwas Besseres einfallen zu lassen als: 'Wie geht's?' oder einfach nur 'Hi'. Darauf antworte ich übrigens auch kategorisch nicht mehr, sorry."

Wenn es dann tatsächlich zum Match gekommen ist, steht die erste Hürde an: der erste Satz. Ja, der ist schwierig – und ich halte auch absolut nichts davon, dass der Mann die Frau anschreiben muss, falls tatsächlich noch wer so denkt.

Ich schreibe nicht jedes Match an, weil mir manchmal einfach nichts Gutes einfällt oder ich die Person vielleicht doch nicht so interessant finde. Und ja, es ist schwierig, sich etwas Besseres einfallen zu lassen als: "Wie geht's?" oder einfach nur "Hi". Darauf antworte ich übrigens auch kategorisch nicht mehr, sorry.

Erste Sätze, die einfach gar nicht gehen

Anzüglichkeiten gehen natürlich auch nicht, das sollte selbsterklärend sein. Wer glaubt, auf "Sex Ficken Sex!" eine positive Reaktion zu bekommen, sollte sich kurz einmal in den Schritt kneifen, bevor er einer anderen Person so etwas schreibt. Auch sowas wie "Spuckst du oder schluckst du" ist grenzwertig (aus blindem Wohlwollen hatte ich darauf geantwortet: "Du meinst sicher Kaugummi?" Meinte er nicht. Schnell gemeldet und blockiert).

Ein weiterer Smalltalk-Satz, der immer wieder kommt und den ich mittlerweile absolut nicht mehr hören kann, ist:

"Wie war dein Wochenende?"

Ich verstehe, du hast einen Eisbrecher gesucht, der nicht "Hi" oder "Sex Ficken Sex" war und dafür bin ich dir zumindest teilweise dankbar. Aber mal ganz ehrlich:

Es ist das 53. Wochenende in der Pandemie. Ich war spazieren und habe genetflixt. Wie alle anderen Menschen auch. Und wenn du irgendetwas anderes getan hast als das, weiß ich nicht, ob ich dich treffen mag.

Ich sag's ja, es ist nicht einfach. Ich hab den Bogen dabei auch noch nicht raus. Letztens habe ich selbst mal ein Gespräch abgewürgt, als ich aus Verzweiflung und Leere im Kopf fragte: "Und, wie war dein Wochenende so bisher?" – seitdem keine Antwort mehr. Ich kann's dem Mann nicht verübeln, ich hätte wohl genauso reagiert.

"Ich kann nicht rülpsen": Mein Leben mit R-CPD
Du hast richtig gelesen: Ich kann und konnte noch nie rülpsen. Was zunächst lustig klingen mag, geht mit erheblichen Symptomen einher. Doch das wussten weder ich noch die Medizinwelt, welche ich seit meiner Kindheit vor ein Rätsel stellte. Bis Dr. R. W. Bastian eine Studie publizierte.

Es war das Jahr 2011. Ich war 17 und saß der Gastroenterologin gegenüber, die bereits die zweite Speiseröhrenspiegelung an mir durchgeführt hatte. Die Kamera wies zwar erneut Reizungen in meiner Speiseröhre nach, bot aber keine Erklärung für meine weiteren Symptome – wie etwa, dass mir besonders von Kohlensäure immer übel wurde. Ich hatte keine Ahnung, ob überhaupt irgendein Zusammenhang mit der Speiseröhre bestand, aber sie war die Spezialistin und fragen kostete ja nichts. Außer meine Selbstwahrnehmung, wie ich sofort merken sollte.

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