Nachhaltigkeit
Analyse

Tiere bei Hitze: Experte redet von "Katastrophe" und ruft zur Hilfe auf

Sommer, Wiesbaden, Bild x von 23 Wiesbaden, (für LOK), 04.06.2015 Sommer, im Bild: Tauben nehmen ein Wasserbad zwischen den Wasserfontänen im Brunnen in der Langgasse,

Summer Wiesbaden Picture X from ...
Nicht nur der Mensch leidet unter extremer Hitze, sondern auch alle Tiere der Stadt.Bild: imago stock&people / Michael Schick
Analyse

Tiere bei Extrem-Hitze: Tauben-Experte schlägt Alarm – und ruft zum Helfen auf

Waldbrände, Hitzetote, Temperaturen über 30 Grad: Wie sich Hitze auf unseren Alltag auswirken kann, zeigt sich aktuell besonders deutlich. Dabei versuchen wir meist zunächst, uns selbst zu schützen. Aber auch Tiere leiden unter Extremtemperaturen.
14.08.2025, 15:0714.08.2025, 15:07
Mehr «Nachhaltigkeit»

Wir alle kennen dieses Bild: Gerade bei hohen Temperaturen befinden sich Trinknäpfe vor Läden und Gastronomie, damit Hunde genügend Wasser bekommen. Das ist auch absolut richtig so! Es gibt aber einen Haken.

Die Näpfe sind ausschließlich für Hunde gedacht. Nur selten stellt jemand Behälter für andere Tiere auf. Vermutlich denken die meisten, dass etwa Stadttauben sich eigenständig versorgen können. Das trifft nur zum Teil zu.

Wie sehr die Extremhitze Tieren zu schaffen macht, und wie man ihnen helfen kann, hat watson von einem Experten erfahren.

Hitze fordert Tiere: Füße auf Beton und Teer

Hans Lutsch ist Tauben-Experte. Seit über 15 Jahren setzt er sich für Stadttauben in Salzburg ein. Von der Tierrechtsorganisation Peta wurden er und seine Frau Gabriela Arnold 2018 als "Helden für Tiere" ausgezeichnet.

Auf die Frage, ob die derzeitige Hitzewelle den Tieren zusetzt, antwortet der Experte mit einem klaren Ja. Zwar müsse man zunächst bedenken, dass Tauben eine andere Normalkörpertemperatur haben, die bei 41 bis 41,5 Grad liegt. Das bedeute grundsätzlich eine andere Toleranz gegenüber Hitze, aber auch die habe ihre Grenze.

"Das heißt also nicht, dass sie nicht unter dieser Hitze leiden", erklärt Lutsch weiter. Zwar können die Tiere von den besonders heißen Flachdächern, die sich bei Extremtemperaturen auf bis zu 70 Grad aufheizen, ausweichen auf kühlere Plätze.

"Aber auch die Straßen, der Teer, der Beton und die Steine der Städte heizen sich auf. Das kann ihre Füße angreifen, zumal die Tiere den ganzen Tag unterwegs sind." Dies sei allerdings noch das geringste Problem.

Genügend Wasserquellen für Tiere?

Schwerwiegender ist laut dem Experten das Wasser-Problem. Stadttauben versorgen sich etwa durch Wasser aus Pfützen oder Brunnen. Bei hohen Temperaturen sind Pfützen nicht vorhanden. Dann muss es ausreichend Brunnen geben. In vielen deutschen Städten ist das zwar der Fall, aber längst nicht überall. Lutsch stellt klar:

"Stadttauben sind ortsgebunden. Sie bewegen sich in einem Radius von 500 bis maximal 1000 Metern. Diesen verlassen sie nicht, auch nicht zur Futtersuche, auch nicht für Wasser. Wenn also in diesem Radius kein Wasser zu finden ist, dehydrieren sie langsam. Das sieht man manchmal daran, dass die Tiere aufgeplustert sind."

Dort, wo es nicht genug Wasser gibt, "trinken sie aus jeder Dreckpfütze", fährt der Experte fort. "Selbst wenn es Öl ist, das durch die Autos auf die Straße gelangt ist. Sie trinken es, um den Durst zu stillen, was natürlich schädlich ist und sogar tödlich sein kann."

Auch auf die erwähnten Wassernäpfe vor Einkaufsläden und Gastronomie kommt der Tauben-Kenner zu sprechen, die zwar für Hunde eine große Hilfe sind, aber: "Was ich immer wieder gesehen habe: Wenn sich eine Taube dort bedient, wird sie oft verjagt. Einfach nur, weil man diese Tiere nicht mag. Darunter leiden sie."

Küken springen bei Hitze aus dem Nest

Während ausgewachsene Tiere in der Lage sind, aufgeheizten Plätzen zu entfliehen, ist dies bei den Küken nicht der Fall. Bei Extrementemperaturen verenden diese vermehrt durch den Wassermangel im Nest. Oft versuchen diese auch instinktiv das Nest zu verlassen, was schlimme Konsequenzen zur Folge hat.

So prallen sie von mehreren Metern Höhe auf den Boden, was zu Verletzungen führen oder tödlich enden kann. Der Boden ist an heißen Sommertagen zudem oft so stark aufgeheizt, dass die Temperaturen dort höher sein können, als im warmen Nest.

"Das ist eine Katastrophe vom Tierschutz her", stellt der Experte klar. "Die Städte tun an dieser Stelle nichts für die Tiere. Es sei denn, es gibt einen Taubenschlag, also ein betreutes Häuschen, wo sich die Tiere zurückziehen und mit Nahrung und Wasser versorgt werden. Aber davon gibt es ganz grundsätzlich zu wenige."

Tiere bei Hitze: Wie kann man helfen?

Für Leute, die Tiere mögen, wird all das nur schwer erträglich sein. Was kann man also tun, um ihnen bei Extremtemperaturen zu helfen?

Zunächst sollte man ein gestürztes Küken nicht ignorieren. Man kann es etwa schützen, indem man es vorsichtig in eine Schale legt, die mit Tüchern ausgelegt ist. Da die jungen Vögel noch nicht genügend Federn haben, sollte die Schale gut genug wärmen können.

Anschließend sollte man die Tiere unbedingt von einem Tierarzt untersuchen lassen. Selbst wenn es äußerlich nicht erkennbar ist, können sie sich innere Verletzungen durch den Sturz zugezogen haben. Von da an müssen die Vögel vom Menschen versorgt werden – die Eltern des Kükens werden es nicht mehr übernehmen.

Hans Lutsch ruft dazu auf, Wasserquellen für Tiere aufzustellen – für Tauben sowie alle anderen Vogelarten oder etwa auch Eichhörnchen. "Leider gibt es das Problem, dass Leute die Behälter umkippen. Also am besten kurz in der Nähe bleiben, die Tauben kommen dann von selbst."

Lutsch möchte das Bewusstsein für dieses Problem stärken, damit es zur Normalität wird, nicht nur Hunde, sondern alle Tiere mit Wasserquellen zu versorgen: "Alles, was in der Stadt lebt, leidet unter der Hitze."

Sollte ein Stadtbrunnen bei Hitze übrigens nicht in Betrieb sein, helfe es zudem, bei der Stadt anzurufen und dies zu melden.

Kritik an Tiergarten Nürnberg: Zwölf Paviane getötet – wie ethisch sind Zoos?
Wie kann es dazu kommen, dass ein Zoo gezwungen ist, Paviane zu töten? Das fragen sich in den vergangenen Monaten viele Menschen, wenn sie auf den Fall des Tiergartens Nürnberg blicken. Der Tierschutzbund erhebt Vorwürfe gegen das dortige Management und erklärt, wie es besser geht.
Ein strenger Geruch liegt in der Luft, während die Sonne Schatten in Rastermuster über fein abgesteckte Landschaften wandern lässt. Wache Augen suchen durch ein Gitter angestrengt nach einer Bewegung. Im Hintergrund vermischen sich schrille Kinderstimmen mit animalischen Rufen.
Zur Story