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Analyse

Nach Vogelgrippe-Ausbruch auf Nerzfarm: das große Risiko der Pelzzucht

ARCHIV - Durch die größte jemals dokumentierte Vogelgrippewelle bekommt der Erreger mehr Gelegenheiten, auf Säugetiere überzugehen - zum Beispiel auf Nerze. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix/A ...
Nerzfarmen können zur ständigen Infektionsquelle und einem Nährboden für Virusmutationen werden, warnen Forschende.Bild: Ritzau Scanpix/AP / Mads Claus Rasmussen
Analyse

Nach Vogelgrippe-Ausbruch auf Nerzfarm: das große Risiko der Pelzzucht für den Menschen

31.01.2023, 15:5531.01.2023, 15:57
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Auf einer spanischen Nerzfarm sind nach einem Ausbruch der Vogelgrippe zahlreiche Tiere gestorben. Expert:innen sind alarmiert: Sie sehen Anzeichen, dass sich das Virus H5N1 an Säugetiere wie Nerze anpasst – und somit auch das Infektionsrisiko für Menschen steigt.

Schon vorher sei der Erreger vereinzelt in anderen Säugetierarten wie etwa Waschbären, Füchsen oder Mardern gefunden worden, wie Thomas Mettenleiter vom Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit der Nachrichtenagentur dpa sagte.

Doch das waren Einzelfälle.

Mit dem Ausbruch auf der spanischen Nerzfarm könnte sich das aber ändern.

Mit verheerenden Folgen.

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Vogelgrippe-Ausbruch: Zeichen für mögliche Anpassung des Virus

Experte Mettenleiter erklärt, dass der Ausbruch der Vogelgrippe unter den Nerzen in Spanien ein Hinweis auf einen weiteren Anpassungsschritt des Virus gewesen sein könnte. Hintergrund dieser Beunruhigung ist die derzeit grassierende, größte jemals dokumentierte Vogelgrippewelle bei Vögeln, die sich bereits über mehrere Erdteile erstreckt.

"Das ist unglaublich besorgniserregend."
Tom Peacock vom Imperial College in London

Das Problem dahinter: Durch die weite Verbreitung bekomme der Erreger immer mehr Gelegenheiten, auf Säugetiere überzuspringen. Zudem seien die engen Haltungsbedingungen der Nerze für eine solche mögliche Ausbreitung unter den Tieren förderlich gewesen, wie Mettenleiter erklärt. Daher sei das Ereignis in Spanien "auf jeden Fall ein Warnsignal".

Nerzindustrie als Infektionsquelle und Nährboden für Virusmutationen

Auch andere Forschende zeigen sich alarmiert. Gegenüber dem Magazin "Science" erklärt Tom Peacock vom Imperial College in London: "Das ist unglaublich besorgniserregend." Für ihn sei dies "ein klarer Mechanismus, wie eine H5-Pandemie starten" könnte.

Wolf pelts hang at the Fur Harvesters Auction in in North Bay, Ontario, Canada, on March 22, 2022. - Pandemic, war between Ukraine and Russia, two key markets, and the multiplication of banning by lux ...
Die Pelzindustrie leidet unter der Corona-Pandemie, durch die es zu Notschlachtungen kam. Bild: AFP / COLE BURSTON

Erst im Oktober 2022 waren 50.000 Nerze auf einer Farm in der nordwestlichen Region Galicien getötet und ihre Kadaver vernichtet worden. Zunächst gingen Tierärzt:innen davon aus, dass sich die Tiere mit dem Coronavirus infiziert hatten. Aber Fehlanzeige: Es war der Erreger der Vogelgrippe, H5N1.

Da sich aber schon das Coronavirus, das zu einem früheren Zeitpunkt von Menschen in Nerzfarmen eingeschleppt wurde, rapide unter den Tieren verbreitet hatte, fürchten Forschende, dass die Nerzindustrie zu einer ständigen Infektionsquelle und einem Nährboden für Virusmutationen werden könnte.

Pelz: Nicht nur Tierleid, auch die Umweltlast ist groß

Auch sonst steht die Pelzzucht in der Kritik – aufgrund des Tierleids, aber auch der Umweltlast. Gerade die ist groß: Um ein Kilo Nerzfell zu erzeugen, sind laut dem unabhängigen niederländischen Forschungsinstitut CE Delft 563 Kilo Futter nötig, unter anderem Huhn, Fischreste und Getreide.

Damit verschlägt die Pelzproduktion zahlreiche Ressourcen: Energie, Wasser, Land, Dünger – und Fleisch. Die Herstellung eines Nerzmantels sei damit bis zu fünfmal so schädlich wie die Produktion eines Pelzimitats. Pro Kilogramm Pelz rechnet das Institut so etwa mit 110 Kilogramm CO2-Äquivalenten.

Activists of the animal rights group, PETA, painted as a fox, a rabbit, a racoon and a lynx, demonstrate against the use of fur in fashion, 02 October 2007 in Paris, during the Spring/Summer 2008 read ...
Aktivist:innen von Peta demonstrieren gegen die Pelzindustrie, wie etwa hier in Paris.Bild: AFP / OLIVIER LABAN-MATTEI

Tötung und Entsorgung der Kadaver bringt Umwelt aus Gleichgewicht

Und nicht nur das: "Weitere Faktoren, die die Umweltbilanz belasten, sind die Müllverwertung, die Elektrizität für Gebäude und Tötungsapparate und der Einsatz von Pestiziden, Impfstoffen und Antibiotika", erklärt Julia Zhorzel, Fachreferentin für Bekleidung und Textil bei Peta Deutschland gegenüber watson.

Zudem werde durch die Pelzproduktion Ammoniak und Methan freigesetzt – "beides sind Haupttreiber in der Befeuerung der Klimakrise", wie Zhorzel betont. Wie auch sonst bei der Massentierhaltung stehen Pelzfarmen der Expertin zufolge im Verdacht, lokale Gewässer mit Phosphor und Nitrat zu belasten. Die Folge: Durch den hohen Nährstoffeintrag in die Gewässer wird das Algenwachstum angeregt, wodurch wiederum etwa Fische sterben, weil der Sauerstoffgehalt abnimmt.

Auch der Abtransport und die Entsorgung der Tierkadaver bringt zahlreiche Probleme mit sich. Die Grundwasserqualität ganzer Regionen wird gefährdet. In vielen Ländern werden die "Berge an toten Tierkörpern noch immer in riesigen Erdlöchern vergraben oder gar auf offenen Deponien entsorgt", wie Zhorzel weiter erläutert.

Tierquälerei durch Pelzindustrie

"Aus Sicht des Deutschen Tierschutzbüros sollte die weltweite Pelztierzucht dringend beendet werden, da damit immenses Tierleid einhergeht", sagt auch Jan Pfeifer vom Deutschen Tierschutzbüro gegenüber watson.

Hauptsache stylisch? Für Echtpelz leiden noch immer zahlreiche Tiere.
Hauptsache stylisch? Für Echtpelz leiden noch immer zahlreiche Tiere. bild: pexels / Pixabay

Deswegen fordert ein Bündnis von Tierschutzorganisation, darunter auch das Deutsche Tierschutzbüro, ein Ende der Pelzproduktion und des Pelzverkaufs in Europa. Noch bis Mai 2023 läuft die Petition zur Europäischen Bürgerinitiative (EBI) Pelzfreies Europa, insgesamt eine Million Unterschriften aus sieben EU-Ländern sind für den Erfolg erforderlich.

Bislang haben erst 15 der 27 Mitgliedstaaten die Pelztierzucht vollständig verboten oder so streng reguliert, dass sich die Zucht wirtschaftlich kaum noch lohnt.

Influencer:innen und Stars setzen mit Pelz-Outfits falsches Signal

Und dennoch zeigen sich Stars und Influencer:innen immer wieder stylisch im Pelz-Outfit. So wie kürzlich Shirin David, die in Schuhen mit rosa Pelz, einer Pelzmütze und Pelzbesatz an den Handschuhen für eine Werbekampagne in eine McDonald's-Filiale lief und vor einem riesigen Pappaufsteller von sich selbst posierte. Dafür hagelt es für die Werbekooperation mit der Fastfood-Kette und ihr Outfit mit Echtpelz heftige Kritik.

Doch das scheint Shirin David nicht zu stören. Schon eine Woche später präsentiert sie sich eingehüllt in einen weißen Pelzmantel auf ihrem Instagram-Account.

Das stößt auch dem Influencer und Arzt Aljoscha Muttardi bitter auf. Er setzt sich für Veganismus ein – und so auch gegen die Pelzindustrie. Auf Tiktok teilte er ein Video, in dem er Shirin David hart kritisierte.

Auch Jan Pfeifer vom Deutschen Tierschutzbüro bedauert das, "da dies ein absolut falsches Statement setzt". Er ergänzt:

"Wir befürchten, dass diese Menschen die wahren Hintergründe der Pelzindustrie nicht kennen und sicherlich, wenn sie diese persönlich auf einer Pelzfarm sehen würden, anders handeln würden."

Pelz-Befürworterin kritisiert Tierrechtler

Barbara Sixt von Fur and Fashion widerspricht dem schlechten Ruf der Pelzindustrie. Gegenüber watson erklärt sie:

"Pelz ist in der Tat ein nachhaltiges Material, das uns die Natur liefert. Es entspricht gerade in Zeiten der Klimakrise und der Endlichkeit fossiler Ressourcen einer verantwortungsvollen Entscheidung."

Nicht selten würden Pelze von einer an die nächste Generation weitergegeben. "Am Ende ihres Lebenszyklus angekommen, lassen sie sich dank ihrer Eigenschaft als biologisch abbaubares Material wieder in den Kreislauf der Natur einschleusen", erklärt sie weiter.

Dass es mittlerweile einige Marken gebe, die auf Echtpelz verzichten – wie etwa Burberry, Dolce & Gabbana oder Prada – hätte Sixt zufolge nicht mit dem Umweltschutz zu tun, "sondern aufgrund des immensen Drucks von Tierrechtsorganisationen, die jedwede Nutzung von Tieren ablehnen und so versuchen, ihre fundamentalistische Ideologie durchzusetzen".

Was du tun kannst, um Lebensmittel-Verschwendung zu vermeiden

Rund 11 Millionen Tonnen Lebensmittel sind 2021 in Deutschland weggeworfen worden. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft spricht von etwa 79 Kilogramm pro Person. 60 Prozent der Lebensmittelabfälle entstehen demnach in privaten Haushalten.

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