Supermarkt: Unverpackt-Läden kämpfen um ihr Überleben
Ein Wocheneinkauf kann lästig sein. Nicht nur, weil er lange dauern und dabei schnell teuer werden kann. Sondern auch, weil die schiere Anzahl an Plastikverpackungen schon nach der ersten Speisezubereitung den Mülleimer überfüllt. Eine Gefahr für die ohnehin schon um ihr Überleben kämpfende Umwelt.
Um dem entgegenzuwirken, eröffneten 2014 erste Unverpackt-Geschäfte in Deutschland. Doch die Alternative zu dem unzufriedenstellenden Status quo steckt in der Krise.
Supermarkt: Unverpackt-Läden stecken in der Krise
Das Konzept verspricht: Wer hier einkauft, zahlt zwar manchmal etwas mehr, erhält dafür jedoch hochwertige, gesunde Produkte. Zugleich leistet man einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz.
Eigens mitgebrachte Behältnisse werden nach Betreten des Ladens gewogen und mit dem Leergewicht beschriftet. Ganz nach eigenen Rezepten und persönlichen Vorlieben können die Gefäße dann mit den Produkten befüllt werden.
An der Kasse wird schließlich noch einmal gewogen. Für jedes Produkt wird nur die errechnete Menge bezahlt, nachdem das Leergewicht des Behälters abgezogen wurde.
Wenn der Einkauf von einem spontanen Drang ausgelöst wird und Einkäufer:innen nicht dauerhaft mit eigenen Dosen, Gläsern und Beuteln herumlaufen, bieten viele Geschäfte mittlerweile selbst biologisch abbaubare Verpackungen oder sogar Mehrwegbehälter zum Kauf oder zur Pfandleihe an.
Eigentlich, so könnte man denken, ein rundum durchdachtes Konzept, das viel Anklang findet. Und doch muss die Branche um ihre Kundschaft kämpfen.
Unverpackt-Laden: Krisen machten dem Trend den Gar aus
Der Verband der Unverpacktläden in Deutschland hat derzeit 169 Mitglieder. Trotzdem beschreibt sein Geschäftsführer Sven Binner die aktuelle Lage der Branche gegenüber der "Hessenschau" als angespannt:
Er führt das rasante Ladenschließen aber auch auf Fehler der Kolleg:innen zurück. Viele Geschäfte seien ohne Vorerfahrung im Einzelhandel eröffnet worden – und gescheitert. "Wenn man es mit Start-up-Branchen vergleicht, ist es aber nicht untypisch, dass manche auch schnell wieder aufhören", erklärt er der "Hessenschau":
Dennoch zeigt er sich optimistisch: "Die Branche lebt". In vielen Geschäften laufe es weiterhin gut.
Berliner Unternehmerin berichtet von eigenem Unverpackt-Laden
"Dass das Unverpackt-Konzept in der Krise steht, das können meine Kolleg:innen und ich einfach nicht mehr hören", gesteht Nadine Kaak gegenüber watson. Sie betreibt einen eigenen, Unverpackt-Laden in Berlin, der weiterhin geöffnet hat.
Seit Dezember 2024 führt sie nun das Geschäft in Charlottenburg-Wilmersdorf mit ihren Kolleginnen. Doch dieses versteht sie in erster Linie als "Treffpunkt für die Leute im Kiez". Sie erklärt:
Viel wichtiger sei es ihr, den lokalen Handel zu stärken. Und damit auch ein Gegenstück zur Konsumkultur der Onlinebestellungen zu schaffen. Langfristig führe diese aus ihrer Sicht nämlich zum Aussterben der Innenstädte, bis "es den lokalen Handel irgendwann einfach nicht mehr gibt".
Berlin: Innovative Konzepte statt starres Ladenkonzept
Nadine Kaak hat sich deshalb innovative Konzepte überlegt, wie sie den Laden attraktiver machen kann.
So hat sie mit einem benachbarten italienischen Bistro bereits ein Sommerfest organisiert, bei dem die Nachbarschaft zusammen kam und Musik lauschen konnte. "Ganz nebenbei" hätten sich Besucher:innen dann Reis abgefüllt. "Das stand aber nicht im Vordergrund", betont Nadine Kaak.
Mit einem Marktwagen fährt sie außerdem auf Wochenmärkte, um dort unverpackte Produkte zu verkaufen – und das kommt gut an. So gut, dass Kund:innen in ihrem Laden bereits Schlange stehen, um nach ihrer Rückkehr die frischen Marktprodukte zu ergattern.
Gleichzeitig machen die wirtschaftlichen Bedingungen auch ihr zu schaffen:
Doch diese Herausforderungen teile sie mit weiteren inhabergeführten Einzelhandelsläden, bei denen sich diese selbst um "alles" kümmern. "Das ist natürlich ein ganz anderes Konzept als ein Edeka-Markt."
Noch gehöre "eine ganz gehörige Portion Idealismus" dazu, damit ein Laden wie ihrer funktionieren kann. Denn "reich werden wir damit natürlich nicht, so ist es einfach", erklärt sie.