Seit Tagen hält das Hochwasser Teile Deutschlands in Atem – und mit Entspannung ist bis Donnerstag vorerst nicht zu rechnen. Im Gegenteil: Nach zwischenzeitlich einigermaßen trockenen Tagen kündigt sich für Dienstag und Mittwoch erneut anhaltender und kräftiger Regen an, wie Meteorolog:innen berichten.
Von Überschwemmungen betroffen sind allem voran Teile Niedersachsens, der Süden Sachsen-Anhalts an der Grenze zu Thüringen sowie Gebiete in Nordrhein-Westfalen. Zahlreiche Rettungskräfte sind im Einsatz, das Land Niedersachsen hat gar die Bundeswehr um Unterstützung bitten müssen.
Menschen müssen aus den Fluten gerettet werden, die Schäden an Straßen, Brücken, Deichen und Feldern sind immens. Feuerwehr und Freiwillige reihen tagein, tagaus Sandsäcke aneinander, um Schlimmeres zu verhindern. Dabei stellt sich eine Frage: Wird das Hochwasser in Deutschland zur neuen Gefahr?
Wie fast immer, wenn es um die Klimakrise und durch sie ausgelöste Katastrophen geht, ist die Antwort nicht ganz leicht, denn Modellrechnungen dazu, um wie viel wahrscheinlicher großflächige und heftige Regenfälle, vor allem rund um Weihnachten werden, gibt es nicht.
Auch bildet das Klima das durchschnittliche Wetter über einen langen Zeitraum ab. Das bedeutet: Anhand eines einzelnen Wettereignisses lässt sich die Erderhitzung weder be- noch widerlegen. Die Physik macht einem die generelle Beantwortung der Frage jedoch leicht, denn, sehr vereinfacht: "Durch die höheren Temperaturen kann die Luft mehr Wasser aufnehmen", sagt Friedrich Bohn vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung gegenüber watson. Die Winter werden wärmer und nässer. Die Folge: Das Risiko für Gewitter und Hurrikans steigt.
Gleichzeitig führe das "dann auch immer wieder zu stärkeren Niederschlägen, die wiederum mehr und stärkere Hochwasser nach sich ziehen". Bohn betont: "Diesen Trend konnten wir bereits in den vergangenen Jahren beobachten – und er wird sich wohl auch in Zukunft fortsetzen."
Klimawissenschaftler:innen und Meteorolog:innen sagen diesen Trend bereits seit Langem voraus. Doch Politik und Wirtschaft schieben die Warnungen immer wieder beiseite – und reagieren überrascht, wenn eintritt, was eine naturwissenschaftliche Konsequenz und im IPCC-Bericht des Weltklimarats als Risiko festgehalten ist: Extremwetter wie Starkregen – und Überschwemmungen.
Ist die Hochwasserlage der vergangenen Tage also ein Vorgeschmack auf Extremwetterereignisse, die uns zukünftig immer häufiger drohen? Die Niederschlagsmuster verändern sich auf der ganzen Welt, damit wächst in vielen Gegenden auch das Risiko von Überschwemmungen.
In Deutschland steige die Wahrscheinlichkeit von Überschwemmungen vor allem in Baden-Württemberg, Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, wie das Potsdam Institut für Klimafolgen-Forschung (PIK) erklärte. In diesen Bundesländern könnten zukünftig 6- bis 13-mal mehr Menschen von schweren Hochwassern betroffen sein als in der Vergangenheit. Für die übrigen Regionen gebe es hingegen einen nur schwach positiven oder keinen signifikanten Trend, wie "Spektrum" berichtete.
Auch eine Studie zu Extremwettereignissen in Westeuropa aus 2021 zeigt deutlich: Die Klimakrise erhöht die Wahrscheinlichkeit extremer Regenfälle und damit auch das Risiko von Hochwasserkatastrophen, wie sie sich etwa Ahrtal im Juli 2021 ereigneten. Zu diesem Ergebnis kam ein internationales Team von Wissenschaftler:innen unter anderem des Deutschen Wetterdienstes (DWD).
Unter den derzeitigen Klimabedingungen sei demnach zu erwarten, dass eine bestimmte Region in Westeuropa etwa einmal in 400 Jahren von einem solch verheerenden Ereignis heimgesucht werde. Innerhalb des gesamten Gebiets, das die Forschenden untersucht hatten, seien in diesem Zeitraum mehrere solcher Katastrophenereignisse zu erwarten.
Mit weiter steigenden Temperaturen werde derart extremer Starkregen noch häufiger. Denn: Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Wasser speichern. Erhöht sich die Temperatur nochmals um 0,8 Grad, erhöhe sich die Häufigkeit derartiger Katastrophen auf alle 300 Jahre. Auch die Intensität des Starkregens nehme mit steigenden Temperaturen weiter zu. Klimawissenschaftlerin Friederike Otto erklärte damals: