Am 27. August protestiert Fridays For Future gemeinsam mit Campact und Gegnerinnen und Gegnern des Versammlungsgesetzes in Düsseldorf unter dem Motto #NichtWieNRW gegen Armin Laschets Klimapolitik und seine Pläne als Kanzlerkandidat. Gastautorin Christina Schliesky aus Nordrhein-Westfalen zieht für watson eine Bilanz aus vier Jahren Regierung unter Armin Laschet.
"Wir regieren NRW so, wie ich es mir auch für den Bund vorstellen würde", hat Armin Laschet, Kanzlerkandidat der CDU, gesagt. Wir in NRW, die seit vier Jahren mit seiner Art der Regierung leben, sagen: "Nein, Danke!" Denn der "Regierungsstil Laschet" stellt für viele Menschen eine Katastrophe – bis hin zur Existenzbedrohung – dar.
Seine bisherigen Regierungsjahre waren geprägt vom Kuschelkurs mit der fossilen Industrie. Menschen, die wie ich am Tagebau leben, haben dies hautnah zu spüren bekommen: Unter seiner Regierung wurde 2018 der Hambacher Forst gewaltsam geräumt und zu großen Teilen gerodet. Entgegen jeglicher Vernunft wurde ein einzigartiger Wald zerstört und wertvoller Ackerboden verschwendet – allein für die Interessen des Kohlekonzerns RWE.
Aktuell kratzen die Schaufeln der Kohlebagger an den Haustüren Lützeraths. Wie bisher über 50 Dörfer im rheinischen Revier soll auch Lützerath im Herbst zerstört werden, um die darunter liegende Braunkohle aus dem Boden zu holen und zu verfeuern – und unsere Zukunft damit gleich mit. Denn die 1,5-Grad-Grenze verläuft nach einer aktuellen Studie des DIW direkt vor Lützerath.
Was das bedeutet? Wir können die 1,5-Grad-Grenze – und damit das Pariser Klimaabkommen – nur einhalten, wenn kein weiteres Dorf der Kohle zum Opfer fällt. Für uns stellt sich also gar nicht mehr die Frage nach Kohle oder Dörfern, fossilen Energieträgern oder erneuerbaren Energien, Kohlebaggern oder Zukunft. Weil es nur eine Antwort geben kann. Und sie befindet sich nicht am Boden eines 400 Meter tiefen Tagebaus.
2020 fand das klimapolitische Versagen der Landesregierung seinen neuen Höhepunkt. Das brandneue Steinkohlekraftwerk Datteln 4 ging ans Netz – obwohl wir eigentlich längst aus der Kohle aussteigen müssten. Während die deutschen Kohlekraftwerke drohen, 73 Prozent unseres restlichen CO2-Budgets bis zur 1,5 Grad-Grenze in Rauch aufgehen zu lassen. Statt an erneuerbaren Energien hält NRW am Bau neuer Kohlekraftwerke fest. Datteln 4 ist ein Symbol für die klimapolitische Totalverweigerung in NRW geworden!
Die Landesregierung brachte den Ausbau der Windenergie nahezu zum Erliegen. Im Jahr 2018 beispielsweise gab es einen Windenergie-Zubau von 342 Megawatt – das entspricht nur etwa einem Drittel des Ausbaus im Vorjahr.
Die Landesregierung von Armin Laschet brachte erst im Sommer eine neue Abstandsregel für Windkraftanlagen durch den Landtag. Sie sieht vor, dass Windräder grundsätzlich mindestens 1000 Meter von Wohnbebauungen entfernt sein müssen. NRW hat kaum Flächen, die diese Anforderungen erfüllen – die Windräder werden so systematisch vom Markt verdrängt.
Im Vergleich dazu: Ein Kohlekraftwerk darf in NRW bis zu 400 Meter an eine Wohnbebauung heranrücken, ein Tagebau sogar auf 100 bis 200 Meter! Hier zeigt sich deutlich, für wen die Landesregierung Politik macht. Für die Kohlelobby und die fossile Industrie.
Die Klimakrise ist kein weit entferntes Zukunftsszenario mehr. Die Klimakrise ist real, sie ist hier und sie ist unerbittlich. Unser Verschlafen beim Klimaschutz holt uns jetzt ein. Vor fünf Wochen kam die einst scheinbar weit entfernte Klimakrise plötzlich ganz nah, als Teile von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz von einer schweren Hochwasserkatastrophe erfasst wurden.
Viele Menschen verloren ihr Zuhause, ihre Lebensgrundlage und in vielen Fällen auch Familienmitglieder. Unwetter und Hochwasser werden mit zunehmender Erderwärmung immer wahrscheinlicher und immer extremer. Der Kampf gegen die Klimakrise ist also ein Kampf um unsere Lebensgrundlagen und unser Überleben.
In einer Welt, in der Hochwasser wie dieses wahrscheinlicher werden, braucht es Vorsorge und vernünftiges Krisenmanagement. Wir brauchen eine Politik, die sich ihrer Verantwortung bewusst ist und das Schlimmste zu verhindern sucht. Wir brauchen eine Politik, die 1,5-Grad-konforme Lösungen bietet. Wir brauchen eine Politik, die Vorsorge betreibt und ihre Rolle ernst nimmt.
Zu allem Überfluss soll die Klimabewegung in einem neuen Versammlungsgesetz kriminalisiert und die Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden:
Demokratie lebt von lebendigen, vielfältigen Formen der Meinungsäußerung – dazu gehört die Möglichkeit, sich frei von staatlichem Einfluss zu versammeln. Dazu gehört die Gewissheit, anonym teilnehmen zu können, ohne Repressalien zu fürchten. Wer filmt, anlasslos kontrolliert und die eigene Verantwortung an die Versammlungsleitung abgibt, gefährdet die aktive, demokratische Teilhabe.
Den Bund so zu regieren, wie es in NRW unter Armin Laschet stattfand, wäre gefährlich! NRW ist weit weg von einer verantwortungsvollen Politik, die 1,5-Grad einhält. Eine Politik, die den Ausbau der erneuerbaren Energien nahezu zum Erliegen bringt und demokratischen Protest delegitimiert ist katastrophal und können wir uns nicht leisten.
Wir stehen vor einer Bundestagswahl, die darüber entscheiden wird, welchen Weg wir die nächsten vier Jahre einschlagen. Sie wird darüber entscheiden, ob wir 1,5-Grad einhalten können. Das Problem: Keine Partei hat ein glaubwürdiges Konzept für 1,5-Grad!
Um das zu ändern, müssen die Wahlprogramme jetzt umgeschrieben und an die geophysikalische Realität angepasst werden. Dafür gehen wir am Freitag auf die Straße. Für Veränderung, für Klimaschutz, für verantwortungsvolle Politik im Einklang mit 1,5-Grad und vor allem für unsere Zukunft.