Einwegplastik ist nicht nur schädlich für die Umwelt und viele Tierarten, es schadet auf verschiedenen Wegen auch der menschlichen Gesundheit.Bild: IMAGO / Christian Spicker
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08.04.2021, 15:4508.04.2021, 17:52
Pro Woche nehmen Menschen laut einer Studie eine Kreditkarte
Mikroplastik zu sich. Die Partikel gelangen durch das Essen und
Trinkwasser in den Körper. Das Verbot von Einwegplastik in der EU
soll Mensch und Umwelt schützen – und eröffnet riesige Absatzchancen.
Veränderung bei To-Go-Verpackungen
Lockdown-Zeit ist Liefer-Zeit: Ob Kleidung, Bücher
oder Essen – der Bringdienst-Markt boomt in der Krise. Wer sich
Speisen liefern lässt, dürfte bald eine Veränderung bemerken.
To-go-Verpackungen aus Styropor verschwinden. Produkte aus
Einwegplastik, für die es gute Alternativen gibt, dürfen ab 3. Juli
2021 EU-weit nicht mehr verkauft werden. Das betrifft zum Beispiel
Strohhalme, Wattestäbchen, Kaffeebecher, Rührstäbchen, Besteck oder
Teller und Schalen. Was zunächst vor allem wie eine Einschränkung
für die nahende Grillsaison klingt, öffnet neue Märkte – mit riesigen
Absatzmöglichkeiten.
Beispiel Kaffeebecher: Pro Stunde verbrauchen die Menschen in
Deutschland 320.000 Stück, wie das Bundesumweltministerium berechnet
hat. Pro Jahr sind das 2,8 Milliarden Becher. 1,3 Milliarden
Kunststoffdeckel kommen laut Bundesumweltamt noch dazu. Sie müssen ab
Sommer aus anderen Materialien als Einwegplastik hergestellt werden.
Verbot entlastet Umwelt und verringert Plastikanteil in täglicher Nahrung
Das Verbot dürfte nicht nur die Umwelt entlasten. Plastik landet oft
in Parks, an Uferböschungen oder am Strand. Dort muss es aufgesammelt
werden. Passiert das nicht, zerbröselt es mit der Zeit. Die
Mikropartikel werden vom Wind fortgetragen, vom Regen in Flüsse, Seen
und Meere gespült, wo sie von Vögeln und Fischen gefressen werden.
Das Mikroplastik landet auf verschiedenen Wegen wieder auf unseren
Tellern und in unseren Gläsern.
Auf der indnesischen Insel Bali müssen die Einheimischen ihren Strand eigenhändig vom Plastik befreien.Bild: IMAGO / ZUMA Wire
Bis zu fünf Gramm Mikroplastik nehmen Menschen nach Angaben
australischer Forscher täglich zu sich – abhängig von den
Lebensumständen. Das entspricht etwa dem Gewicht einer Kreditkarte.
Die Untersuchung basiert auf Daten zu Mikroplastik – also Teilchen
kleiner als fünf Millimeter – in der Atemluft, im Trinkwasser, in
Salz, Bier und in Schalentieren.
Essbares Besteck: Verbot eröffnet neue Märkte
Das Verbot von Einwegplastik in der EU öffnet neue Märkte – auch in
Deutschland. In Göttingen etwa produzieren zwei Jungunternehmer
essbares Besteck. Die Idee kam dem 25 Jahre alten Hemant Chawla in
seinem Heimatland Indien, wie er sagt. Auf einem Festival bestellte
er ein Reisgericht, aber der Stand hatte keine Löffel mehr.
Stattdessen reichte ihm der Verkäufer Brot. Die Idee, Besteck aus
Brotteig herzustellen, war geboren.
Heute vertreibt Chawla mit seiner Geschäftspartnerin Juliane
Schöning, die er bei einem Freiwilligen Sozialen Jahr in Kassel
kennenlernte, essbare Löffel, Schüsseln, Strohhalme und Teller. Ihr
Start-up Kulero produziert in Westindien und bei einem Kekshersteller
in Baden-Württemberg.
Abnehmer seien Supermärkte wie Edeka und Rewe, aber auch Hotels,
Restaurants, Gefängnisse und Psychiatrien. Psychiatrien? "Ja", sagt
Schöning. Die Patienten können sich mit Besteck aus Metall oder
Plastik selbst verletzen. Mit Brot-Besteck gehe das nicht so leicht.
Ähnlich in Gefängnissen: Da gehe es nicht um Nachhaltigkeit, sondern
um Sicherheit.
Wissenschaftler entdecken Algen als Verpackungsmateriak
Das Ziel "zero waste" (übersetzt: null Abfall) verfolgt auch Füllett.
Das Unternehmen produziert wie Kulero To-go-Verpackungen und Geschirr
aus Brot. Die Zutaten: Weizen- und Roggenmehl, Wasser, Rapsöl und
Salz – alles biologisch produziert.
Doch nicht nur Teig ist ein Mittel der Wahl: In Norddeutschland
entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler essbare
Verpackungen aus Algen. Das Alfred-Wegener-Institut (AWI) und die
Hochschule Bremerhaven kooperieren dazu mit dem Fischhändler Nordsee.
Verpackungen aus Algen gehören in Indonesien schon zum Alltag.
Evoware produziert "biologisch abbaubare Alternativen zu
Einwegplastik-Produkten" aus Algen und Seegras. Die Produkte sollen
nicht nur den Lebensunterhalt von Meeresalgenbauern aufbessern, wie
das Unternehmen auf seiner Webseite schreibt – sie sind auch
kompostierbar und essbar.
Essbar und vor allem unsichtbar sind auch neuartige Verpackungen in
deutschen Supermärkten. Wer hierzulande Obst und Gemüse kauft, muss
es zu Hause aus Unmengen Plastik schälen. Der Grund: Ohne Verpackung
verderben viele Produkte schneller. Das US-Unternehmen Apeel
(übersetzt: eine Schale) hat eine "zweite Haut" für Früchte und
Gemüse entwickelt. Edeka testet sie aktuell an Avocados. Der
Schutzfilm sei aus pflanzlichen Materialien und verlangsame den
Wasserverlust und das Eindringen von Sauerstoff – zwei Hauptfaktoren,
die für das Verderben verantwortlich sind, wie Edeka schreibt.
(vdv/dpa)
Die Deutsche Bahn hat nicht den besten Ruf. Unter anderem liegt das an regelmäßigen Ausfällen und Verspätungen. So haben sich Witze über die zu spät kommenden Züge in Deutschland zum Running Gag entwickelt. Das liegt auch an dem maroden Zustand des Schienennetzes. Doch mit Rekordinvestitionen will die Bahn den Verfall stoppen und eine Trendwende schaffen. Bahnfahren soll wieder zuverlässiger werden.