Das Frühjahr war in Deutschland vielerorts zu trocken, doch der Regen bleibt weiter aus: Die Waldbrandgefahr steigt, mancherorts wird das Wasser knapp, regional drohen Ernteausfälle – und das ausgerechnet jetzt, wo die Ukraine nicht liefern kann und durch die Hitzewelle in Indien auch dort die Ernte gefährdet ist.
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) wurde im März für Deutschland eine monatliche Niederschlagsmenge von 15 Millimetern gemessen – das sind knapp 74 Prozent weniger als im Mittel des Zeitraums von 1991 bis 2020. Damit war der März der vierttrockenste seit 1991.
Modellierungen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) untermauern das: Durch den ausbleibenden Regen sind große Teile Deutschlands von einer Bodendürre betroffen, wie der Dürremonitor zeigt. Insbesondere im Osten offenbart sich großflächig eine "außergewöhnliche Dürre". Pflanzen setzt das unter Stress – denn zum Teil ist das im Boden verfügbare Wasser so knapp, dass sie welken.
"Die Trockenheit in manchen Regionen sorgt derzeit dafür, dass sich das Wachstum verzögert", sagt Johann Meierhöfer, Ackerbauexperte vom Deutschen Bauernverband, gegenüber watson. Während die Wintersaaten aufgrund ihrer schon längeren Wurzeln an das Wasser in tieferen Erdschichten herankommen, sieht es bei frisch gesäten Sommerkulturen problematischer aus.
Mit Blick auf die immer wiederkehrenden und durch die Klimakrise länger andauernde Trockenheit und Wasserknappheit bräuchte man künftig Pflanzen, die besonders gut mit Trockenphasen umgehen können. Kichererbsen, aber auch Mais kommen damit aufgrund ihrer Herkunft recht gut zurecht, ebenso Tiefwurzler wie Raps oder Luzerne. Neben dem Wetter haben aber auch der Einsatz von Bewässerung, Dünge- und Pflanzenschutzmittel einen starken Einfluss auf den Ernteertrag.
"In jeder Fruchtart gibt es Exemplare, welche das besser können als andere. Die Kunst ist, sie zu finden", sagt Meierhöfer. Dazu sei es notwendig, alle zur Verfügung stehenden Züchtungstechniken einzusetzen, um Sorten zu entwickeln, die klimaresistenter sind. Vorbehalte gegen moderne Züchtungsmethoden wie CrisprCas seien da nicht hilfreich.
Wie schwer sich die Trockenheit letztlich auf die Ernte auswirken wird, lässt sich Stefanie Sabet zufolge, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, noch nicht abschätzen. Klar aber ist: Sinken die Erträge, wirkt sich das auch auf die Verfügbarkeit regionaler Rohwaren – und somit den Preis der betroffenen Lebensmittel – aus.
Gegenüber watson sagt Sabet:
Zwar bestehe bislang noch keine akute Gefährdung der Ernährungssicherheit in Deutschland, dennoch stehe die Lebensmittelproduktion mit der Rohstoffkrise an ihren Belastungsgrenzen. Mit Blick auf die globale Ernährungssicherheit müsse man da definitiv von einer kritischen Lage sprechen. "Der Krieg führt zu einem deutlichen Rückgang des Handels mit der Ukraine, aber auch mit Russland und somit zu einer Angebotsverknappung heute und vielmehr noch in den ausstehenden Ernten von Getreide und Ölsaaten", betont Sabet.
Dabei beschränkt sich die Rohstoffkrise nicht allein auf unterbrochene Lieferketten, wie etwa beim Sonnenblumenöl. Auch bei Agrarrohstoffen wie Fisch, Getreide, Honig und Zulieferprodukten wie Futtermittel und Verpackungen verknappt sich das Angebot.
Weil die Auswirkungen der Klimakrise in Deutschland zu ganz unterschiedlichen Folgen und Extremwetterereignissen führen würden, müsse man dies auch in der Landwirtschaft berücksichtigen: "Der eine Landwirt wird mehr auf trockentolerante Sorten setzen, der andere muss wegen regional häufigerer Starkregenereignisse seinen Anbau so verändern, dass der Boden meist bedeckt ist", erklärt Ackerbauexperte Meierhöfer.
Für alle Landwirte aber gelte: Erfahrung allein reicht nicht mehr aus. Das Wissen über die Auswirkungen der Klimakrise müsse auch in der Landwirtschaft Anwendung finden.
Corinna Baumgarten, Wasserexpertin beim Umweltbundesamt, erläutert gegenüber watson, dass die Prognosefähigkeiten beim Thema Trockenheit und Wasserknappheit dringend verbessert und Daten besser gebündelt werden müssten, "um schnell und effizient auf Klimaänderungen reagieren zu können". Handlungsbedarf sieht sie insbesondere beim Schutz der Böden vor Erosion, Verdichtung und Humusverlust sowie für verstärkten Wasserrückhalt.
"Wir müssen die Resilienz der Lebensmittelproduktion in Deutschland und weltweit stärken", betont Stefanie Sabet. Nur durch weltweit offene Märkte und Mechanismen könnten kurzfristige Versorgungsengpässe abgemildert werden. "Resilienz bedeutet auch Nachhaltigkeit, insofern ist an den Nachhaltigkeitszielen festzuhalten." Dennoch müsse angesichts der historischen Herausforderungen durch den Krieg und die anhaltende Trockenphase geprüft werden, ob beispielsweise an der "Farm to Fork"-Strategie des Green Deals – trotz zu befürchtender Produktionsrückgänge – festgehalten werden könne.
Stefanie Sabet ergänzt: