Du trinkst deinen Kaffee mit Hafermilch, deine Kleidung ist Second Hand, die letzte Reise hast du mit dem Zug statt mit dem Flugzeug unternommen und dein Gemüse kaufst du auf dem Wochenmarkt – dein Lebensstil ist durch und durch nachhaltig. Es gibt allerdings einen Bereich, den du möglicherweise vergisst, wenn du über deinen CO2-Fußabdruck nachdenkst: Es geht um deinen Drogenkonsum.
Denn dein Feierabend-Joint oder die letzte Line im Club haben keine besonders gute Ökobilanz. Drogen sind für die Abholzung von tausenden Hektar südamerikanischen Regenwalds verantwortlich und verbrauchen extrem viele Ressourcen. Dazu kosten Schmuggel und Drogenkriege Menschenleben. Und dass der Konsum der Gesundheit schadet – vom Kater am Tag danach bis zu den Langzeitfolgen – ist vermutlich auch jedem klar.
Dennoch boomt der Kokainkonsum – auch in Deutschland. Deutsche Sicherheitsbehörden haben 2019 mehr Kokain sichergestellt als je zuvor. Im Berliner Abwasser haben sich die Kokain-Spuren in den Jahren 2016 bis 2019 verdoppelt, Drogen-Taxis beliefern Konsumenten in der Hauptstadt bis zur eigenen Haustür: Wie der Lagebericht des Bundeskriminalamts (BKA) zur Rauschgiftkriminalität ergab, handelt es sich bei Kokain nicht mehr um eine "Elite-Droge". Auch viele junge Menschen konsumieren es vermehrt.
Dabei gehen für ein Gramm Kokain etwa vier Quadratmeter Regenwald drauf, wie die "Süddeutsche Zeitung" herausfand. Besonders in Lateinamerika wird sichtbar, wie groß der ökologische Fußabdruck der Kokain-Konsumenten ist: Laut dem World Drug Report 2020 wurden für den Koka-Anbau in Kolumbien seit 2001 mehr als 300.000 Hektar Wald gerodet. Vor Naturschutzgebieten mit großer Artenvielfalt wird kein Halt gemacht. Besonders jetzt, wo wir Waldflächen dringend zu Stabilisierung des Klimas bräuchten, sollte die Abholzung nicht egal sein.
Um dem illegalen Anbau entgegen zu wirken, besprühen Flugzeuge Plantagen mit dem hochkonzentrierten Pflanzengift Glyphosat. Dadurch wurden viele Koka-Plantagen vernichtet, aber auch angrenzende Wälder und Agrarland. Dieses Vorgehen schadet der Umwelt mehr als sie zu schützen, sagte Elizabeth Tellman, Geografin an der Columbia University in New York zu "Deutsche Welle". Denn wenn Koka-Plantagen zerstört sind, roden Drogenkartelle neue Waldgebiete und bauen woanders neu an.
Die im Dschungel angebauten Kokablätter werden dann in geheimen Laboren zu Pulver verarbeitet – dabei werden hochgiftige Chemikalien wie Ammoniak, Aceton und Salzsäure gebraucht. Diese werden in umliegenden Böden und Flüssen entsorgt. In den verseuchten Gebieten können dann kaum noch Wasserpflanzen oder Tiere leben.
So etwas wie Bio-Koks gibt es nicht, die illegale Produktion kostet Menschen- und Tierleben und zerstört das Klima. Wenn du also bei der nächsten WG-Party (post-Corona natürlich) gefragt wirst, ob du auch "ein Näschen" willst, tust du nicht nur dir, sondern auch der Umwelt einen Gefallen, wenn du dankend ablehnst. Dasselbe gilt leider für deinen entspannten Joint am Abend.
Denn wer denkt, dass Gras in Sachen CO2 nicht so schwer ins Gewicht fällt, weil es sich ja um einen natürlichen Stoff handelt, irrt sich. Auch für den Marihuana-Anbau wird Regenwald zerstört: In Paraguay wurden laut einem Bericht der "Welt" in den Jahren 2017 und 2018 ganze 10.200 Hektar abgeholzt.
Marihuana ist die beliebteste Droge Europas, das geht aus Berichten der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) hervor. Obwohl es an immer mehr Orten legalisiert wird, müssen die Pflanzen noch immer oft heimlich in Gewächshäusern angebaut werden. Dabei werden extrem viele Ressourcen für Beleuchtung, Lüftung und die richtige Temperatur verbraucht.
Ein Bericht der Davis University of California zeigt: "Innerhalb eines Jahres werden in den Vereinigten Staaten etwa 15 Millionen Tonnen Kohlendioxid durch die Indoor-Produktion von Cannabis ausgestoßen. Das entspricht den jährlichen Emissionen von drei Millionen Autos." Das würde bedeuten, dass ein Joint in etwa dieselbe Klimabilanz hat wie drei Kilo Kartoffeln.
Wenn du dich damit auseinandersetzt, wie viel CO2 das Steak auf deinem Teller und das Fast-Fashion-Kleidungsstück in deinem Schrank verursacht haben, solltest du auch deinen Drogenkonsum überdenken. Die Produktion von Koks & Co ist einer der drastischsten Zerstörer des südamerikanischen Regenwaldes und geht mit tausendfachen Menschenrechtsverletzungen einher. Unser soziales und ökologisches Gewissen darf Freitagnacht nicht einfach Pause machen – nachdem wir tagsüber noch für Klimagerechtigkeit auf der Straße standen.