Mehr Gemüse und Obst essen, viel Wasser trinken und weniger Süßes snacken – all das empfiehlt die Deutsche Ernährungsgesellschaft (DGE), um der eigenen Gesundheit und Umwelt etwas Gutes zu tun.
Wer sich an die Empfehlung hält, der:die wird, zumindest auf dem Teller, schnell einen Unterschied bemerken, denn Fleisch und Milchprodukte sollen deutlich weniger konsumiert werden: Nur rund 400 Gramm Milchprodukte am Tag und 300 Gramm Fleisch sowie ein Ei pro Woche sollten wir der DGE zufolge essen. Das entspricht etwa der Hälfte der Mengen-Empfehlung aus dem Jahr 2017.
Der Hauptgrund für die stark-reduzierte Fleisch-Empfehlung? Die Treibhausgase und Umweltauswirkungen. Nur bei einem Maximum von 300 Gramm Fleisch pro Woche und Person könnten die Nachhaltigkeitsziele für 2030 eingehalten werden, argumentiert die DGE.
Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann sieht in der Empfehlung aber vor allem eine Win-Win-Situation. Sie arbeitet am Universitätsklinikum Augsburg und ist Direktorin des Instituts für Umweltmedizin beim Helholtzzentrum München. Außerdem berät sie die Bundesregierung in Sachen Klimawandel. Laut ihr sind weniger Fleisch und tierische Produkte gut für die Gesundheit und den Planeten.
Gegenüber watson sagt sie:
Krankheiten wie Übergewicht, Diabetes und Schlaganfälle können durch eine ungesunde Ernährung mit viel Fleisch ebenfalls begünstigt werden. Studien hätten zudem gezeigt, dass Menschen, die viel Fleisch essen, einen höheren Anteil an antibiotikaresistenten Keimen im Darm tragen. Auch das Risiko für Darmkrebs steigt, je mehr verarbeitete Fleischprodukte wie Wurst und Speck gegessen werden.
Traidl-Hoffmann betont: "Dabei sollte jedoch die Paracelsus'sche Weisheit nicht vergessen werden: Die Dosis macht das Gift."
Im Gespräch mit ihren Patient:innen beziehe sie die planetare Gesundheit immer ein, da spiele dementsprechend auch die Art der Ernährung eine wesentliche Rolle. Traidl-Hoffmann betont: "Es geht bei einem ärztlichen Rat immer um eine Empfehlung und so ist ja auch die DGE-Äußerung eine Empfehlung." Daran halten muss sich dementsprechend niemand – es ist und bleibt ein unverbindlicher Rat.
Genau genommen müsste die Empfehlung der DGE sogar noch niedriger ausfallen. Denn das mathematische Modell, das berechnet hat, wie viel Gramm tierischer Produkte für unsere Gesundheit und den Planeten empfehlenswert sind, ist noch zu einem deutlich niedrigeren Ergebnis als den 300 Gramm Fleisch pro Woche gekommen. Davon nahmen die Wissenschaftler:innen allerdings Abstand.
Der Grund: Sie glaubten, eine noch größere Einschränkung könnten sie den Menschen nicht zumuten. Also integrierten sie in das Modell, dass auch weiterhin mindestens 300 Gramm Fleisch die Woche drin sein sollten. Das berichtet die "Zeit". Maximal radikal fällt die Empfehlung der DGE also nicht aus, denn auch die Wissenschaftler:innen wissen: Schnitzel und Bratwurst sind in Deutschland nur schwer zu verhandeln.
Dass die Ernährung für viele ein heiliges und persönliches Thema ist, merkt auch Umweltmedizinerin Traidl-Hoffmann. Trotzdem versteht sie das Vorgehen und erklärt:
Das handhabt sie auch bei ihren Patient:innen so: "Mein Rat an meine Patienten impliziert selten Verbote, sondern ein Angebot. Aber warum sollte man ein Angebot auf die Aussicht auf ein gesundes Leben ablehnen?"