Nachhaltigkeit
Klima & Umwelt

Fischsterben in Nebenkanal der Oder: Sorge vor erneuter Katastrophe steigt

Frankfurt Oder, 11.08.2020 - Fischsterben in der Oder, hier bei Frankfurt zwischen den Buhnenfeldern liegen die verschiedenen tote Fischrten, Zander, Heht, Bleie, Barben, Bsche und auch große Welse. F ...
In Nebenkanälen der Oder wurden erneut einige Hundert Kilo tote Fische geborgen. Die Sorge davor, dass sich die Umweltkatastrophe aus dem vergangenen Jahr wiederholen könnte, steigt.Bild: imago images/Winfried Mausolf
Klima & Umwelt

Hunderte Kilo tote Fische in Polen gefunden: Sorge vor erneuter Katastrophe steigt

15.06.2023, 12:31
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Der Fund mehrerer Hundert Kilo toter Fische in Nebenkanälen der Oder in Polen hat in Deutschland und Polen Alarmbereitschaft ausgelöst. Die Sorge davor, dass sich die Umweltkatastrophe von 2022 wiederholt, ist groß: Im August vor einem Jahr war es in dem deutsch-polnischen Grenzfluss Oder zu einer verheerenden Umweltkatastrophe gekommen, bei der mehrere Hundert Tonnen Fische starben.

Dead fish are pictured on the banks of the river Oder in Schwedt, eastern Germany, on August 12, 2022, after a massive fish kill was discovered in the river in the eastern federal state of Brandenburg ...
Im August vergangenen Jahres sind hunderte Tonnen toter Fische aus der Oder geborgen worden. Bild: AFP / ODD ANDERSEN

Ursache des Fischsterbens im vergangenen Jahr waren bisherigen Erkenntnissen zufolge Salzeinleitungen auf polnischer Seite in Verbindung mit hohen Temperaturen, einem niedrigen Wasserstand, dem Gift der Goldalge und Nährstoffeinleitungen aus der Landwirtschaft. Auch der Ausbau der Oder stellt ein zunehmendes Problem dar.

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Warnsignale mehren sich: Umweltkatastrophe könnte sich wiederholen

Als Anfang der Woche in dem von der Oder abzweigenden Gleiwitzer Kanal sowie dem Kedzierzyn-Kanal rund 450 Kilogramm tote Fische geborgen worden waren, wurden sofort Wasserproben entnommen. Das Ergebnis: die giftige Goldalge, die bereits im April und Mai in zwei Stauseen in der Nähe der Oder aufgetaucht war, konnte auch in den hiesigen Wasserproben nachgewiesen werden. Die Alarmglocken von Politiker:innen und Umweltexpert:innen schrillen.

"Dreimal tote Fische – das ist ein wichtiges Warnsignal, dass wir in Bereitschaft gehen müssen, und das Risiko einer Wiederholung der Situation vom letzten Jahr sehr hoch ist."
Polnische Umweltministerin Anna Moskwa

Erst vergangene Woche hatte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bei einer Konferenz zum Schutz der Oder dazu aufgerufen, mehr gegen die Salzeinleitungen zu unternehmen. Bis dahin hatte Polen sich ein Stück weit quergestellt.

05.06.2023, Brandenburg, Criewen: Steffi Lemke (l-r, Grüne), Bundesumweltministerin, Till Backhaus (SPD), Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern, Axel Vogel (Grüne), Umweltminister von Brandenburg  ...
Bundesumweltministerin Steffi Lemke half bei der Probenentnahme des Oder-Wassers.Bild: dpa / Patrick Pleul

Mit dem erneuten Fund toter Fische aber hat Polen reagiert – und einen Krisenstab einberufen. Laut dem polnischen Umweltministerium in Warschau soll der Krisenstab nun ein schnelles Handeln ermöglichen. Ziel soll es sein, die Entwicklung der toxischen Goldalge Prymnesium parvum zu stoppen.

"Dreimal tote Fische – das ist bereits ein wichtiges Warnsignal, dass wir in Bereitschaft gehen müssen, und das Risiko einer Wiederholung der Situation vom letzten Jahr sehr hoch ist", sagte Polens Umweltministerin Anna Moskwa am Mittwoch dem polnischen öffentlich-rechtlichen Radio. Schon jetzt ist die Wassertemperatur der Oder stark angestiegen. "Das ist der erste Faktor."

Fischsterben in der Oder könnte sich wiederholen – erste Indikatoren sind da

Vergangene Woche hatte Karsten Rinke, Leiter der Abteilung Seenforschung beim Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Magdeburg, gegenüber watson bereits vor einer Wiederholung der Umweltkatastrophe gewarnt:

"Wenn wir wieder wenig Wasser in der Oder haben, das Wasser also teilweise steht, und dazu der hohe Salzgehalt auftritt, dann ist die Tür wieder offen für dieses Problem."

Da Gewässer deutlich dynamischer seien als etwa Wälder oder Graslandschaften, sei es schwierig vorherzusagen, ob sich die Umweltkatastrophe wiederholen könnte. Entscheidend dafür, so betont der Experte gegenüber watson, sei es, ob auch dieses Jahr erneut die "multiplen Stressoren" zusammenkämen.

"Die Probleme unserer Gewässer sind ausschließlich menschengemacht."
Leiter der Abteilung Seenforschung beim UFZ, Karsten Rinke

Kernproblem eines kippenden Gewässers ist Rinke zufolge ein zu hoher Nährstoffgehalt. Die Folge: Es kommt zu einem verstärkten Algenwachstum – und damit zum Sauerstoffschwund. Allerdings kämen zumeist mehrere Stressoren zusammen: neben dem zu hohen Nährstoffgehalt auch der zu hohe Salzgehalt, Schadstoffe aus dem Abwasser sowie die Einwanderung neuer Arten und der gleichzeitige Verlust etablierter Arten.

Und wie bei fast allen geschwächten Ökosystemen spielen auch die Folgen der Klimakrise eine wesentliche Rolle beim Kippen von Gewässern: Denn Hitzestress und geringe Wasserstände schwächen das Ökosystem zusätzlich. Rinke sagt: "Die Probleme unserer Gewässer sind ausschließlich menschengemacht."

Krisenstab will Ausbreitung giftiger Goldalge verhindern

Um zu verhindern, dass sich die Stressoren mehren und die giftige Goldalge auch in der Oder auftritt, plädiert der Krisenstab dafür, Altarme der Oder vorübergehend abzuriegeln und in Rückhaltebecken natürliche Barrieren zu errichten. Die Einleitungen von Industrie- und Haushaltsabwässern in Abhängigkeit von den Wassermesswerten sollen systematisch gesteuert werden. Zudem werde eine Anreicherung des Wassers mit Sauerstoff empfohlen.

Der Leiter des Nationalparks Unteres Odertal im Nordosten Brandenburgs, Dirk Treichel, sagte, dass es gut sei, dass Polen aktiv sei und die Funde der Fischkadaver öffentlich mache. Zugleich blicke er mit Sorge auf den hohen Salzgehalt, der ein erneutes Hoch erreicht habe. "Es ist keine Verbesserung eingetreten", sagte er. Die Oder habe zudem Niedrigwasser, die Temperatur liege bei etwa 23 Grad.

Zahlreiche Stressoren haben dafür gesorgt, dass mehrere hundert Tonnen Fische 2022 gestorben sind.
Zahlreiche Stressoren haben dafür gesorgt, dass mehrere hundert Tonnen Fische 2022 gestorben sind. bild: imago / winfried mausolf

Veröffentlichte Messungen in der Oder bei Hohenwutzen ergaben zuletzt eine elektrische Leitfähigkeit von fast 1600 Mikrosimens pro Zentimeter. In Frankfurt an der Oder wurde gar ein Wert von mehr als 1900 gemessen. Die elektrische Leitfähigkeit im Wasser ist ein Indikator für den Gehalt von Salzen. Zur Zeit des massenhaften Fischsterbens in der Oder war der Wert von 800 auf mehr als 2000 Mikrosimens pro Zentimeter gestiegen.

(Mit Material der dpa)

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