Im Fernverkehr auf der Schiene tut sich was: Flixtrain, der größte Konkurrent der Deutschen Bahn auf langen Strecken, will in den nächsten Jahren kräftig aufstocken. Rund 30 neue Schnellzüge wurden beim spanischen Hersteller Talgo bestellt – mit Option auf 35 weitere. Insgesamt könnten also bis zu 65 neue Züge kommen. Kostenpunkt: bis zu 2,4 Milliarden Euro, inklusive Wartung.
Die neuen Züge sollen bis zu 230 km/h fahren und barrierefrei sein. Die Lokomotiven liefert Siemens. Wann genau die ersten Züge unterwegs sein werden, ist noch offen – so eine Bestellung dauert in der Regel mehrere Jahre.
Für Bahnreisende ist das laut Expert:innen ein gutes Zeichen. Dirk Flege vom Verband Allianz pro Schiene sagte: "Insbesondere im grenzüberschreitenden Schienenverkehr gibt es ein riesiges Potenzial." Flixtrain nutze diese Chance – Fahrgäste dürfen sich laut Flege also auf bessere Angebote freuen.
Flixtrain gehört zur Firma Flix aus München, die vor allem durch ihre grünen Fernbusse bekannt wurde. Im Fernverkehr hat die Bahn bisher fast ein Monopol – rund 95 Prozent Marktanteil. Nur wenige Anbieter wie die ÖBB oder einige Nachtzug-Firmen mischen mit.
Mit den neuen Zügen würde Flixtrain seine aktuelle Flotte etwa verfünffachen. Bisher betreibt das Unternehmen seine Züge zusammen mit Partnerfirmen. Flixtrain setzt vor allem auf stark nachgefragte Strecken – etwa von Berlin nach Köln, Hamburg, Frankfurt und nach Baden-Württemberg. Im Gegensatz zur Deutschen Bahn gibt es bei Flixtrain keinen festen Taktfahrplan.
Zwischen Berlin und Köln zum Beispiel fahren die Züge nur ein paar Mal am Tag – die Bahn bedient diese Verbindung mindestens einmal pro Stunde.
Flix-Chef André Schwämmlein macht klar: "Wir wollen nicht nur unseren Marktanteil erhöhen, sondern auch den Markt selbst deutlich vergrößern." Das Bahnangebot soll in den kommenden Jahren deutlich erweitert werden. Schwämmlein kündigte im "Spiegel" gar "eine neue Ära des Zugreisens in Deutschland und Europa" an.
Aus der Politik kommt Unterstützung für das Vorhaben. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) sagte: "Dass ein deutsches Tech-Unternehmen in dieser Größenordnung investiert, ist ein starkes Signal für den Schienenmarkt".
Der Bahnexperte Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin sieht ebenfalls Chancen, die die Flixtrain-Offensive mit sich bringen könnte: "Es dürfte dann weitere Angebote auf der Schiene geben, auch wenn diese dann etwas von den bekannten Routen abweichen." Seit langem etwa werde diskutiert, die Züge statt über den Frankfurter Hauptbahnhof über Frankfurt-Süd fahren zu lassen.
Möglich wären zudem etwa Verbindungen zwischen weniger überlasteten Stadtrandbahnhöfen, zum Beispiel von Hamburg-Harburg nach Berlin-Spandau oder München Pasing. "Flixtrain ist da variabler und kann mehr Nischen ausprobieren", meinte der Experte.
Und die Bahn selbst? Sie reagierte gelassen auf die Ankündigung der Konkurrenz. Ein Sprecher sagte: "Wettbewerb unter Eisenbahnverkehrsunternehmen belebt das Geschäft." Man stelle sich der Herausforderung.
Trotz der großen Pläne bleibt ein Risiko, denn schon jetzt sei das Netz zu voll. "Ein erhebliches Problem ist die Überlastung", sagte Bahnexperte Böttger. Viele spüren das täglich – durch Verspätungen und Zugausfälle. Dazu kommen steigende Trassenpreise, also Gebühren, die Bahnunternehmen für die Nutzung der Gleise zahlen müssen. "Das ist schon ein einigermaßen riskanter Schritt, da die Rahmenbedingungen komplett unklar sind", meinte Böttger.
(Mit Material der dpa)