Im Sommer 2022 sorgte eine Umweltkatastrophe im deutsch-polnischen Grenzfluss Oder und in der Weichsel für Aufsehen:
Millionen von toten Fischen trieben plötzlich im Juli und August im Flusswasser.
Zunächst wurde angenommen, die Alge hätte sich durch die mit der Klimakrise erhöhten Temperaturen entwickeln können.
Eine Gruppe polnischer Wissenschaftler machte nach ersten Untersuchungen dann eine für Fische giftige Algenblüte für das Fischsterben als Ursache ausfindig, die normalerweise nur in salzhaltigem Brackwasser vorkommt.
Wie sich jetzt nach einem Greenpeace-Bericht über ein halbes Jahr nach der Katastrophe herausgestellt hat, kam dieses Salzwasser über zu hohe Salzeinleitungen in die Oder von drei Bergwerken der polnischen Bergbaukonzerne Polska Grupa Górnicza (PGG) und Jastrzębska Spółka Węglowa S.A. (JSW). JSW ist der größte Kokskohle-Produzent in der Europäischen Union und einer der führenden Hersteller von Stahlschmelzkoks.
Für die aktuelle Untersuchung nahm ein polnisch-deutsches Greenpeace-Team an drei Zuflüssen zur Oder und sechs zur Weichsel insgesamt 57 Wasserproben. Ihr Ergebnis: Das salzhaltige Wasser begünstigt giftige Algenarten, wie Prymnesium parvum, die bei hohen Wassertemperaturen allem Anschein nach das Fischsterben ausgelöst hat. In einem der untersuchten Fischkadaver konnte ein von Greenpeace beauftragtes Labor im Herbst Spuren des Algentoxins in den Kiemen nachweisen.
JWS, das mehrheitlich im staatlichen Besitz ist, wies bis vor Kurzem noch jegliche Verantwortung für die Oder-Umweltkatastrophe im Sommer 2022 von sich. Erst vergangenes Wochenende gab JSW dann erstmals zu, ununterbrochen Salzwasser aus den oberschlesischen Bergbaugruben in mehrere Zuflüsse der Oder eingeleitet zu haben.
Doch dieses Vorgehen sei auf Basis wasserrechtlicher Genehmigungen durch das Landesamt für Wasserwirtschaft Wody Polskie "in einer für die Umwelt sicheren Art und Weise" abgelaufen und damit "völlig legal" gewesen, wie JWS betont: Das salzhaltige Grubenwasser werde abgepumpt, um die Kohle abbauen zu können, in speziellen Wasserkollektoren gesammelt und über Düsen im Flussbett kleiner und größerer Wasserläufe entsorgt. Beim Entsalzen des Grubenwassers falle dann Kochsalz als Nebenprodukt der Kohle an.
Dieses Salz besitze sogar eine Zertifizierung als Nahrungsmittel, hieß es nach Angaben von JWS. Allein im Jahr 2022 produzierte JSW eigenen Angaben zufolge 67.000 Tonnen Kochsalz. Das restliche Salz im Kohlegrubenwasser, das nicht genutzt werden könne, werde dann "kontrolliert" in die Oderzuflüsse eingeleitet. Zudem werde die Salzkonzentration im Wasser an der Kontrollstation in Krzyżanowice permanent überwacht und könne dort auch reguliert werden, wie die Firma angab.
Dieser Ort liegt jedoch in der Nähe der polnisch-tschechischen Grenze und damit fernab von der eigentlichen Unfallstätte im Sommer 2022. Von Krzyżanowice kommt die Oder laut Greenpeace-Bericht in der höchsten Wasserqualitätsstufe 1 in Polen an. Nach dem Durchqueren des oberschlesischen Industrie- und Kohlereviers sei das Wasser der Oder jedoch so schmutzig, dass es außerhalb jeder messbaren Qualitätsstufe liege, wie Greenpeace schreibt.
Bisher äußerten sich weder der Bergbaukonzern Polska Grupa Górnicza (PGG), noch das Landesamt für Wasserwirtschaft (Wody Polskie) zu den schwerwiegenden Greenpeace-Vorwürfen. Das Klima-und Umwelt-Ministerium sowie Polens Premierminister Mateusz Morawiecki revidierten ihren Ursachenbericht bisher auch noch nicht.
(Mit Material der dpa)