
Alles Müll.Bild: dpa / Rolf Vennenbernd
watson antwortet
Ein geplanter Vertrag gegen die globale Plastikverschmutzung ist vorerst gescheitert. Von einem Scherbenhaufen wollte in den frühen Morgenstunden in Genf zwar niemand sprechen, doch das Ergebnis nach gut zehn Tagen Abschlussverhandlungen ist dürftig.
15.08.2025, 10:1915.08.2025, 10:19
Plastik ist überall: Unsere Lebensmittel sind darin verpackt, viele Kinderspielzeuge bestehen noch immer daraus und sogar einige unserer Kleidungsstücke haben einen großen Plastikanteil.
Aber der Rohstoff, der aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken ist, darf längst als enorme Gefahr für unseren Planeten bezeichnet werden. In Meeren treiben riesige Müllteppiche, winzige Mikroplastikpartikel finden sich in Fischen, im Trinkwasser – und mittlerweile sogar im menschlichen Körper. Vor allem Länder an der Küste und mit schwacher Abfallwirtschaft sind durch das Problem zunehmend bedroht.
Entsprechend dringlich schien ein Mandat, das sich 184 Länder bereits im Jahr 2022 gegeben hatten: Gemeinsam wollten sie in Genf ein globales Plastikabkommen erarbeiten, das Vorgaben für den gesamten Lebenszyklus des Plastiks umfasst, von der Produktion über das Design bis zur Entsorgung.
Am frühen Freitagmorgen aber war endgültig klar: Die Verhandlungen sind gescheitert, ein Abkommen vorerst vertagt. Aber was bedeutet das konkret?
Worum ging es bei den Verhandlungen?
Die Verhandlungen in Genf folgten auf gescheiterte Gespräche im südkoreanische Busan im vergangenen Dezember. Diese Gespräche hätten eigentlich bereits die letzte Verhandlungsrunde für ein Plastikabkommen sein sollen.
Bei der zehntägigen Konferenz in Genf hatten die Unterhändler nun auf einen Durchbruch gehofft. Ausgehandelt werden soll ein rechtlich verbindlicher Vertrag, um die Unmengen von Plastikabfall, die Ökosysteme zerstören und die Gesundheit der Menschen gefährden, einzudämmen. An mehreren Stellen war in Anspielung auf das Pariser Klimaabkommen bereits von einem "Paris-Vertrag für Plastik" die Rede.
Der Vorsitzende der Konferenz, Luis Vayas Valdivieso, hatte am Mittwoch einen Entwurf für das Abkommen vorgelegt, der jedoch von allen Seiten abgeschmettert wurde. Mit Spannung wurde am Donnerstag erwartet, ob Valdivieso noch einen neuen, drastisch überarbeiteten Entwurf vorstellen würde.
Im Fokus sollte bei dem Abkommen vor allem die Produktion von Plastik und ein entsprechender Wandel für bessere Umweltverträglichkeit stehen. Doch genau hier stießen die unterschiedlichen Fronten bei den Verhandlungen aneinander.
Warum ist das Plastikabkommen in Genf gescheitert?
Streit über das Abkommen findet seit Monaten zwischen zwei Gruppen statt: Deutschland und mehr als 100 weitere Länder wollen die Plastikproduktion auf ein nachhaltiges Niveau begrenzen. Dazu zählen Maßnahmen wie das Verbot von Einwegplastik und der Fokus auf wiederverwendbare Produkte, Recycling und Kreislaufwirtschaft.
Auf der anderen Seite stehen Länder, die den Rohstoff für das Plastik haben: Öl. Darunter sind Saudi-Arabien, der Iran und Russland. Diese Länder tun alles, um Produktionsbeschränkungen zu verhindern.
Für sie war jede auch nur angedachte Erwähnung einer Beschränkung der Produktion ein rotes Tuch. "Eine Lösung wird konsequent von der Öl- und Gasindustrie blockiert", sagte Moritz Jäger-Roschko, Plastikexperte von Greenpeace.

Gerade in Küstennähe ist Plastik ein enormes Problem.Bild: ZUMA Press Wire / Dimas Rachmatsyah
Nach einer Zählung der Organisation Center for International Environmental Law (CIEL) waren 234 Lobbyist:innen der petrochemischen Industrie bei den Verhandlungen dabei, teils als Mitglieder der Delegationen, teils als Beobachter:innen. Das seien mehr gewesen als die Mitglieder der diplomatischen Delegationen der 27 EU-Länder zusammen.
Streit gab es unter anderem auch über die Finanzierung der Länder des Globalen Südens für die Umsetzung von Recyclinglösungen.
In der Nacht zum Freitag war ein neuer Kompromisstext vorgelegt worden. Er enthielt nach zehn Tagen intensiver Verhandlungen jedoch noch mehr als hundert zu klärende Punkte. Bei einer informellen Sitzung konnten die Delegationsleiter:innen keine Einigung erzielen.
Wie geht es jetzt nach Genf weiter?
Ganz aufgegeben hat man in Genf allerdings noch nicht. Es soll weitergehen, vielleicht mit einer weiteren Verhandlungsrunde, wie die EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall vorschlug. "Die Welt braucht dringend eine Einigung", sagte Roswall.
Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, sagte: "Ich hätte mir mehr gewünscht, und mehr wäre möglich gewesen. Die unterschiedlichen Interessen liegen aber noch immer weit auseinander."
Es lohne sich aber, weiterzuverhandeln. Deutschland und seine Partner in der Europäischen Union würden "weiterhin alles dafür tun und Brücken bauen, damit wir in einer finalen Runde wirklich zum Abschluss kommen", erklärte Flasbarth weiter. "Die Staatenvertreter haben das gemeinsame Verständnis, dass wir ein globales Problem auch auf dieser Ebene lösen müssen." Die Verhandlungsrunde in Genf ist allerdings zu Ende.
"Kein Abkommen ist in diesem Fall besser als eines, das den Status quo auf UN-Ebene zementiert, anstatt eine echte Lösung für die Plastik-Krise zu sein", betonte allerdings Florian Titze von der Umweltstiftung WWF.
Zur Verschmutzung durch Plastik gibt es viele Zahlen. Einen großen Teil der Kunststoffproduktion machen laut Bundesumweltministerium Einwegprodukte aus, darunter Verpackungen.
Deutschland ist der größte Plastikproduzent in Europa. Die gesammelten Kunststoffabfälle werden nach Angaben des Umweltministeriums aber nahezu vollständig verwertet, entweder als Grundstoff für neue Produkte oder zur Energieproduktion.
Insgesamt seien bislang 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoff produziert worden und davon 6,3 Milliarden Tonnen zu Abfall geworden, der großenteils auf Deponien landete. In Flüssen und Ozeanen haben sich nach Schätzungen weltweit 152 Millionen Tonnen Plastikabfälle angesammelt.
(mit Material der dpa)
Die Wasserqualität in der Seine hat sich deutlich verbessert. Sogar Hechte konnten dort wieder beobachtet werden.
Die Seine in Paris hatte jahrelang einen schlechten Ruf. Wegen der niedrigen Wasserqualität litten Flora und Fauna, im Fluss zu baden, wurde verboten.