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Fifa: Gianni Infantino erneut gewählt – wie er Verbände von sich abhängig macht

DOHA, QATAR - DECEMBER 17: Gianni Infantino President of FIFA during the World Cup match between Croatia v Morocco at the Khalifa International Stadium on December 17, 2022 in Doha Qatar (Photo by Ric ...
Gianni Infantino ist seit Februar 2016 Präsident der Fifa. Am Donnerstag wurde er erneut gewählt.Bild: Getty Images Europe / Soccrates Images
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Infantino erneut zum Fifa-Präsidenten gewählt: So macht er kleine Verbände von sich abhängig

16.03.2023, 10:0116.03.2023, 10:10
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Gianni Infantino ist wohl einer der meist diskutierten Personen im internationalen Fußball. Rund um die Weltmeisterschaft im vergangenen Winter war seine Nähe zu Katar ein großer Angriffspunkt. Damit verbunden ist die Kritik daran, dass die Fifa zu wenig Wert auf die Menschenrechte in Katar gelegt habe.

Auch seine Nähe zu Wladimir Putin oder Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman, der für die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi verantwortlich ist, sorgt für Empörung. Dazu ermitteln bis jetzt Schweizer Staatsanwälte wegen Machtmissbrauch, Geheimnisverrat und Vorteilsannahme gegen den 52-Jährigen.

Keine Infantino-Unterstützung von Norwegen

Nicht wirklich überraschend kommt daher auch die Ankündigung von Norwegens Fußball-Verbandspräsidentin Lise Klaveness vor dem Fifa-Kongress in Kigali (Ruanda). Gegenüber der "Sportschau" sagt sie klar: "Wir werden ihn nicht wählen."

Denn an diesem Donnerstag stand die Wahl eines neuen Fifa-Präsidenten an. Eine Überraschung gab es nicht. Infantino war der einzige, der sich zur Wahl gestellt hat. Der Schweizer freut sich daher über seine nächste Amtszeit und wird bis mindestens 2027 die Geschicke des Fußball-Weltverbands leiten – trotz großer Kritik. Gerade innerhalb Europas.

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Doch hier liegt die Besonderheit bei dieser Wahl. Die Kritik kommt fast ausschließlich aus Europa. Bisher haben sich nur der europäische Fußballverband (Uefa) und der für Nordamerika, Mittelamerika und die Karibik (Concacaf) noch nicht öffentlich für Infantino ausgesprochen. Asien, Afrika, Ozeanien und Südamerika stehen einstimmig hinter Infantino.

"Ich kann versichern, dass wir geschlossen hinter seiner Kandidatur stehen", sagte beispielsweise Asiens Verbandschef (AFC) Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa. Dadurch kann sich Infantino der 46 Stimmen des AFC sicher sein. Hinzukommen die 54 Stimmen aus Afrika, zehn aus Südamerika und elf aus Ozeanien. Heißt: 121 der 211 Stimmen hat er schon sicher.

Aus dem nordamerikanischen und dem europäischen Verband werden weitere Stimmen hinzukommen. Nur eine Handvoll Verbände sehen sich in der Opposition zu Infantino. Die norwegische Verbandschefin Lise Klaveness hat als eine der wenigen offen gesagt, dass sie Infantino nicht wählen wird. Nachdem der Deutschen Fußball-Bund (DFB) zunächst zögerte, erklärte er Präsident Bernd Neuendorf am Mittwoch, dass der Verband den Fifa-Boss nicht unterstützen wird.

"Wir haben in den vergangenen Wochen zu verschiedenen Fragestellungen von der FIFA keine oder nur unzureichende Informationen erhalten. Die FIFA muss im Umgang mit den nationalen Verbänden deutlich offener und transparenter werden."

Auch Schweden und Dänemark werden Infantino nicht unterstützen. Einen Gegenkandidaten auf dem Stimmzettel schicken sie aber nicht ins Rennen. Da er keine Chance hätte, wäre es laut Neuendorf "sinnlos".

Infantino erneut per Applaus gewählt

Da Infantino der einzige Kandidat ist, erlauben die Fifa-Statuten eine Wahl per Akklamation, also durch einen zustimmenden Applaus. So wurde er bereits 2019 in seinem Amt bestätigt und nun auch wieder.

Das Besondere am Fifa-Wahlsystem ist aber weniger die Abstimmung per Applaus, sondern viel mehr die Stimmenverteilung. Der DFB, mit rund 24.000 Vereinen und sieben Millionen Mitgliedern, hat eine Stimme. Genauso viele hat auch Fußballverband der Karibikinsel Aruba.

ARCHIV - 01.03.2023, Berlin: Bernd Neuendorf, Pr�sident des Deutschen Fu�ball-Bundes (DFB), kommt zur Sitzung des Sportausschusses des Bundestags. Neuendorf kn�pft die deutsche Stimme f�r FIFA-Pr�side ...
DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat bei der Wahl zum Fifa-Präsidenten genauso viele Stimmen wie Arubas-Präsident.Bild: dpa / Britta Pedersen

Die Insel hat ungefähr 100.000 Einwohner. 2500 davon spielen Fußball, wie Egbert Lacle, Präsident des Fußball-Verbandes von Aruba, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk-Podcast "Players" erzählte. "Man kann das mit einer kleinen Stadt in Deutschland vergleichen. Nur, dass wir Fifa-Mitglied sind und eine Nationalmannschaft haben und dadurch große Verantwortung", verdeutlicht Lacle.

Er wird Infantino besonders aus einem Grund wählen: Der Schweizer garantiert Lacle Geld für seinen Fußballverband. Der Funktionär erklärt etwas ausführlicher: "Als eine kleine Fußball-Nation haben wir keinen großen Markt, anders als Deutschland. Sowohl was Spieler angeht, als auch wirtschaftlich. Wir sind zu 90 Prozent von Fifa-Geldern abhängig."

Laut Lacle habe der Fußballverband von Aruba zwischen 2019 und 2022 4,6 Millionen US-Dollar von der Fifa erhalten. Eine enorme Summe für den kleinen Verband, die in der kommenden Amtszeit von Infantino noch steigen könnte. Der Schweizer möchte nämlich die Auszahlungen an die Nationalverbände weiter erhöhen.

"Das Geld der Fifa ist euer Geld. Es ist nicht das Geld des Fifa-Präsidenten. Es ist euer Geld."
Gianni Infantino 2016 bei seiner Bewerbungsrede

Das hatte Infantino bereits bei seiner Bewerbungsrede 2016 angekündigt. "Das Geld der Fifa ist euer Geld. Es ist nicht das Geld des Fifa-Präsidenten. Es ist euer Geld. Ihr seid die nationalen Verbände und das Geld der Fifa muss für die Entwicklung des Fußballs dienen und nichts anderes", hatte er damals angekündigt.

Zumindest dieses Versprechen löste er gegenüber den Mitgliedern ein. Zwischen 2016 und 2018 schüttete der Weltverband 1,07 Milliarden US-Dollar an die 211 Nationalverbände aus. Zwischen 2019 und 2022 waren es schon 1,747 Milliarden US-Dollar. Für den kommenden Zeitabschnitt von 2023 bis zur WM 2026 in Kanada, den USA und Mexiko sollen es sogar 2,3 Milliarden US-Dollar werden.

Den Vorwurf, dass Infantino durch die Beiträge an die Nationalverbände sich die Zustimmung der kleinen Fifa-Mitglieder kauft, versucht Lacle zu entkräften. Er erklärt im Deutschlandfunk: "Natürlich erhöht es die Unterstützung, aber die Fifa hat die Vorgaben verstärkt, damit wir die Unterstützung erhalten."

Demnach hätte Aruba sogar rund 2,4 Millionen US-Dollar mehr bekommen können, hatte aber keine ausreichenden Infrastruktur-Projekte angemeldet.

Klaveness kritisiert nicht eingehaltene Versprechen

Sein Geld-Versprechen hat Infantino zwar gehalten, viele andere jedoch nicht. Zumindest, wenn es nach der norwegischen Verbandschefin Klaveness geht. Gegenüber der Sportschau konkretisiert sie, was sie von Infantino erwartet hatte: "Als er gewählt wurde, war er sehr klar: Die Transparenz sollte verbesser werden, die Menschenrechtslinien sollten umgesetzt werden, Distanz zu Staaten sollte gewahrt werden."

Gerade im Hinblick auf die Nähe zu Katar, Saudi-Arabien oder auch Russland können diese Ziele als verfehlt angesehen werden. Klaveness kommt daher auch zu dem Schluss: "Wir glauben, dass er viele Gelegenheiten verpasst hat, die Änderungen, für die er gewählt wurde, wirklich umzusetzen."

Wofür er sich allerdings eingesetzt hat, ist die Klärung über die Anzahl seiner Amtszeiten. Ein Fifa-Präsident darf laut Statuten lediglich drei volle Amtszeit über je vier Jahre seine Position innehaben. Seit 2016 ist er im Amt, dennoch stellt seine anzunehmende Wiederwahl am Donnerstag erst den Beginn seiner zweiten Amtszeit dar.

Die Erklärung ist relativ simpel. Das Fifa Council hatte bereits im Dezember geklärt, dass die Zeit von 2016 bis 2019 nicht als offizielle Amtszeit gelte. Damals übernahm er lediglich für den zurückgetretenen Joseph Blatter. Daher könnte Infantino auch 2027 bei der nächsten Präsidentschaftswahl antreten und vermutlich durch Versprechungen nach noch mehr Geldern für die Nationalverbände sogar bis 2031 die Fifa führen.

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