Sport
Analyse

Formel 1: Langweilige Red-Bull-Dominanz? Wie sich die Kräfte künftig verändern

F1 Grand Prix of Belgium Max Verstappen of Red Bull Racing Honda celebrate victory during race of Belgian GP, 13th round of FIA Formula 1 World Championship, WM, Weltmeisterschaft in Spa-Francorchamps ...
Ein häufiges Bild in der aktuellen Saison: Max Verstappen fährt im Red Bull allen davon und jubelt am Ende bei der Siegerehrung.Bild: Imago Images / NurPhoto
Analyse

Formel 1: Langweilige Red-Bull-Dominanz? Wie sich die Kräfte in Zukunft verändern könnten

27.08.2023, 09:46
Mehr «Sport»

125 Punkte. So groß ist der Vorsprung von Max Verstappen als Führender in der Formel-1-Fahrerwertung auf seinen Teamkollegen Sergio Pérez, den Zweitplatzierten, vor dem Auftakt der zweiten Saisonhälfte in Zandvoort (Sonntag, 15 Uhr). Der Niederländer könnte demnach seine Sommerpause noch um rund sechs Wochen verlängern und erst am Rennwochenende in Katar Anfang Oktober einsteigen. Selbst dann hätte er immer noch mindestens 21 Zähler Vorsprung vor Pérez.

Die aktuelle Saison ist geprägt vom Erfolg von Red Bull. Kein anderes Team konnte bisher ein Rennen gewinnen – nicht mal eines der bisherigen drei Sprintrennen. Immer hieß der Sieger Verstappen oder Pérez. Dabei stand der Niederländer zwölfmal ganz oben auf dem Podium, inklusive Sprintrennen. Pérez dreimal.

Formel 1: WM-Kampf von Verstappen schon frühzeitig entschieden

Trotzdem ist die Formel 1 nicht langweilig. Das findet zumindest Sky-Kommentator Sascha Roos. Gegenüber watson räumt er zwar ein: "Der WM-Kampf ist nicht wirklich spannend. Die Wahrscheinlichkeit, dass Max Verstappen bald den Deckel drauf macht, ist hoch."

Trotzdem sieht er auch die attraktiven Momente der Motorsport-Königsklasse und vergleicht sie mit dem Fußball: "Auch beim Fußball ist es ja oft so, dass der FC Bayern durchmarschiert. Deshalb ist ein Spiel zwischen Bremen und Stuttgart nicht langweilig. Ich sehe es ähnlich in der Formel 1. Wir haben dort tolle Positionskämpfe und es ist nicht vorhersehbar, wer auf Platz zwei, drei oder vier ins Ziel kommt."

"Ferrari und Mercedes haben einfach einen schlechten Job gemacht. Wie auch immer Red Bull es hinbekommen hat, aber man muss es akzeptieren."
Sky-Kommentator Sascha Roos zur Überlegenheit von Red Bull.

Demnach sei besonders der Kampf hinter Red Bull interessant. Klar ist aber dennoch auch, dass eine spannende Meisterschaft der Formel 1 guttäte. Bloß, wie kommt die Spannung zurück? Zur Saison 2022 gab es umfassende Regeländerungen. Das "Motorsport Magazin" sprach sogar von einer "Regel-Revolution". Diese Revolution hat den aktuellen Red-Bull-Erfolg erst möglich gemacht.

"Ferrari und Mercedes haben einfach einen schlechten Job gemacht. Wie auch immer Red Bull es hinbekommen hat, aber man muss es akzeptieren", legt Roos den Finger in die Wunde und macht damit klar, dass sich Red Bull am besten auf die neuen Bestimmungen vorbereitet hat.

Neu: dein Watson-Update
Jetzt nur auf Instagram: dein watson-Update! Hier findest du unseren Broadcast-Channel, in dem wir dich mit den watson-Highlights versorgen. Und zwar nur einmal pro Tag – kein Spam und kein Blabla, versprochen! Probiert es jetzt aus. Und folgt uns natürlich gerne hier auch auf Instagram.

Jetzt, mit einer nächsten großen Regeländerung zu reagieren und auf ein neues Gleichgewicht der Teams zu hoffen, findet Roos allerdings falsch. Er setzt darauf, dass sich die Kräfteverhältnisse von selbst regeln. Ein wichtiger Punkt könnte dabei die Zeit im Windkanal sein, die die Teams dort verbringen dürfen. Je nach Platzierung dürfen die Konstrukteure mit ihren Autos dieses Instrument nutzen.

Dabei gilt die einfache Regel: Das schwächste Team bekommt am meisten Zeit im Windkanal, das stärkste – aktuell Red Bull – am wenigsten. Die Zeit ist enorm wichtig, um das Auto weiterzuentwickeln und Erkenntnisse zu gewinnen. Deshalb werden die Zeiten im Windkanal einmal vor der Saison aufgrund des Ausgangs der vergangenen Meisterschaft angepasst, ein zweites Mal während der Saison, in diesem Jahr am 1. Juli.

Aufgrund dieser Verschiebungen könnte es zu Veränderungen bei den Kräfteverhältnissen kommen. "Viele Menschen im Fahrerlager – seien es Ingenieure oder Experten – sind der festen Überzeugung, dass sich das Niveau in der kommenden Saison zusammenschieben und es dann spannend wird", erklärt Roos die aktuelle Stimmung innerhalb der Formel-1-Szene.

TV-Quoten der Formel 1 in Deutschland leicht rückläufig – Streams nehmen zu

Dabei könnte sich auch ein Effekt bemerkbar machen, durch den Red Bull zusätzliche Nachteile haben könnte. Weil das Reglement zunächst unverändert bleibt und Red Bull sein Auto bereits auf einem sehr hohen Niveau habe, sei es nun umso schwieriger, die nächsten Prozentpunkte herauszukitzeln. "Ist dein Bolide aber erst bei 80 Prozent, erreichst du diese drei Prozent schneller. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Teams mehr zusammenrücken."

Das wäre auch im Sinne der deutschen Formel-1-Fans. Denn die freuen sich über einen spannenden Titelkampf, was sich letztlich auch in den TV-Quoten widerspiegelt. Die Zahlen bei Sky seien im Vergleich zum vergangenen Jahr nicht viel schlechter. "Es ist etwas weniger, aber oftmals werden nur die linearen Zahlen veröffentlicht. Die Anzahl der Menschen, die es streamen, steigt aber immer mehr an. Das ist auch analog zum Zuschauerpublikum: Das wird immer jünger", erklärt Roos gegenüber watson.

"Mir ist aufgefallen, dass gerade die jüngeren Fans nicht das rein deutsche Denken haben. Sie brauchen nicht den deutschen Helden."
Sky-Kommentator Sascha Roos über die Gewohnheiten der deutschen Formel-1-Fans.

Dazu käme, dass auch andere Länder einen Rückgang der TV-Quote spüren würden aufgrund der Dominanz von Max Verstappen. Beispielsweise Sky in England. Das lege aber nicht an einer Langeweile an sich, denn "die Rennen vor Ort sind auch weiter ausverkauft". Immer wieder würden sogar neue Rekorde aufgestellt werden.

Was sich mit den jungen Zuschauer:innen laut Roos zusätzlich ändert, ist der Blick der Fans auf die Fahrer, die als Idole gelten. "Mir ist aufgefallen, dass gerade die jüngeren Fans nicht das rein deutsche Denken haben. Sie brauchen nicht den deutschen Helden, sondern feiern Lando Norris, Charles Leclerc oder Alex Albon ab", schildert der 51-Jährige.

Besonders in der aktuellen Zeit sieht Roos es als gutes Zeichen, "dass gerade die jungen Fans nicht auf die Nationen gucken, sondern auf die Persönlichkeiten der Fahrer." Diese Persönlichkeiten zeigen die Piloten selbst auf ihren Social-Media-Kanälen und mit dem, was sie zeigen, würden sie sich von Fußball-Profis abheben. "In der Formel 1 sind die Inhalte breiter gefächert", stellte Roos fest.

LECLERC Charles mco, Scuderia Ferrari SF-23, portrait GASLY Pierre fra, Alpine F1 Team A523, portrait NORRIS Lando gbr, McLaren F1 Team MCL60, portrait during the 2023 Formula 1 Aramco British Grand P ...
Die jungen Fahrer um Lando Norris (v.l.), Charles Leclerc und Pierre Gasly sind bei jungen Formel-1-Fans beliebt.Bild: Imago Images / PanoramiC

Wenig später ergänzte er: "Lando Norris ist sich nicht zu schade, sich in seinem Simulator zu filmen und im Hintergrund sieht man einen Wäscheberg. Charles Leclerc zeigt sich mit Stirnbrand und Brille und teilt im Stream, dass seine Freundin ohne Schlüssel vor der Tür wartet und er sie nicht gehört hat." All das demonstriere den Fans, dass auch die Piloten normale Menschen sind. Da störe es auch nicht, wenn die Fahrer im Sommer Bilder von einer Yacht posten würden, weil sie "vielseitiger" seien.

Trotz allem würde natürlich auch ein erfolgreicher deutscher Fahrer für mehr Zuspruch beim deutschen Publikum führen. Dann würden sich wohl mehr Fans die Rennen laut Roos angucken. Mit Nico Hülkenberg gibt es aktuell nur einen deutschen Stammpiloten in der Formel 1. Der 36-Jährige kehrte zu Saisonbeginn nach drei Jahren als Testfahrer fest zurück in ein Cockpit und macht seine Sache laut Roos sehr gut.

"Sein erstes Halbjahr sehe ich sehr gut. Mir war nicht mehr bewusst, dass er so ein unfassbar guter Qualifier ist. Da zeigt er immer wieder seine Klasse, wie in Spielberg, wo er im Sprintrennen Punkte geholt hat", bewertet Roos die erste Saisonhälfte. Als Belohnung wurde vor dem Rennen in Zandvoort bekannt, dass Haas und Hülkenberg auch 2024 die Zusammenarbeit fortsetzen. Der Sky-Kommentator findet allerdings auch, dass Hülkenberg gerade im Rennen noch seine Reifen zu sehr abnutzt und schonender fahren müsse.

Klar ist aber auch: Selbst mit gutem Reifen-Management wird Hülkenberg im Haas die Red-Bull-Dominanz nicht durchbrechen. Sein Team zählt zu den schwächeren. Wenn Hülkenberg selbst mit gutem Reifen-Management die Red-Bull-Dominanz durchbrechen wird, weil der Haas noch immer zu den schwächeren Autos zählt, würde auch eine Verbesserung des einzigen Deutschen im Fahrerfeld der Formel 1 guttun.

FC Bayern: Leon Goretzka spricht über harte Phase in München

Auf den FC Bayern kommen die wichtigsten Spiele der Saison zu. Am Dienstag steht das Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen Real Madrid an, gut eine Woche später folgt das Rückspiel in Madrid. Für die Münchner ist die Königsklasse die einzige Möglichkeit, um die Saison doch noch mit einem Titel zu beenden.

Zur Story