Der neue Modus der Champions League hat in dieser Saison nicht nur die Gruppenphase durch ein Ligasystem ersetzt, er hat auch die K.-o.-Phase verändert. Schon im Achtelfinale können Mannschaften aus demselben Verband aufeinandertreffen. Und das ist auch direkt der Fall, denn der FC Bayern trifft auf Bayer Leverkusen.
Es ist das Gipfeltreffen des deutschen Fußballs, die beiden aktuell besten Teams der Bundesliga streiten im direkten Duell um den Einzug ins Viertelfinale. In der Bundesliga sind die Bayern der Werkself zwar um acht Punkte enteilt, im DFB-Pokal aber hat Leverkusen die Münchener rausgeschmissen. Und in der Vorsaison sicherte sich Bayer gar das Double.
Fans, Expert:innen und natürlich auch die Spieler selbst fiebern den beiden Begegnungen daher entgegen. Wir verraten dir fünf Aspekte, auf die es im direkten Duell ankommen wird.
In den vergangenen Tagen wurde vor allem über den Mittelfeldstrategen des FC Bayern, Joshua Kimmich, geschrieben. Dessen Vertragsverlängerung hängt schließlich weiterhin in der Luft, in der Liga musste er zuletzt zudem aussetzen.
Wie ein Schweizer Uhrwerk liefert indes Granit Xhaka ab. Der Sechser stand diese Saison bisher in jedem Pflichtspiel der Werkself auf dem Rasen. Wie schon in der Vorsaison präsentiert er sich dabei als zuverlässiger Denker und Lenker.
"Ich bin fit. Vielleicht fitter als letztes Jahr", sagte der Leverkusener nach dem jüngsten 4:1-Erfolg in Frankfurt bei Sky. Ihm persönlich komme die dominante Spielweise unter Xabi Alonso entgegen. Ihm hilft aber auch eine Eigenheit, die er sich bei Toni Kroos abgeschaut hat:
Falls der Einfluss von Weltmeister Toni Kroos für Bayer Leverkusen noch nicht genug sein sollte, kann die Werkself auch noch auf Insiderinformationen zurückgreifen. Denn Nathan Tella kennt Bayern-Trainer Vincent Kompany bestens.
Beide arbeiteten einst beim FC Burnley zusammen, stiegen in der Saison 2022/23 gemeinsam in die Premier League auf. "Er hat meine Karriere gerettet, mir eine zweite Chance gegeben. Davor habe ich stagniert", blickte der Offensivspieler zuletzt bei US-Sender ESPN auf die Zeit unter Kompany zurück. "Ich danke ihm, dass er mir diese Gelegenheit gegeben hat."
Dabei berichtete er vor allem von der direkten Art des Belgiers und wie er mit seinem Auftreten das Vertrauen der Spieler gewann. Tella dürfte gewiss auch die eine oder andere Schwachstelle im Kompany-Fußball kennen. Klar ist für ihn ohnehin: "Ich hoffe, dass wir ihn schlagen können."
"Florian Wirtz ist für mich der beste Spieler Deutschlands", sagte Karl-Heinz Rummenigge, Aufsichtsratsmitglied des FC Bayern, kürzlich der "Abendzeitung München". Das könne er so doch nicht sagen, hielt Lothar Matthäus sinngemäß dagegen. Ganz konkret sagte der TV-Experte bei Sky: ''Das ist ein Schlag ins Gesicht für Jamal Musiala.''
Im DFB-Team wirbeln Wirtz und Musiala als Wusiala Seite an Seite, in der Champions League gehen sie nun aber ins direkte Duell. Für Fans und Expert:innen Grund genug, darüber zu diskutieren, wer von den beiden denn nun der bessere ist.
"Beide machen in jungen Jahren besondere Dinge, die man vorher lange in der Bundesliga nicht gesehen hatte. Ich würde mich auf keinen festlegen", hielt sich Matthäus mit einer finalen Einschätzung in seiner Sky-Kolumne zurück. Demnach hätten beide auch mal leichte Aufs und Abs.
Schon vor dem Anpfiff des Hinspiels scheint klar, dass die Mannschaft mit dem formstärkeren Youngster am Ende auch die besseren Karten aufs Weiterkommen hat.
Wobei sowohl Wirtz als auch Musiala primär für das Kreieren der Torchancen zuständig sind. Die Tore sollen am Ende andere schießen. Der FC Bayern setzt hierbei vor allem auf Harry Kane, Bayer Leverkusen auf Patrik Schick.
Auf den ersten Blick scheint der Engländer die Nase hierbei vorne zu haben. Seit seinem 95-Millionen-Euro-Transfer nach München im Sommer 2023 trifft er so, wie sich die Bayern das erhofft haben. 73 Treffer in 78 Partien sind eine famose Bilanz, dazu kommen 22 Vorlagen. Das Geld hat der FCB gut angelegt.
In den vergangenen Monaten sind aber durchaus auch Zweifel an Kane aufgekommen. Zwischen Ende November und Ende Januar blieb er ohne Tor aus dem Spiel heraus, in den jüngsten vier Partien blieb er gänzlich ohne eigenen Treffer. Harry Kane präsentierte sich zuletzt also eher wie ein laues Lüftchen.
Bei Schick sieht die Formkurve ganz anders aus. Klammert man seine beiden Kurzeinsätze gegen Wolfsburg und Bayern aus (insgesamt nur 15 Minuten Spielzeit), hat der Tscheche in den vergangenen Wochen immer Tore abgeliefert.
In Ligaspielen, in denen Schick mindestens 45 Minuten zum Einsatz kam, hat er fünfmal in Folge getroffen. Im Pokalviertelfinale hat er Bayer mit einem Doppelpack in die Verlängerung gerettet. Seine Quote in der Bundesliga ist aktuell sogar besser als die von Kane. Der Bayern-Stürmer trifft alle 82 Minuten, der Leverkusener alle 61 Minuten.
Gleichwohl leitet sich daraus auch eine Unsicherheit ab: Es ist nicht ganz klar, wie viel Einsatzzeit Schick tatsächlich bekommt. Xabi Alonso variiert gerade in seinem Ansatz gegen die Bayern gerne, kam im jüngsten Ligaduell bis in die Schlusssekunden ohne echten Neuner aus.
Es ist also nicht ausgeschlossen, dass Schick trotz dieser tollen Zahlen nur auf der Bank sitzt – neben Victor Boniface.
Im Tor wiederum, das ist völlig klar, muss jedem taktischen Experiment zum Trotz ein Keeper stehen. Bayer Leverkusen aber wird dabei aller Voraussicht nach nicht mit der etatmäßigen Nummer Eins auflaufen. Denn Xabi Alonso setzt seit einigen Wochen konsequent auf eine Rotation im Tor: Routinier Lukáš Hrádecký darf in der Bundesliga ran, Matěj Kovář in den Pokalwettbewerben.
Auf den ersten Blick wirkt das wie eine Schwächung: Torhüter und Abwehrreihe sind weniger aufeinander abgestimmt, der 24-jährige Kovář hat zudem durchaus noch vereinzelte Wackler in seinem Spiel.
Auf der anderen Seite ist Manuel Neuer gesetzt. Der mehrfache Welttorhüter hat die Erfahrung von 880 Profispielen auf seiner Seite, 149 davon hat er in der Champions League absolviert.
Erfahrung allein aber schützt vor Fehlern nicht, denn auch Neuer hat sich in dieser Saison schon anfällig gezeigt – etwa bei der Pokalpleite gegen Leverkusen, als seine Rote Karte den Spielausgang maßgeblich beeinflusst hat.
Am Ende wird es auf ein Zusammenspiel aller obigen Aspekte ankommen, auch Faktoren wie Tagesform und Zufall werden unweigerlich einen Einfluss nehmen. Aus neutraler Sicht darf man sich definitiv auf zwei knackige Duelle freuen. Oder wie Thomas Müller jüngst in seinem Newsletter geschrieben hat: "Es wird auf jeden Fall ein heißer Tanz."