Als Eintracht Frankfurt vor zwei Wochen beim FC Barcelona eine der verrücktesten Auswärtspartys der europäischen Fußballgeschichte feierte, da waren sie mittendrin: die Fußballerinnen der Eintracht.
Mehr als 30.000 Fans hatten sich Eintrittskarten fürs Camp Nou besorgt und kurzerhand ein Frankfurter Heimspiel in Spanien veranstaltet. Und staunten nicht schlecht, als die Herren der SGE das fast Unmögliche doch möglich machte, mit 3:2 gewannen und sich so den Einzug ins Halbfinale sicherten.
Die Fußballerinnen der Eintracht sahen die Begegnung geschlossen im Stadion. Der Verein hatte einen, wenn man es denn so nennen will, Betriebsausflug nach Spanien organisiert. Und kurzerhand sogar das Training der Bundesligafußballerinnen nach Barcelona verlegt.
Angreiferin Laura Freigang ist noch immer beeindruckt von den Erlebnissen: "Es ist so viel passiert in diesen zwei Tagen, es war so ein gemeinschaftliches Gefühl, dann gemeinsam im Stadion zu sein, diese Atmosphäre mitzuerleben, die Männer zu unterstützen und dann noch zu gewinnen – viel besser hätte es nicht laufen können", sagt die 24-Jährige im watson-Interview.
Als das Gespräch auf den überraschenden Spielverlauf kommt und als der Satz fällt, dass man mit dem Sieg der Eintracht nicht gerechnet habe, lacht Freigang: "Du vielleicht nicht." Und führt aus: "Man kennt Frankfurt als Überraschungsmannschaft. Der europäische Wettbewerb hat für diesen Verein immer einen besonderen Stellenwert. Und da war das Spiel in Barcelona natürlich ein absolutes Highlightspiel. Das hat man in der Mannschaft und bei den Fans gespürt."
Erst vor wenigen Wochen hatte die Nationalspielerin im Interview mit watson davon geschwärmt, wie gut es sich anfühle, als Frauenteam seit einigen Jahren Teil dieses Traditionsvereins zu sein. (Das Interview mit ihr liest du hier.)
Das Erlebte von Barcelona unterstreicht das: "Man fühlt sich an so einem Tag dem Verein total verbunden. Und es war einfach witzig. Du läufst durch Barcelona und es fühlt sich an, als würdest du durch Frankfurt laufen. Wir wurden dauernd erkannt, nach Bildern gefragt, beglückwünscht – das ist jetzt nichts, was man erwartet, wenn man als deutscher Bundesligist nach Spanien reist."
Gleichzeitig sagt Freigang: "Wir waren in Barcelona nicht nur Fans – wir waren dort natürlich auch Fußballerinnen." Und als solche wächst in ihr die Sehnsucht, so etwas einmal selbst zu erleben. "Man sitzt im Camp Nou und schaut sich die Europa League an – und weiß, dass zwei Wochen später mit dem VfL Wolfsburg hier auch eine Frauenmannschaft dort vor mehr als 90.000 Menschen spielen wird."
Freigang gerät dann regelrecht ins Schwärmen:
Bei den Herren steht am Donnerstag das Halbfinale an. Die Eintracht spielt in London gegen West Ham United, ehe eine Woche später das Rückspiel im heimischen Stadtwald steigt. Der Gegner ist Tabellensiebter in der Premier League, verlor am Wochenende 0:1 beim FC Chelsea.
Freigang glaubt an den nächsten Coup der Eintracht: "West Ham war in den vergangenen Wochen in der Premier League nicht in Topform. Gut, das kann man von der Eintracht in der Bundesliga auch nicht behaupten. Dennoch: In der Europa League kann Frankfurt jeden schlagen. Ich traue diesem Team alles zu, weil sie die ganze Stadt im Rücken haben. In London wird es natürlich schwierig, auch weil deutlich weniger Fans da sein dürfen. Aber wenn das Hinspiel ordentlich verläuft, ist zuhause alles möglich."
Jedoch kann sich Freigang nicht vorstellen, dass West Ham ähnlich überrascht ist wie der FC Barcelona von der Spielweise und der Atmosphäre der Hessen: "Ich glaube, mittlerweile haben alle verstanden, was hier los ist. Wer nicht weiß, was ihn erwartet, wenn er nach Frankfurt kommt, der muss schon sehr blauäugig sein. Doch selbst, wenn man es vorher weiß, muss man damit erst einmal umgehen können, wenn in Frankfurt ein solch emotionales und lautstarkes Publikum mit grandiosen Choreografien wartet."
Den Schlüssel zum Erfolg sieht sie erneut im Engagement und der taktischen Disziplin: "Es wird erneut auf den absoluten Willen ankommen. Man hat es in Barcelona gesehen: Bei dieser Mannschaft gibt es auf dem Platz keine zwei Meinungen."
Dennoch sei der Premier-League-Klub natürlich ein sehr starker Kontrahent: "Wichtig wäre es, hinten erneut so kompakt zu stehen und wenig zuzulassen und beim Umschalten erneut so clever zu agieren. Im englischen Fußball geht es mehr hin und her als im deutschen. Darauf wird die Eintracht aufpassen müssen, damit sie, wenn sie kontert, am Ende nicht selbst ausgekontert wird. Das ist eine Gefahr. Die Umschaltaktionen können solch eine Partie entscheiden."
Auf einen Tipp für die Partie in London will sich Freigang nicht festlegen. „Den bekommst du nicht von mir." Um sich dann doch festzulegen: "Ich sage: Nach zwei Spielen steht Eintracht Frankfurt im Finale."