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Hertha BSC strebt Aufstieg an: Ist dieses Team reif für die Bundesliga?

Berlin, 08.07.25, Fussball, Testspiel, Hertha BSC - TSV Havelse , Testspiel gegen den TSV Havelse. Stadion auf dem Wurfplatz. Berlins Fabian Reese und Berlins Toni Leistner stehen vor der Kabine. TSV  ...
Den Aufstieg fest im Blick: Diego Demme (l.), Fabian Reese (r.) und Co. wollen in die Bundesliga.Bild: IMAGO images / Andreas Gora
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Hertha BSC will zurück in die Bundesliga: So realistisch ist der Berliner Traum

Hertha BSC geht mit einem klaren Ziel ins dritte Zweitligajahr in Folge: Der Hauptstadtklub will zurück in die Bundesliga. Aber ist das Team auch reif dafür?
31.07.2025, 07:5131.07.2025, 07:51
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Seit dem Bundesliga-Abstieg 2023 gehört Hertha BSC zu den ganz großen Namen in der zweiten Liga. Je nach Gesprächspartner zählen die Berliner auch immer wieder zu den Favoriten auf den Aufstieg. Gerecht wurden sie dieser Rolle bis dato keineswegs.

Die Saison 2023/24 beendete Hertha als Neunter, 2024/25 sogar nur als Elfter, mit negativer Tordifferenz und einem Trainerwechsel. Begleitet war all das von einem verbalen Schlängelkurs, aus dem nicht konkret hervorging, wo Hertha am Ende der Saison landen will.

In diesem Sommer ist das anders. Vertraut man Sportdirektor Benjamin Weber, sei das Ziel klar definiert. Gemeint ist der Aufstieg. "Wir wollen mit beiden Mannschaften nach oben", sagte Vereinspräsident Fabian Drescher und inkludierte damit ausdrücklich die erste Mannschaft der Frauen. "Es wäre schön, wenn wir einen Doppelaufstieg feiern können."

Herthas Transfers: Verlässlichkeit im Fokus

Dabei musste Hertha in diesem Sommer doch schon einige Dämpfer hinnehmen. An oberster Stelle steht der Abgang von Ausnahmespieler Ibrahim Maza, der für zwölf Millionen Euro nach Leverkusen gewechselt ist. Auch die Abgänge von Derry Scherhant und Jonjoe Kenny gleichen einem Qualitätsverlust.

In Florian Niederlechner haben die Berliner zudem einen erfahrenen Anführer verloren, der dem Team als Joker immer helfen konnte. Die weiteren Abgänge sind hingegen zu verkraften: Andreas Bouchalakis, Jeremy Dudziak, Palkó Dárdai , Smail Prevljak, Kelian Nsona und Bradley Ibrahim spielten kaum bis gar keine Rolle.

Ganz anders soll es bei den Neuzugängen aussehen. Dawid Kownacki soll die Lücke im Sturmzentrum schließen, die seit dem Abgang von Haris Tabakovic im Sommer 2024 klafft. Er sei "genau der Typ Stürmer, der zum Fußball von Leitl passt", ordnete Ex-Profi Artur Wichniarek im "Kicker" ein. Er bringe Intensität im Pressing, Effektivität vor dem Tor und Tempo mit.

Paul Seguin und Leon Jensen sollen indes mehr Abgebrühtheit ins Berliner Mittelfeld bringen, Niklas Kolbe Tempo und Lufhthoheit in die Abwehr.

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Paul Seguin soll Herthas Spiel lenken.Bild: IMAGO images / Contrast

Sie alle vereint, dass sie die zweite Liga bereits kennen, sich in dieser schon bewiesen haben. Und dass sie in der Altersklasse 28 bis 30, also in ihrer Prime sind. Das gleicht einer Transferwende, setzte Hertha in den vergangenen beiden Jahren doch weitestgehend ohne Erfolg auf andere Spielertypen.

Transfers aus dem Ausland (Bouchalakis, Prevljak, Bilal Hussein, Jón Dagur Thorsteinsson) enttäuschten ebenso wie talentierte Profis, die als anvisierte Soforthilfen der wankelmütigen Mannschaft keine Stabilität verleihen konnten (Michał Karbownik, Kevin Sessa).

Derartige Exoten, namentlich der 19-Jährige aus München geliehene Maurice Krattenmacher und der aus der dritten Liga gekommene Sebastian Grönning, bilden nun die Minderheit und haben somit eher die Chance zu überraschen, als den Druck, liefern zu müssen.

Ein wahres Faustpfand auf dem Transfermarkt waren zudem zwei Personalien, die Hertha BSC frühzeitig eintüten konnte: Neu-Kapitän Fabian Reese und Michaël Cuisance verlängerten ihre Verträge in der Hauptstadt. Sie können und sollen weiterhin den Unterschied machen.

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Fabian Reese (l.) und Dawid Kownacki (r.) sollen künftig Herthas Sturmduo bilden.Bild: IMAGO images / Matthias Koch

"Wir haben in meinen Augen vier Topspieler verloren", ordnete Leitl schon im Juni die Abgänge von Maza, Kenny, Scherhant sowie Niederlechner ehrlich ein. In Seguin habe das Team dafür aber "einen der herausragendsten Mittelfeldspieler dieser Liga verpflichten können".

Generell darf die Frage gestellt werden, ob der Kader individuell in dieser Saison mit dem aus dem Vorjahr mithalten kann. Punktuell wirkt er in jedem Fall cleverer besetzt. Obendrein steht momentan ein Transferplus von etwa 13 Millionen Euro, wie es die Berliner ob ihrer finanziellen Situation aber auch erzielen mussten.

Nicht ausgeschlossen ist, dass sich bei Hertha bis zum Ende der Transferperiode noch mehr bewegt. Agustín Rogel und Hussein sollen den Klub verlassen, auch Luca Schuler könnte noch gehen. Mërgim Berisha ist trotz der Ankunft von Kownacki weiterhin ein Thema.

Und die linke Schiene, eine der wichtigsten Positionen in Leitls System, ist derzeit ohne echten Spezialisten besetzt. Es ist die größte Schwachstelle des Kaders.

Herthas Trainer: Stefan Leitl kann Aufstieg

Leitl übernahm den Hauptstadtklub im Februar, als sich dieser inmitten einer schwierigen Phase befand. Gleich in seinem zweiten Spiel kassierte der Trainer eine herbe 0:4-Klatsche in Elversberg, aus der er aber nachhaltige Lehren zog. Routinier Toni Leistner kehrte in die Stammelf zurück, seither vertraut Leitl auf eine 3-5-2-Formation.

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Stefan Leitl hat mit Hertha BSC ein klares Ziel vor Augen.Bild: IMAGO images / Matthias Koch

Zuletzt hat er auch ein 3-4-2-1 einstudieren lassen. Mit seinem pragmatischen Ansatz fand der Coach im Frühjahr den richtigen Zugang zum Team, stabilisierte es und blieb sieben Spiele in Folge ungeschlagen. Vor allem auf die Defensive war in dieser Phase zumeist Verlass.

Leitls Prinzipien waren indes nur in Grundzügen zu erkennen: das intensive, auf Gegenpressing ausgelegte Spiel über die Flügel. Zu Beginn seiner Trainerkarriere kultivierte er zudem den Fürther Flachpass. Entscheidend wird sein, diese Prinzipien nun mit dem Schwung aus dem Frühjahr sowie der individuellen Klasse eines Reeses, Cuisance' oder Kownackis zu verbinden.

Dass Leitl dazu in der Lage ist, hat er anders als Vorgänger Cristian Fiél bereits gezeigt. 2020/21 führte er Fürth in die Bundesliga. "Die Abläufe funktionieren", stellte Sportdirektor Weber nach dem 2:1-Sieg im Testspiel über Austria Wien zufrieden fest. "Wir sehen klar, was wir machen wollen."

Erkenntnisse aus Herthas Vorbereitung

Der Sieg gegen Austria Wien war ein Achtungserfolg. Zumal die Wiener in der Vorbereitung bereits deutlich weiter waren. Hinzu kommt: Austria beendete die vergangene Saison als Dritter der österreichischen Bundesliga und ist in diesem Jahr international vertreten.

Resultate wie das 3:0 über Ludwigsfelde, das 6:0 über den BFC oder das 3:2 über Havelse fallen eher in die Kategorie Pflichtsieg, sofern man Testspiele denn rein am Ergebnis messen möchte. Gegen Bröndby setzte es eine knappe 0:1-Niederlage, gegen Motherwell gab es zum Abschluss ein 1:1.

Viel wichtiger aber dürfte für Leitl sein, wie die Ergebnisse zustande gekommen sind. Mit Krattenmacher und Boris Mamuzah Lum haben sich zwei Youngster in den Vordergrund gespielt. Vor allem die Bayern-Leihgabe hat beste Chancen auf einen Platz in der Startelf.

Einen guten Eindruck hinterließ auch Tjark Ernst, obwohl der Torhüter wegen der U21-EM später in die Vorbereitung eingestiegen ist. In den vergangenen beiden Jahren stagnierte das Talent noch. Macht er nun den gewünschten Schritt nach vorn, kann er der Rückhalt sein, den jeder Aufstiegsaspirant in den vergangenen Jahren gebraucht hat.

Herthas Vorbereitung hatte aber auch Schattenseiten, denn die Berliner mussten eine ganze Reihe an Ausfällen hinnehmen. Pascal Klemens, Marius Gersbeck und Tim Goller fallen nach Operationen noch länger aus.

John Anthony Brooks, der die vergangene Saison bereits komplett aussetzen musste, hat sich erneut verletzt. Schuler erlitt ebenfalls einen Rückschlag. Deyovaisio Zeefuik verpasste mehrere Testspiele und Seguin fehlt womöglich gar zum Saisonstart. Als Folge der vielen Ausfälle musste Hertha sogar das Testspiel gegen Başakşehir absagen.

So sehen die Experten Herthas Chancen

Wenn einer weiß, wie man aufsteigt, dann ist es Friedhelm Funkel. Siebenmal hat der Rekordcoach einen Verein in die Bundesliga geführt, zuletzt Köln. Diese Saison zählt er Hertha zu den sechs Vereinen, die um den Aufstieg spielen.

"Sie haben erfahrene Spieler mit Leistner und Brooks. Dazu haben die Berliner mit der Verpflichtung von Seguin einen guten Transfer getätigt", sagte Funkel der "Sport Bild".

Noch eindeutiger fiel das Plädoyer zugunsten des Hauptstadtklubs beim Talkformat "At Broski" aus.

Die Talkrunde um RTL-Moderator Thomas Wagner, Content-Creator Niklas Levinsohn und Ex-Nationalspieler Jermain Jones tippten Hertha allesamt auf den ersten Tabellenplatz.

Die Bedingungen sind für die Berliner in dieser Saison besser als in den Vorjahren – auch durch den Doppelaufstieg von Köln und dem HSV. Nun allerdings gilt es, mit dem gestiegenen Erwartungsdruck umzugehen.

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