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DFB-Frauen: Christian Wück scheitert beim EM-Aus an der Spielidee

Christian W
Bundestrainer Christian Wück tröstet Jule Brand nach dem EM-Aus.Bild: IMAGO/Steinsiek.ch
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DFB-Frauen: Was bleibt nach der EM 2025? Ganz viel Stolz und ein Problem

Sie grätschten leidenschaftlich und rührten damit ein Land. Doch der Fußball, den Deutschlands Frauen unter Christian Wück spielen, reicht nicht, um Titel zu gewinnen.
24.07.2025, 13:5024.07.2025, 13:50
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Deutschlands Fußballerinnen rangen mit ihren Gefühlen. Jule Brand weinte, Carlotta Wamser erstarrte. Ann-Kathrin Berger war eine der ersten, die Worte fand für die 113. Minute gegen Spanien. Den Moment, der Deutschlands Titelträume platzen ließ. "Es ist meine Schuld", sagte Berger. Der Gegentreffer von Weltfußballerin Aitana Bonmatí gehe auf ihre Kappe. "Die kurze Ecke muss zu sein, ganz klar."

Die Heldinnenreise der deutschen Mannschaft ist Mittwochabend zu Ende gegangen. Das Turnier, das mit der Verletzung von Giulia Gwinn begann, mit holprigen Auftritten, zwei Roten Karten, langen Unterzahlen und einem nervenaufreibenden Elfmeterschießen gegen Frankreich weiterging, es ist vorbei.

DFB-Frauen begeistern Fußball-Deutschland

Was bleibt? "Enttäuschung", sagte Rebecca Knaak nach Abpfiff unter Tränen, "gewisse Leere". Aber auch Stolz. Sie sei dankbar, Teil dieser Mannschaft sein zu dürfen. Eine Mannschaft, die mit Willenskraft, ihrer Vorliebe für Wolfgang-Petry-Songs und einer Elfmeterkillerin namens Ann-Kathrin Berger ganz Deutschland euphorisierte.

Durchschnittlich 14,261 Millionen Menschen sahen das EM-Aus gegen Spanien in der ARD. Marktanteil von 57,6 Prozent, TV-Bestwert. Nur ein Spiel der DFB-Frauen zog bislang mehr Menschen vor den Fernseher. Die Endspielniederlage bei der EM 2022 gegen England.

Die EM 2025 wird in die Geschichtsbücher des Frauen-Fußballs eingehen. Doch bei aller Rührseligkeit und Sympathie für Deutschlands Fußballerinnen, deren Bodenständigkeit uns ihnen manchmal näher fühlen lässt als den männlichen Kollegen – sportlich überzeugten sie nicht.

Wück wollte Offensiv-Fußball, daraus wurde nichts

Deutschland hat keinen Fußball gespielt, mit dem man Titel gewinnen kann. In beiden K.-o.-Spielen, erst gegen Frankreich, dann Spanien, stand man als Außenseiter auf dem Platz. Und genauso spielten sie auch: Deutschland mauerte, wollte es den Gegnerinnen schwer machen, vors Tor zu kommen. Man grätschte, rannte hinterher, verteidigte leidenschaftlich. Doch eroberte man den Ball, fehlte es an nahezu allem: Spielaufbau, Kreativität, einer Idee.

Deutschland hoffte auf Fehler von ihren Gegenspielerinnen, ein schnelles Umschalten, einen langen Ball. Eigene Stärken? Fehlanzeige.

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Seltener Torjubel bei Klara Bühl (l.), Lea Schüller und Jule Brand (r.).Bild: AP / Martin Meissner

Dabei hatte Bundestrainer Christian Wück diese noch vor dem Turnier angekündigt. Vor allem in der Offensive. Da setzte er auf Jule Brand und Klara Bühl. Letztere rannte sich gegen Spanien die Füße wund. 24 Mal hat sie im gesamten Turnier aufs Tor geschossen, 18 Mal erfolgreich gedribbelt, mehr als jede andere Spielerin. Ihr Einsatz ist lobenswert, blieb aber ohne Wirkung. Null Tore, eine Vorlage, im gesamten Turnier.

Wück mahnt Verband und Vereine, aber wenig sich selbst

Wück, der erst im Herbst 2024 in das Amt des Bundestrainers berufen worden war und zuvor noch nie Fußballerinnen trainiert hat, glaubt trotzdem, etwas angestoßen zu haben. Im ARD-Interview sprach er über einen Anfang, über eine Entwicklung, die Zeit braucht und über "Verband plus Vereine". Die seien jetzt gefordert. Es brauche mehr Ketts und Wamsers. Spielerinnen, gut ausgebildet, "die wir in die Bundesliga bekommen".

Um "irgendwann eine Mannschaft zu haben", so Wück, "die eben solche Turniere gewinnen kann." "Ganz Deutschland" müsse jetzt also die richtigen Schlüsse ziehen. Die da wären?

Der fehlende Spielaufbau? Das ungenaue Passspiel? Die Schuld für das EM-Aus suchte er nur bedingt bei sich. "Die Ballbesitzphasen", so der Bundestrainer, "müssen wir besser machen".

Die Einsicht allein wird nicht reichen, um gegen die Großen zu bestehen. Genauso wenig der Verweis auf strukturelle Versäumnisse im Nachwuchs oder die beeindruckende Leistung, mit "unheimlich vielen verletzten und gesperrten Spielerinnen" bis ins Halbfinale vorgestoßen zu sein.

Almuth Schult kritisiert Deutschlands EM-Leistungen

Spanien, Frankreich, England, Schweden und inzwischen auch Italien spielen den Fußball der Zukunft. Unter Christian Wück sah man laut ARD-Expertin Almuth Schult nur "eine richtig gute Partie", nämlich die gegen die Niederlande in der Nations League. Keine bei der EM.

Auch wenn Schult ihm hoch anrechnet, einen außerordentlichen Teamgeist geformt zu haben, ein Versprechen in die Zukunft ist Wücks Fußball nicht. Und wenn nicht die "richtigen Schlüsse" gezogen werden, wird das auch weiterhin so bleiben.

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