Es schien so, als hätte er es selbst bereits geahnt. "Es ist klar, in der Situation, in der wir sind, dass wir alles hinterfragen", grummelte Steffen Baumgart nach der 0:2-Niederlage gegen Union Berlin. "Auch den Trainer." Es ginge nicht um seine Person, sondern um die Gesamtheit, sagte der 51-Jährige. "Es geht darum, was das Beste für den Verein ist."
Donnerstagmittag folgte dann die Gewissheit: Übereinstimmenden Medienberichten zufolge ist Steffen Baumgart nicht mehr Trainer des 1. FC Köln. Die offizielle Bekanntgabe des Vereins folgte im Tagesverlauf. Nach der Analyse des bisherigen Saisonverlaufs sei man "gemeinsam zu diesem Entschluss gekommen", heißt es in der Vereinsmitteilung.
Nach knapp zweieinhalb Jahren endet die Ära des Kölner Publikumslieblings, der den Verein direkt in seiner ersten Saison sensationell in die Conference League geführt hatte. Nach nur zehn Punkten und ebenso vielen geschossenen Toren steht der FC nun allerdings am 16. Spieltag auf Platz 17 da. Vom ehemals so eindrucksvollen Kölner Überfallfußball war schon länger nichts mehr zu sehen.
Mit dem Ausscheiden von Baumgart verliert der Verein nicht nur das Gesicht der jüngeren Kölner Erfolgsgeschichte, sondern auch eine Identifikationsfigur der Stadt. Ein möglicher Nachfolger steht noch nicht fest, es gibt allerdings bereits einige Namen, die ventiliert werden.
Die wohl bequemste und unkomplizierteste Option wäre ein Rückgriff in die eigenen Reihen: Evangelos Sbonias ist derzeit Trainer der U21-Mannschaft in Köln. Bereits in der Jugend sollte er Baumgarts Spielidee implementieren, entsprechend vertraut ist er mit dem generellen Spielstil und den Abläufen im Verein. Mit Baumgart selbst stand der 41-Jährige im regelmäßigen Austausch. Zudem heißt es, dass Geschäftsführer Christian Keller ein großer Fan von Sbonias sein soll.
Problematisch ist allerdings, dass Sbonias nicht über die für die Bundesliga benötigte Trainer-Lizenz verfügt. Denkbar wäre also eine Konstellation mit Sbonias als Assistenz-Trainer. Was zur nächsten Möglichkeit führt.
André Pawlak war zuletzt Co-Trainer von Steffen Baumgart und soll nach Informationen des "Kicker" ebenso wenig freigestellt werden wie dessen Kollegen Rene Wagner und Kevin McKenna. Gemeinsam mit Sbonias könnte er das Traineramt bekleiden.
Der 52-Jährige ist seit 2017 in verschiedenen Trainer-Funktionen beim Verein tätig und hat außerdem bereits Erfahrungen als Cheftrainer des 1. FC Köln. Als Markus Anfang im Jahr 2019 von seinem Amt entbunden wurde, führte Pawlak den damaligen Zweitligisten im Saisonendspurt interimsweise zurück in die Bundesliga – und könnte nun dazu beitragen, die Klasse zu halten.
Eine ähnliche Historie hat Stefan Ruthenbeck vorzuweisen. Auch er ist bereits als Cheftrainer in Köln eingesprungen, aktuell trainiert er die Kölner U19. Am 3. Dezember 2017 übernahm er den Verein bis zur Winterpause, nachdem Peter Stöger entlassen wurde. Zu dem Zeitpunkt stand der FC nach 14 Spieltagen und drei Punkten auf dem letzten Tabellenplatz.
Knapp zwei Wochen später konnte Ruthenbeck den ersten Saisonsieg einfahren, zur kommenden Saison musste er dann allerdings Markus Anfang weichen.
Der 51-Jährige ist wie auch Pawlak seit 2017 Teil des Vereins und wurde im März 2021 mit einem unbefristeten Vertrag ausgestattet. Zuvor hatte Ruthenbeck unter anderem bereits die damaligen Zweitligisten VfR Aalen und SpVgg Greuther Fürth trainiert. Genug Erfahrung für den nächsten größeren Schritt.
Für den 1. FC Köln wäre eine interne Lösung auch deshalb so lukrativ, weil der Verein seit Jahren mit der Wirtschaftlichkeit zu kämpfen hat. Viel Geld für einen Trainer ist entsprechend nicht vorhanden. Dazu kommt noch eine Transfersperre des internationalen Sportgerichtshofs CAS. Am Donnerstag wurde das Urteil verkündet. Dennoch wäre auf der Trainerbank auch eine externe Lösung nicht ausgeschlossen.
So wäre es beispielsweise eine Option, sich um ein Engagement von Thomas Reis zu bemühen. Der 50-Jährige war zuletzt Trainer bei Schalke 04, übernahm das Traineramt dort im Oktober 2022 und sorgte in der zurückliegenden Bundesliga-Saison dafür, dass die Gelsenkirchener in der Rückrunden-Tabelle den achten Tabellenplatz belegten. Aufgrund einer katastrophalen Hinrunde musste Schalke dennoch den Weg in die Zweitklassigkeit antreten.
Nichtsdestotrotz: Reis hat Erfahrungen im Abstiegskampf und hat zuvor auch beim VfL Bochum gezeigt, dass er mit qualitativ begrenzten Mitteln Erfolg haben kann. Mit seiner impulsiv-engagierten Art wäre er auch ein ähnlicher Typ wie Steffen Baumgart. Da auch sein vorheriger Arbeitgeber Schalke finanziell nicht sonderlich potent ist, dürfte eine Anstellung ein nicht allzu großes Gehalt abverlangen.
Zu guter Letzt könnte der ehemalige Trainer eines anderen Karnevalsvereins nun beim 1. FC Köln anheuern. Als erster Bundesliga-Trainer der aktuellen Saison musste Bo Svensson am 2. November dieses Jahres beim 1. FSV Mainz 05 seine Koffer packen.
Auch Svensson gilt als emotionaler Trainer, der sich sicherlich nicht zu schade wäre, im Abstiegskampf auszuhelfen. Das Problem: Der 44-Jährige hat nach seiner Entlassung noch einen bis kommenden Sommer geltenden Vertrag in Mainz. Sollte dieser nicht aufgelöst werden, würde im Falle einer Verpflichtung eine Ablösesumme fällig werden.
Fest steht: Der Nachfolger von Steffen Baumgart würde beim 1. FC Köln vor einige Herausforderungen gestellt werden. Kaum ein aktueller Stammspieler vermochte es in den zurückliegenden Wochen, seine Leistung abzurufen. Die Abgänge der Leistungsträger Jonas Hector und Ellyes Skhiri im Sommer konnten nicht kompensiert werden.
Zwar wurde bereits angekündigt, sich im Winter verstärken zu wollen, allerdings macht die Transfersperre dem FC einen Strich durch die Rechnung. Die Feiertage in Köln dürften für die Verantwortlichen wenig besinnlich ausfallen.