Julian Nagelsmann (2. v.l.) versucht einem Freiburger Verantwortlichen den Wechselfehler zu erklären.Bild: www.imago-images.de / imago images
Analyse
Sportlich hat der FC Bayern am Samstag 4:1 gegen den SC Freiburg gewonnen. Das Ergebnis und die drei Punkte sind den Münchnern allerdings noch nicht sicher. Weil der Rekordmeister für einige Sekunden in der zweiten Halbzeit zu zwölft statt zu elft auf dem Feld stand, legt der SC Freiburg nun Einspruch beim DFB ein.
"Das Urteil kann nur in eine Richtung gehen."
Bayern-Trainer Julian Nagelsmann über den Einspruch des SC Freiburg, der nun vor dem Sportgericht verhandelt wird
Gegenüber der "Deutschen Presse-Agentur" reagierte Bayerns Vorstandschef Oliver Kahn aber relativ entspannt: "Wir sind nicht überrascht, dass der SC Freiburg Einspruch eingelegt hat. Die Angelegenheit liegt nun in den Händen der Sportgerichtsbarkeit, der wir voll vertrauen", sagte der 52-Jährige am Montagabend.
Wie geht es nun nach dem Freiburger Einspruch aber weiter? Welche Chancen hat das juristische Vorgehen vor dem DFB-Sportgericht? Und wie lange wird die Aufarbeitung des Wechselfehlers dauern?
Sportrechtler Paul Lambertz räumt dem SC Freiburg keine großen Chancen ein.Bild: Jessica Sturmberg / Jessica Sturmberg
Paul Lambertz ist Sportrechtler und weiß Antworten auf die Fragen. Gegenüber watson erklärt er grundsätzlich über die Aussichten des Einspruchs: "Ich denke nicht, dass Freiburg mit dem Einspruch Erfolg haben wird, kann es aber nachvollziehen, dass sie diesen Schritt gegangen sind."
Konkret erklärt Lambertz, weshalb er nicht an den Erfolg des Freiburger Einspruchs glaubt:
"In den Spielregeln des DFB gibt es eigens Regeln, wie damit umzugehen ist, wenn ein Tor fällt, wenn mehr Menschen als erlaubt auf dem Platz sind. Das heißt, das Szenario, von dem wir hier sprechen, war dem Regelgeber bekannt und er hat sich entschieden, wie damit umzugehen ist beziehungsweise nicht umzugehen ist. In diesem Fall kommt es nämlich in keinem Fall zu einem Wiederholungsspiel oder einer Wertung am grünen Tisch. Wenn das aber schon bei einem so einschneidenden Ereignis wie einem Tor gilt, muss es meiner Einschätzung nach erst Recht für solche Situationen wie beim Spiel Freiburg gegen Bayern gelten."
In den ersten Tagen nach dem Spiel wurde immer wieder auf Paragraf 17, Absatz 4 der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB verwiesen. Demnach würde eine Partie 0:2 gegen eine Mannschaft gewertet werden, wenn sie einen "nicht spiel- oder einsatzberechtigten" Spieler einsetzt. Lambert erklärt: "Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 RuVO DFB liegen auch nicht vor, weil Sabitzer spielberechtigt war."
In der Stellungnahme des SC Freiburgs heißt es, dass der Klub sich in einem "unverschuldeten Dilemma" befinde, weil er keinen Anteil oder Einfluss auf die Geschehnisse gehabt habe und nun in eine aktive Rolle gedrängt wird. Denn: Wenn der SC keinen Einspruch eingelegt hätte, hätte der DFB auch nicht ermitteln dürfen.
Sportjurist hält Freiburger Weg vor das Sportgericht dennoch für richtig
Weiter begründet der SC den Einspruch auch damit, dass er für vergleichbare Fälle in der Zukunft Rechtssicherheit schaffen will. Dazu kommt, dass der Klub "bestehende Treuepflichten des Vorstands gegenüber dem Verein" sieht. Damit seien Haftungsfragen verbunden. Demnach befürchtete der SC wohl, dass Mitglieder, Sponsoren oder sonstige Personen, die dem Verein verbunden sind, gegen den Vorstand klagen könnten.
Sportrechtler Lambertz sieht in diesem Zusammenhang die Situation nicht ganz so heikel. Da er nicht davon ausgeht, dass der Einspruch erfolgreich sein kann, "hätten die Verantwortlichen des Sportklubs auch nichts zu befürchten gehabt". Trotz allem findet es der Jurist richtig, dass Freiburg den Weg vor das Sportgericht geht. Letztlich hätten sich sonst die Verantwortlichen später vorwerfen lassen müssen, "nicht alles getan zu haben".
"Ich denke, dass wir noch diese Woche eine Entscheidung haben werden"
Sportrechtler Paul Lambertz
Nagelsmann kann Einspruch nicht nachvollziehen
Bayern-Trainer Julian Nagelsmann kritisierte den SC Freiburg auf der Pressekonferenz vor dem Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Villareal am Dienstagmittag jedoch für den Einspruch.
"Ich kann es nicht verstehen. Freiburg hätte in den 18 Sekunden auch keine zwei Tore geschossen und ich persönlich hätte es nicht gemacht, weil du den Fehler eines dritten ausnutzt, um zu Punkten zu kommen", sagte er.
Ganz so entspannt wie Vorstandsboss Oliver Kahn gab sich der Coach der Münchner auch nicht. "Aber das Urteil kann in meinen Augen nur in eine Richtung gehen."
Der 35-Jährige hätte das Verhalten nicht so erwartet, aber überrascht sei er auch nicht gewesen. "Am Ende zeigt sich der Druck und der sportliche Wettkampf. Damit ist das Thema aber auch für mich beendet", machte er klar.
FC Bayern und Schiedsrichter müssen Stellungnahmen einreichen
Nach dem Freiburger Einspruch müssen nun die Bayern und Schiedsrichter Christian Dingert, sowie der 4. Offizielle Arne Blos Stellungnahmen zum Wechselfehler einreiche. In verschiedenen Medienberichten heißt es, dass der DFB ein Urteil noch in dieser Woche anstreben würde. Somit würde ein langer Rechtsstreit, womöglich auch über das Saisonende im Mai hinaus, verhindert werden.
Lambertz schätzt die Lage ähnlich ein und geht auch nicht davon aus, dass es bis zu einer Entscheidung des Sportgerichts lange dauern wird: "Auch ich denke, dass wir noch diese Woche eine Entscheidung haben werden, denn zum einen ist der Sachverhalt nicht komplex und zum anderen braucht die Liga Rechtssicherheit, wie das Spiel nun gewertet wird."
Andererseits bliebe dem unterlegenen Verein nach dem Gang zum DFB-Sportgericht auch noch der Gang zum DFB-Bundesgericht. Innerhalb von einer Woche nach dem Urteil des Sportgerichts kann eine Berufung eingereicht werden. Das Urteil des Bundesgerichts ist verbandsintern dann abschließend.
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