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FC Bayern: Die fatalen 16 Sekunden in Freiburg – kostet die Wechselpanne Punkte?

v.re:Schiedsrichter Christian DINGERT, Arno BLOS (Vierter Offizieller), Kathleen KRUEGER (Teammanagerin FCB), Hasan SALIHAMIDZIC (Sportvorstand Bayern Muenchen) , Manuel NEUER (Torwart Bayern Muenchen ...
Bayern-Kapitän Manuel Neuer (Mitte) spricht mit Schiedsrichter Dingert. Im Hintergrund reden Sportvorstand Salihamidžić und Teammanagerin Kathleen Krüger mit dem vierten Offiziellen. Bild: SVEN SIMON / Frank Hoermann / SVEN SIMON
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16 Sekunden mit zwölf Mann: Kostet die Wechselpanne Bayern drei Punkte?

04.04.2022, 12:2204.04.2022, 12:45
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Sorge vor fatalen Folgen? Nicht wirklich. Angst vor einem Punktabzug? Ganz und gar nicht. Julian Nagelsmann versprühte nach der peinlichen Wechselpanne seiner Bayern zumindest äußerlich überraschend gute Laune. "Es kommt sicher eine Nachfrage, deshalb nehme ich es vorweg. Außer ihr wollt nichts dazu wissen", sagte der 34-Jährige zu Beginn der Pressekonferenz mit einem schelmischen Grinsen. Doch natürlich wollten das alle.

Schließlich hängen die drei Punkte des Spitzenreiters nach dem 4:1-Sieg beim SC Freiburg womöglich am seidenen Faden. Denn noch ist unklar, was passiert, nachdem Bayern München in dem Spiel 16 Sekunden lang mit zwölf Spielern spielte.

Die Situation ist diffus, es drohen Ermittlungen des DFB-Kontrollausschusses – doch nur unter einer Bedingung: "Der Kontrollausschuss ist nicht beteiligt, solange Freiburg keinen Einspruch einlegt", sagte der Vorsitzende Anton Nachreiner auf SID-Anfrage. 48 Stunden hat der SC dafür Zeit – und rutscht damit bis zum Fristende am Montagabend um 0 Uhr in ein moralisches Dilemma.

Freiburg-Trainer Streich findet Prozedere "absurd"

Rein rechtlich wäre ein Einspruch unabhängig von den Erfolgsaussichten sicher legitim. Und doch bestünde die Gefahr, als schlechter Verlierer dazustehen, da die 16-sekündige Überzahl der Münchner keinen Einfluss auf den Spielausgang hatte.

Er finde dieses Prozedere "absurd", sagte SC-Trainer Christian Streich bereits am Samstagabend im Aktuellen Sportstudio des ZDF: "Es gibt ja für alles Regeln, es gibt auch keinen Einspruch beim Eckball oder Freistoß."

"Es passieren Fehler. Aus Sicht beider Mannschaften und des fairen Sports war nichts dabei, was gegen ein faires Spiel spricht."
Bayern-Trainer Julian Nagelsmann zum Auswechselfehler des FC Bayern

Sportvorstand Jochen Saier hatte bei Sky erklärt, dass die Freiburger erst "runterkochen" und dann über das weitere Vorgehen "nachdenken" werden. Nagelsmann sprach von "einer Situation für die Geschichtsbücher". In der 86. Minute spielten die Münchner für 16 Sekunden mit zwölf Mann, nachdem Kingsley Coman bei einem Doppelwechsel nicht rechtzeitig den Platz verlassen hatte.

Er sehe darin nichts "Spielentscheidendes", sagte Nagelsmann: "Es passieren Fehler. Aus Sicht beider Mannschaften und des fairen Sports war nichts dabei, was gegen ein faires Spiel spricht." Doch ganz so klar ist die Lage nicht. Es bleibt die Frage, ob der Fauxpas eher dem Schiedsrichterteam um Christian Dingert oder dem Rekordmeister angelastet wird.

DFB-Schiedsrichter-Lehrwart sieht Fehler beim Unparteiischen Dingert

Für DFB-Schiedsrichter-Lehrwart Lutz Wagner und den offiziellen Schiedsrichter-Beobachter Knut Kircher ist die Sache klar. "Normalerweise hätte er oder jemand aus seinem Team sich vor der Spielfortsetzung vergewissern müssen, dass die Anzahl der Spieler stimmt. Das hat er nicht gemacht und somit ist es ein Fehler des Schiedsrichters", sagte Wagner im Interview mit Spox und Goal. Kircher betonte gegenüber dem SWR: "Für die Auswechselvorgänge ist nicht der FC Bayern zuständig. Das ist ein Auswechselvorgang, den das Schiedsrichter-Team zu überwachen hat."

Unklar ist, ob der für Coman eingewechselte Marcel Sabitzer als nicht spiel- oder einsatzberechtigter Spieler gilt. Denn dann müsste Paragraf 17 Absatz 4 der Rechts- und Verfahrensordnung des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB) greifen, wonach das Spiel eigentlich mit 2:0 für Freiburg gewertet werden müsste. Der bei der Partie als Videoassistent eingesetzte Felix Zwayer rechnet mit einer anderen Bewertungsgrundlage.

Lutz Wagner leitete 197 Spiele in der Fußball-Bundesliga.
Lutz Wagner leitete 197 Spiele in der Fußball-Bundesliga.Bild: SVEN SIMON / Frank Hoermann / SVEN SIMON

"Das ist in den Fußballregeln und nicht in den Statuten oder Sonstiges geregelt wie damit umzugehen ist", meinte der 40-Jährige im ZDF. Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich sieht darin "eine sportjuristische Fragestellung. Jeder sollte sich um sein Ressort kümmern", sagte der 64-Jährige bei Sport1: "In wie weit diese sportjuristische Formalie strapaziert wird, um in einen Protest zu gehen – da sind die Juristen am Werk, nicht die Schiedsrichter."

Es sei "eine falsche Nummer" angezeigt worden, "deswegen hat sich der Spieler Coman nicht angesprochen gefühlt", äußerte Dingert: "Deswegen waren kurzzeitig zwölf Spieler auf dem Feld, was natürlich nicht sein darf." Er habe den Vorfall "im Spielbericht vermerkt", nun müsse "der DFB entscheiden". Aber eben nur, wenn die Freiburger Einspruch einlegen. Sonst bleibt der kuriose Fauxpas wohl folgenlos.

(lgr/sid)

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