Gegen den SC Paderborn wollte Borussia Dortmund am vergangenen Freitag Wiedergutmachung für die 0:4-Pleite bei Bayern München am vorherigen Spieltag betreiben. Daraus wurde nichts, am Ende schaffte der BVB nur ein glückliches 3:3-Unentschieden (0:3) gegen den ostwestfälischen Aufsteiger. Die Fans quittierten die Leistung des Teams mit Pfiffen. Trainer Lucien Favre ist angezählt, arbeitet nur noch auf Bewährung.
Am Mittwoch steht nun für die Schwarz-Gelben das Champions-League-Spiel beim großen FC Barcelona (21 Uhr/Sky) an. Mit einem Sieg im legendären Camp Nou würde der BVB vorzeitig ins Achtelfinale der Champions League einziehen – und gleichzeitig Wiedergutmachung bei den Fans betreiben.
Die Zweifel, dass dies nach den beiden viel kritisierten Bundesliga-Auftritten gegen Bayern und Paderborn ausgerechnet bei einem der größten Fußballklubs der Welt gelingt, sind allerdings ganz schön groß.
Selbst wenn die Wiedergutmachung in der Champions League gelänge: Barcelona ist aktuell genau der falsche Gradmesser zur falschen Zeit für den taumelnden BVB mit seinem angeschlagenen Trainer Favre. Denn bei Barca ist zur Zeit nur auf dem Papier alles gut.
Der FC Barcelona ist momentan Tabellenführer der spanischen Liga und steht, noch ohne Niederlage, an der Spitze der Königsklassen-Gruppe F. Doch es knirscht im katalanischen Getriebe. Am Wochenende lag Barca auswärts gegen den Tabellenletzten CD Leganés lange mit 0:1 hinten, krampfte sich am Ende zu einem 2:1-Sieg. Erst Luis Suárez (54. Minute) per Kopf nach Freistoß-Vorlage von Lionel Messi gelang der Ausgleich. Ex-Bundesliga-Profi Arturo Vidal (80.) erzielte das Siegtor.
Die langjährigen Säulen des Teams, Gerard Piqué, Sergio Busquets, Luis Suárez und Lionel Messi, laufen ihrer Leistungsfähigkeit hinterher. Das Anspruch-Wirklichkeits-Gefälle bei den Katalanen ist steil. Der FC Barcelona spielt gerade nicht so, wie es eigentlich kann.
Die Auftritte sind selten überzeugend. Das scheint auch an die Laune der Spieler zu gehen. Laut eines Berichts der spanischen Zeitung "AS" soll beim Spiel in Leganés in der Halbzeitpause schlechte Stimmung bei den Stars geherrscht haben: "Was spielen wir hier?", habe ein nicht genannter Führungsspieler gerufen. Antoine Griezmann, Samuel Umtiti und Ex-BVB-Stürmer Ousmane Dembélé hätten außerdem laut diskutiert, was im ersten Durchgang alles schlecht gewesen sei.
In der Champions League kam Barcelona bei den Spielen gegen den vermeintlich schwächsten Gruppengegner Slavia Prag zuhause nicht über ein 0:0 hinaus, auswärts gab es gegen die Tschechen einen schmeichelhaften 2:1-Sieg. Slavia lief in diesem Spiel insgesamt über 15 Kilometer mehr als Barcelona. Eine bezeichnende Statistik für das pomadige Barca-Spiel.
Nicht zuletzt war auch das Hinspiel in Dortmund am Ende ein eher glücklicher Punktgewinn (0:0). Barca hatte das Remis einzig Nationaltorhüter Marc-Andre ter Stegen zu verdanken, der unter anderem einen Elfmeter von Marco Reus parierte.
Das Hinspiel gegen Barcelona hat gezeigt: Das Team von Trainer Ernesto Valverde ist, neben Borussia Dortmund selbst, aktuell das wahrscheinlich am einfachsten zu schlagende Spitzenteam Europas.
Und das ist das Problem: Ein BVB-Sieg gegen den FC Barcelona würde insofern blenden, dass viele Dortmunder Probleme wohl kurzfristig unter den Teppich gekehrt werden. Eine Niederlage wäre ebenso fatal, nicht nur was das Weiterkommen in der Champions League betrifft. Sie könnte am Ende in der Öffentlichkeit falsch wahrgenommen werden, wären es doch Messi und seine Superstar-Kollegen gewesen, die den BVB da in die Schranken gewiesen hätten. Eine Zwickmühle.
Wahrscheinlich verlängert Borussia Dortmund Favres Galgenfrist, egal wie das Spiel ausgeht – und die BVB-Probleme drehen noch eine weitere Ehrenrunde. Auch wenn ein Sieg in Barcelona natürlich immer noch besser wäre als ein Punkt gegen Paderborn: Damit wäre in Dortmund vorerst niemandem geholfen.
(as)