Zwei Jahre lang galt Mick Schumacher als großer Hoffnungsträger für die Formel 1 in Deutschland. Der mittlerweile 24-Jährige fuhr 2021 und 2022 für Haas in der Königsklasse des Rennsports und hatte allein aufgrund seines Namens eine sehr große Aufmerksamkeit sicher.
Sein Vater, Michael Schumacher, ist siebenmaliger Weltmeister und gilt als eine der größten Formel-1-Legenden aller Zeiten. Viele Fans hatten deshalb auch die Hoffnung, dass Mick in ähnlicher Weise sein Können zeigt. Im damals schlechtesten Auto erfüllte Mick diese Erwartung allerdings nur teilweise.
Seit dieser Saison ist er Testfahrer bei Mercedes, arbeitet dadurch mit dem siebenmaligen Weltmeister Lewis Hamilton und Mercedes-Boss Toto Wolff zusammen. Sky-Kommentator Sascha Roos, der die Rennen vor Ort begleitet, ist sich sicher, dass Schumacher bei Mercedes geschätzt wird. Gegenüber watson erklärt er: "Er ist ein wirklich sehr, sehr guter und fleißiger Pilot. Er arbeitet, arbeitet und arbeitet, was Mercedes und Lewis Hamilton zugutekommt."
Das hat auch der Brite gemerkt. Nach dem Rennen in Spanien Anfang Juni, bei dem Hamilton Zweiter und sein Teamkollege George Russell Dritter wurde, verteilte Hamilton ein Sonderlob an Schumacher, sagte damals: "Er hat einen sehr guten Job im Simulator gemacht. Das hat einen Teil dazu beigetragen, dass wir heute so performen konnten."
Im Vergleich zu Haas sei laut Roos Mercedes genau das richtige Team, weil es "für ihn die richtige 'Familie'" sei. Beim deutschen Formel-1-Rennstall gebe es eine "gewisse Nestwärme", die Schumacher vorher im Haas-Team nicht hatte. Roos ist es wichtig, dass es sich dabei nicht um Kritik an Haas und Teamchef Günther Steiner handelt, sondern lediglich ein Ausdruck unterschiedlicher Führungsstile.
Obwohl das Mercedes-Team mit Schumacher zufrieden ist, ist dessen Chance auf einen Stammplatz bei den Silberpfeilen quasi nicht vorhanden. Zuletzt hatte Toto Wolff angekündigt, dass der Vertrag mit Lewis Hamilton so gut wie verlängert sei, Russell hingegen hat bis Ende 2024 Vertrag. Die wahrscheinlichste Chance sieht Roos daher bei Williams: "Die haben einen Mercedes-Motor und Toto Wolff hat gute Verbindungen. Dazu war James Vowles Chefstratege bei Mercedes." Vowles ist aktuell Teamchef bei Williams.
Maßgeblich wird ein Schumacher-Engagement dort aber von den Leistungen von Rookie Logan Sargeant in der zweiten Saisonhälfte abhängen. "Am Anfang hatte er große Schwierigkeiten, zuletzt ist es aber besser gelaufen. Wenn der Abstand zu Teamkollege Alex Albon knapp bleibt, werden sie an ihm festhalten. Nur, wenn er in ein Loch fällt, steigt die Chance für Schumacher", ist sich Roos sicher.
Sargeant hat außerdem noch einen strategischen Vorteil auf seiner Seite: Er ist Amerikaner, genau so wie die Hauptgeldgeber, die hinter Williams stecken. "Das Team wird zwar von Briten gesteuert, allerdings wollen sie vermutlich einen amerikanischen Fahrer haben und eine gute Alternative zu Sargeant sehe ich gerade nicht", erklärt Roos gegenüber watson.
Doch wie stehen die Chancen, nach einem oder mehreren Jahren als Testfahrer einen Stammplatz in einem Cockpit zu bekommen? Nico Hülkenberg hat das zuletzt vorgemacht. Er war drei Jahre Ersatzfahrer. Zunächst bei Racing Point, dann bei Mercedes und Aston Martin. Danach kehrte er als Stammfahrer zurück in die Formel 1, übernahm ausgerechnet Schumachers Platz im Haas-Team und überzeugt seitdem. Roos bezeichnet die Leistungen Hülkenbergs in der aktuellen Saison als "sehr gut".
Hülkenberg hat Schumacher also vorgemacht, wie es laufen könnte. Trotzdem sieht Roos einen großen Unterschied zwischen den Situationen der beiden: "Im Fall von Mick ist es anders als bei Nico Hülkenberg, der auf eine lange Karriere zurückblicken kann. Bei Mick waren die zwei Jahre zu kurz, damit er als erfahrener Formel-1-Fahrer gilt. Je länger die Zeitspanne ist, in der er keinen Stammplatz hat, umso unwahrscheinlicher wird es, dass er wieder einen erhält."
Dass sich Schumacher weiterentwickelt, macht Roos allerdings auch an einem Vorgang abseits der Strecke fest. Zuletzt zeigte sich der Mercedes-Testfahrer mit seiner neuen Freundin, dem dänischen Model Laila Hasanovic. Er turtelte auf einem Boot und gab einen Einblick in sein neues Glück. Roos stellt fest: "Es zeigt eine Entwicklung von Mick Schumacher. Seine vorherige Freundin war zwar auch dabei, aber etwas zurückhaltend."
Demnach habe Schumacher jahrelang genaustens darauf geachtet, wem er sich öffnet und wie. "Vielleicht ist es ein Schritt, dass er jetzt in Zukunft mehr von sich zeigt", mutmaßt Roos und fügt anschließend an: "Mick wird öffentlich manchmal falsch wahrgenommen. Er ist ein sehr netter, höflicher und freundlicher Mensch, dem man nur alles Gute wünschen kann für die Zukunft in der Formel 1." Vielleicht ja sogar mit einem Stammplatz bei Williams in der kommenden Saison.