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DFB: Fanforscher kritisiert umstrittene Präsidenten-Wahl – "Versperrt Weg"

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Während des DFB-Bundestags 2019 wurde Fritz Keller einstimmig zum DFB-Präsidenten gewählt.Bild: www.imago-images.de / Elmar Kremser/SVEN SIMON
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"Machtkonzentration versperrt den Weg für notwendigen Wandel und Reformen": Fanforscher kritisiert umstrittenen Wahlkampf für einen neuen DFB-Präsidenten

02.02.2022, 12:2402.02.2022, 15:47
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In rund einem Monat ist es so weit: Die 262 Delegierten des DFB-Bundestags wählen am 11. März auf dem Bundestag in Frankfurt/Main einen neuen DFB-Präsidenten. Es ist der vierte Chef in den vergangenen zehn Jahren des krisengeschüttelten Verbands. Und dieser muss so einige Reformen anstoßen, um die über sieben Millionen Mitglieder wieder hinter sich zu vereinen.

Lange Zeit war die Kritik am Verband eher ein Nischenthema in der Fankurve, doch das hat sich mittlerweile enorm gewandelt. "Die Kritik an den Top-Funktionären im DFB wird nicht nur immer lauter, sondern findet eine immer breitere Basis. Sie ist mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen", sagt Harald Lange, Fanforscher der Universität Würzburg im Gespräch mit watson.

"Alle Funktionen sind über Jahre und Jahrzehnte in fester Hand eines
Mannes. Diese Machtkonzentration versperrt den Weg für notwendigen Wandel und Reformen."
Fanforscher Harald Lange über die Probleme des DFB

Interessierte sich in der Vergangenheit kaum jemand, was in den Landesverbänden genau passiert und wie der DFB-Präsident am Ende wirklich gewählt wird, hat sich diese Stimmung enorm gewandelt. Denn mit seinen zahlreichen Skandalen in den vergangenen Jahren lenkte der DFB die Aufmerksamkeit automatisch auf sich.

Das erste Mal gibt es Wahlkampf

Dabei ist die Wahl des neuen DFB-Präsidenten zum ersten Mal ganz anders als in den vergangenen Jahren. "Wir haben jetzt erstmals in der Geschichte des DFB die Situation, dass es eine Kandidatur und einen Wahlkampf um das Präsidentenamt gibt", erklärt Lange.

"Seit dem Abgang von Fritz Keller 2021 hat eine Gruppe aus Top-Funktionären aus dem Amateurfußball im DFB einen Kandidaten gesucht, der ihr altes System retten kann."
Fanforscher Harald Lange zum Kandidaten Bernd Neuendorf

Es gibt zwei Lager, die sich hinter den Kandidaten versammelt haben. Einerseits Peter Peters, der 26 Jahre Finanzvorstand bei Schalke 04 war. Der 59-Jährige ist zudem Vizepräsident der Deutschen Fußball-Liga, die Vereinigung der Profiklubs der ersten und zweiten Liga. Zudem ist der Oldenburger auch noch seit 2007 Vizepräsident beim DFB.

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Peter Peters führt den DFB aktuell gemeinsam mit Rainer Koch als Vizepräsident an. Bild: Eibner-Pressefoto / imago images

Obwohl Peters bereits lang im Verband ist, steht er für eine gewisse Form des Aufbruchs. Er machte sein Programm öffentlich, konnte damit jedoch nur bedingt bei den Amateuren punkten. Mit Silke Sinning und Ralf Viktoria nahm er zwei Führungsmitglieder des hessischen Fußballverbandes in sein Kandidatenteam auf. Ganz zum Missfallen des Hessischen Fußballverbandes.

Dort forderte Verbandspräsident Stefan Reuß nun beide laut Fuldaer Zeitung auf, aus Peters Team oder dem Verbandspräsidium zurückzutreten.

Neuendorf als Bewahrer des "alten Systems"

Mit ihrem Rückzug würden sie die Verbandslinie unterstützen, denn das Amateurlager steht fast geschlossen hinter Bernd Neuendorf. Er ist seit 2019 Vorsitzender im Landesverband Mittelrhein. Zwar ist er durch diese kurze Amtszeit nicht durch einen der zahlreichen DFB-Skandale belastet, aber wird vor allem von Rainer Koch unterstützt. Dieser ist seit 2013 DFB Vize-Präsident für Amateurfußball. Neuendorf ein bewusst ausgesuchter Kandidat der Landesfürsten.

"Seit dem Abgang von Fritz Keller 2021 hat eine Gruppe aus Top-Funktionären aus dem Amateurfußball im DFB einen Kandidaten gesucht, der ihr altes System retten kann", erklärt Lange. Und fündig wurden sie bei Neuendorf.

Bernd NEUENDORF, Staatssekretaer im Ministerium fuer Familien und Sport des Landes NRW, Auftakt-Pressekonferenz zur Eishockey-Weltmeisterschaft 2017 in Koeln und Paris, 2017 IIHF Ice Hockey World Cham ...
Bernd Neuendorf werden gute Chancen eingeräumt, künftig DFB-Präsident zu sein. Bild: imago stock&people / Sven Simon

Wenn die 262 Deligierten am 11. März in Frankfurt am Main wählen, werden Neuendorf die größeren Chancen ausgerechnet. Zumal Peters sich nicht einmal den Stimmen der 74 DFL-Vertreter sicher sein kann. In Liga-Kreisen hat er nicht den besten Ruf, zudem trägt er eine Teilschuld am Absturz von Schalke 04.

"Ich denke, dass das Verhältnis zwischen DFB und DFL noch nie so gespalten war wie jetzt."
Fanforscher Harald Lange

Doch egal wie das Ergebnis im Endeffekt aussieht. Der Wahlkampf um den Posten an der Spitze des DFB macht deutlich, was auf Funktionärsebene das größte Problem ist. "Ich denke, dass das Verhältnis zwischen DFB und DFL noch nie so gespalten war wie jetzt", sagt Lange und sieht vor allem Koch als einen der Akteure, der die Spaltung vorangetrieben hat.

Wahlsystem entgegen jeder demokratischen Grundlage

Zudem werfe das Wahlverfahren auf dem DFB-Bundestag laut Fanforscher Lange jede Menge Fragen auf, ob dieses Verfahren mit "guter Demokratie" vereinbar sei. Denn jeder Landesverband hat eine bestimmte Anzahl an Stimmen, die durch Wahlmänner abgegeben werden. Wer diese Wahlleute sind, bestimmt jedoch der jeweilige Landespräsident, der die Stimmen auch einheitlich abgeben kann.

Spannend sei daher vor allem, ob die Delegierten ihrem Präsidenten folgen müssen, oder ob sie frei entscheiden dürfen. Ungereimtheiten bei dieser Wahl "könnten in der Konsequenz dazu führen, dass die zukünftige Verbandsspitze dadurch in keiner Weise durch die Basis legitimiert ist", macht Lange deutlich.

Fanforscher Harald Lange.
Fanforscher Harald Lange null / Uni Würzburg

Dabei sei es laut dem Fanforscher das "einfachste der Welt", wenn man schon in den unteren Organisationsebenen die Landeschefs und Vorstandsmitglieder von den Mitgliedern wählen lässt.

Doch beim DFB sieht man das noch ganz anders. "Das frustriert viele Amateure und färbt ab, auf die Arbeit der vielen Ehrenamtlichen." Aber Lange erklärt auch: "Wir wissen gar nichts darüber, wie die Basis den DFB und ihre Vertreter überhaupt bewertet." Dies versucht der Inhaber des Lehrstuhls für Sportwissenschaft der Uni Würzburg nun mit einer groß angelegten Studie herauszufinden.

Reformvorschläge und Teilhabe kaum möglich

Die Ergebnisse dieser Studie sollen Ende Februar veröffentlicht werden. Schon jetzt sei es so, dass die Menschen an der Basis enttäuscht sind, wie wenig Möglichkeiten es gibt, Einfluss zu nehmen. "Fast alle Funktionen sind über Jahre und Jahrzehnte in fester Hand eines Mannes. Diese Machtkonzentration versperrt den Weg für notwendigen Wandel und Reformen", erklärt Lange.

Ähnliche Kritik übte bereits Nationaltorhüterin Almuth Schult im "Kicker"-Podcast "FE:male view on football". Gemeinsam mit der Initivative "Fußball kann mehr" hatte sie versucht, eine Satzungsänderung beim DFB vorzuschlagen, der eine Doppelspitze ermöglicht hätte.

"Es ist verrückt: Man tut so nach außen, als ob man uns zuhört und dass es toll ist, was wir machen. Aber wenn man direkt mit Menschen spricht, kommt oft zurück: Ihr müsst erstmal 20 Jahre Verbandsarbeit machen, um zu verstehen, wie das geht und müsst euch erstmal das Recht verdienen, mitzuentscheiden."

Identifikation mit dem Fußball leidet

Gerade durch das Verhalten der Verbandsspitze könnte die Identifikation mit dem Fußball enorm leiden. "Wenn an der Spitze der Eindruck entsteht, es ginge primär um persönliche Interessen und weniger um das Wohl des Fußballs, könnte sich das bis an die Basis durchsetzen", glaubt Harald Lange.

Daher fordert der Fanforscher von einer neuen DFB-Führung Transparenz, die Einbindung der Basis und mehr Verantwortung für die hauptamtlichen Mitarbeiter. Neben einer starken Stimme in den internationalen Gremien müsse "die Spaltung zwischen Profis und Amateuren endlich beendet werden".

Deutsche Fans im Ausland schikaniert und angegriffen: Uefa muss handeln
In seiner Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.

Wer sich im europäischen Fußball auskennt weiß, dass die allgemeine Gefahrenlage bei Spielen in Belgrad für Auswärtsfans angespannt ist. Teile der Fanszene sind kriminell und nationalistisch motiviert. Mitunter wird verlautbart, dass deren Geschäfte und Aktionen – zumindest im historischen Rückblick – von offiziellen Stellen gedeckt würden.

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