Die Skeptiker befürchteten schon einen Fehlstart. Doch die Mannschaft von Eintracht Frankfurt belehrte sie eines Besseren: Nach Siegen in Marseille und in Stuttgart liegt die SGE in der Bundesliga und in der Champions League im Soll. Auch wenn, daraus machte Sportvorstand Markus Krösche nach dem Erfolg beim VfB kein Geheimnis, der eine oder andere zusätzliche Punkt in der Bundesliga durchaus möglich gewesen wäre.
Auffällig war zuletzt: Trainer Oliver Glasner baute, zum Teil auch notgedrungen, die Mannschaft an einer entscheidenden Stelle um: Makoto Hasebe, der unermüdliche Japaner, stand urplötzlich wieder in der Startelf. Damit einher ging eine erneute Systemumstellung: Glasner entschied sich plötzlich wieder für eine Dreierkette, die in der Defensivbewegung zu einer Fünferreihe wird. So wie man das in Frankfurt seit Jahren eigentlich kennt.
Kurzfristig führte die Maßnahme, das ist nicht zu bestreiten, zu sportlichen Erfolgen. Doch welche Konsequenzen haben Glasners Umstellungen mittelfristig, also für die Zeit nach der Länderspiellpause am Wochenende des 24. und 25. Septembers? Und welche Spieler haben nun besser (oder schlechtere) Chancen auf Einsatzzeiten? Ein Überblick über die wichtigsten Fragen.
Wir legen uns fest: jein! Ja, weil Glasner in Marseille und Stuttgart sich erneut selbst bewiesen hat, dass die Variante noch immer (besser) funktioniert. Nein, weil Glasner weiterhin von der Viererkette überzeugt ist. Vorausgesetzt, das Personal dafür ist vorhanden. Nicht auszuschließen, dass sich Gegner und Fans also auf wechselnde Formationen werden einstellen müssen.
Zuletzt war nicht zu übersehen, dass sich die Innenverteidiger Tuta und Evan N'Dicka mit einem erfahrenen Mittelmann (Hasebe) wohler fühlen. Das Problem an der Viererkette war aber vor allem, dass die Eintracht nicht genügend stabile Außenverteidiger hat: Rechts musste Sechser Kristijan Jakić ran, weil ansonsten nur Timothy Chandler zur Verfügung steht. Links wechselten sich Luca Pellegrini und Christopher Lenz ab. Ersterer ist körperlich nicht fit, zweiterer regelmäßig verletzt.
Perspektivisch wird sich das allerdings ändern können: Pellegrini wird an seiner Fitness arbeiten müssen und spätestens zur Rückrunde sollen die verletzten Almamy Touré und Neuzugang Aurélio Buta fit sein.
Es würde nicht überraschen, wenn Glasner dann erneut versuchen würde, die Viererkette endgültig zu etablieren.
Ansgar Knauff war DER Shootingstar der Rückrunde 2021/2022. Nicht nur in der Bundesliga, auch in der Europa League. Doch zum Bundesliganeustart war er in Frankfurt plötzlich außen vor.
Das lag (auch) an der Systemumstellung auf eine Viererkette, weil Glasner dadurch auf die aus dem Vorjahr bekannte Flügelzange verzichtete. (Was natürlich auch daran liegt, dass mit Knauff nur noch der rechte Flügel vorhanden war, weil Filip Kostic den Verein verlassen hat.)
In der stärker gestaffelten Offensivvariante hatten Jesper Lindstrøm, Mario Götze und Daichi Kamada in der Offensivreihe ihre Nasen vorn.
Vor allem die Partie in Stuttgart jedoch zeigte: Sobald die Eintracht in der Defensive mit einer Dreierkette spielt, ist Knauff auf den Außen eine Option, weil dann seine mangelnden Außenverteidigerfähigkeiten nicht ganz so elementar sind. Beim VfB und in Marseille agierte er sogar auf der linken Seite. Nicht immer glücklich, aber dennoch nicht schlecht.
Der Zug zum Tor ist seitenverkehrt natürlich ein anderer. Aber das könnte die Position sein, die Knauff doch wieder öfter in die Startelf spült.
Eintracht Frankfurt wurde 2022 Europa-League-Sieger, ohne einen klassischen Mittelstürmer zu haben. Die Lücke füllte unerwartet beeindruckend Raphael Borré – unter anderem mit seinen Toren in Barcelona, in Sevilla und dem entscheidenden Elfmeter im Finale.
Nun jedoch mischt Randal Kolo Muani die Bundesliga auf, zudem sitzt der (bisher enttäuschende) weitere Neuzugang Lucas Alario auf der Bank. Und Borré? Bleibt nur die Joker-Rolle, weil Glasner, wenn er hinten mit Dreierkette spielt, auch offensiv auf eine Dreier-Formation setzt, in der neben dem Stürmer zuletzt Mario Götze und Jesper Lindstrøm oder Daichi Kamada gesetzt waren. Dass Borré nach seiner starken Vorsaison mehr will, versteht sich von selbst. Wie er eventuell wieder wichtiger werden könnte, ist eine der spannendsten Fragen der kommenden Wochen.
Im Gegensatz zur Defensive ist das für Trainer Oliver Glasner allerdings ein Luxusproblem. Im Angriff hat die SGE im Gegensatz zu den Vorjahren nun namhafte Alternativen.