Dem BVB ist in seiner Krise ein überraschender Befreiungsschlag gelungen. Gegen zuvor saisonübergreifend 19 Bundesliga-Spiele in Folge ungeschlagene Leipziger gewannen die Dortmunder mit 2:1.
Und noch viel wichtiger: Sie zeigten nach langem auch mal wieder eine überzeugende Leistung, erspielten sich durch Klasse und starken Einsatz mehr Torschüsse und Großchancen als die Sachsen.
Zuvor waren die Dortmunder in einer Leistungs- und Ergebniskrise, die sogar vermuten ließ, dass BVB-Trainer Nuri Şahin nicht mehr unantastbar ist. Die vergangenen Spiele gingen recht sang- und klanglos verloren, auch wegen einer großen Verletztenmisere.
Diese soll jedoch keine Ausrede sein, wenn es nach der Dortmunder Vereinslegende Jürgen Kohler geht. Er mahnt den BVB zudem davor, den Sieg gegen Leipzig überzubewerten.
Jürgen Kohler wurde mit dem DFB 1990 Weltmeister und mit feierte mit dem BVB neben zwei Meisterschaften 1997 auch den Champions-League-Sieg.
Kohler glaubt in seiner Kolumne für den "Kicker" nicht, dass mit dem 2:1 gegen Leipzig Ruhe einkehrt. "Es war nur ein Sieg", ein Befreiungsschlag hingegen sehe er nicht. Dafür müsse der BVB sein gegen Leipzig gezeigtes Leistungspotenzial häufiger abrufen und sich besonders bei Auswärtsspielen besser präsentieren. Die Bilanz in der Fremde sei bislang "erschreckend".
Deshalb sei der Gradmesser nun das kommende Bundesliga-Spiel gegen Mainz 05. Nicht nur ist der BVB dann wieder auswärts gefordert. Zudem "wartet ein Gegner, der den Dortmunder mehr Spielanteile überlassen wird".
Ein idealer Gegner also für das Team, das lernen müsse, "dieser Favoritenrolle gerecht zu werden". Insgesamt habe der BVB eine Qualität im Kader sowie einen Etat, mit dem er unter die vier besten Teams kommen müsse. Die Verletzungssorgen dürften gerade bei der üppig besetzten Offensive "keine Ausrede" für sein.
Einen Spieler hebt Kohler nach dem Sieg gegen Leipzig besonders hervor: Kapitän Emre Can, der die vergangenen Wochen stark in der Kritik stand. Er habe "nach schwierigen Wochen eine überzeugende Leistung" gezeigt.
Die Kritik an Can findet Kohler durchaus gerechtfertigt: "Wer ein Leader sein will, muss sich Kritik gefallen lassen, solange sie sachlich und nicht unter der Gürtellinie ist."
Dass Can aufgrund von Dortmunds Personalsorgen – neben den Außenverteidigern Yan Couto und Julian Ryerson fehlten auch Niklas Süle und Waldemar Anton – in der Verteidigung ran musste, findet Kohler sogar gut. "Mit seinem Willen, seiner Zweikampfstärke und Schnelligkeit ist Can in der Innenverteidigung am besten aufgehoben."
Und wenn er mal ein schlechtes Spiel macht, brauche er trotzdem den Rückhalt des Trainers, er müsse "immer auf dem Platz stehen", um die Mannschaft zu führen.