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Borussia Dortmund gegen RB Leipzig: Jürgen Klopp verlässt den BVB endgültig

firo : 07.09.2024, Fussball, Fußball, 1.Bundesliga, 1.Liga, Saison 2024/2025, BVB, Borussia Dortmund, Abschiedsspiel Lukasz Piszczek und Jakub Blaszczykowski Trainer Jürgen Klopp vor den Fans
Hach Klopp, was machst du mit unseren schwarz-gelben Herzen?!Bild: firo Sportphoto / Ralf Ibing
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BVB-Fans, freut euch: Endlich sind wir unsere Droge Jürgen Klopp los – oder?

02.11.2024, 10:53
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Es gibt ein Ritual, das mich mit unzähligen anderen BVB-Fans verbindet. Alle paar Monate packt mich die Sehnsucht. Entweder wenn es in Dortmund besonders schlecht läuft oder außerordentlich gut, gehe ich auf Youtube und schaue ein Video nach dem anderen: Die letzten Minuten des "Wunders von Málaga", als der BVB mit zwei Toren in der Nachspielzeit das Champions-League-Halbfinale erreichte. Oder die Sekunden vor der feststehenden Meisterschaft 2011.

Ich erinnere mich zurück an dieses Gefühl des maximalen – und maximal überraschenden – Erfolgs. Dieses Comfort Binging wirkt wie eine Droge bei mir und vielen anderen Fans. Dedê, Götze, jubelnde Fans, Großkreutz, Weidenfeller, Autokorsos, die Meisterschale, Zorc, Klopp. Immer wieder Klopp, am Anheizen, am Jubeln, immer wieder diese unkontrollierte Gesichtskirmes, die Sprünge und Fäuste in die Luft.

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Szenenwechsel in den grauen Bundesliga-Alltag im November 2024. Vor Kurzem hat Dortmunds ehemaliger Meistertrainer mit seinem Einstieg bei Red Bull die Borussen-Welt schockgefrieren lassen. Heute, beim Spiel gegen Marketingprodukt RB Leipzig, taut der BVB wieder auf – und startet endlich in eine neue Ära nach Klopp.

Klopp ist wie eine Droge für den BVB

Borussia Dortmund drohte jahrelang, an Klopp seinen Verstand zu verlieren. Und vielleicht ist es eh schon zu spät: Neben fehlendem Fingerspitzengefühl und Pech führten auch falsche Ansprüche dazu, dass der BVB mit Nuri Şahin bereits den siebten Trainer seit Kloppo hat – also seit neun Jahren.

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Nuri Şahin ist seit dem Sommer Cheftrainer beim BVB.Bild: IMAGO images / kolbert-press

Auch bei Şahin will man als Fan schon wieder vorschnell sagen: "Er ist nicht der Richtige." Nicht der Auserwählte, nicht genug wie sein ehemaliger Mentor Klopp. Und das, obwohl Şahin gerade mal wenige Monate hatte, um in Dortmund seine Spielidee umzusetzen.

Dieser Text soll daher ein Befreiungsschlag von Klopp, eine Emanzipationserklärung als Fan sein.

Und doch werde ich schon wieder schwach. Bei der Suche nach einem Bild für diesen Text bleibt mein Blick bei einem der letzten Fotos hängen, das Jürgen Klopp mit den Dortmunder Fans zeigt. Es wurde beim Abschiedsspiel von Łukasz Piszczek und Jakub Błaszczykowski Anfang September aufgenommen.

Klopps Hand liegt dabei auf der Brust, auf dem Vereinsemblem. Er hat wie früher seine Kappe mit der ikonischen "Pöhler"-Aufschrift auf. Pöhlen bedeutet im Ruhrpott sowas wie kicken oder bolzen und steht für den ehrlichen Spaß- aber auch Kampffußball der Klopp-Jahre.

Auf dem Foto sieht man in Klopps Gesichts zudem ein ehrlich gerührtes, freches und stolzes Grinsen Richtung Südtribüne ... ehrlich und stolz? Ich wache aus meinem Rausch wieder auf.

Klopp-Wechsel zu Red Bull: Bitte nehmt ihn uns ab

Alle BVB-Fans, die die vergangenen Jahre dachten, Jürgen sei "unser Kloppo", haben sich Illusionen gemacht. Zahlreiche Werbeauftritte, arrogante Auftritte, verbale Attacken gegen Journalist:innen, wirre Aussagen über Dieter Nuhr und Redefreiheit sowie über das Red-Bull-"Projekt" zeigten, welche Werte der mittlerweile 57-Jährige wirklich vertritt.

ARCHIV - 14.05.2011, NA, Dortmund: Dortmunds Trainer J�rgen Klopp feiert mit der Meisterschale am Sonntag (15.05.2011) auf einem Umzugswagen mit einem Autokorso auf dem Borsigplatz die Meisterschaft i ...
Bessere Zeiten, die es beim BVB zu vergessen gilt.Bild: dpa / Torsten Silz

Und doch konnten die Dortmunder:innen bisher noch leichter über Klopps Fehler hinwegsehen, seine Macken ausblenden. Wir konnten uns von der Illusion blenden lassen, dass wir in Dortmund nicht nur den besten, sondern auch den coolsten deutschen Trainer geformt haben. Sein Wechsel zu RB macht diese Träumerei nun unmöglich.

Über die Unnatürlichkeit und kriminelle Energie Rasenballsport Leipzigs und anderer RB-Klubs wurde schon zuhauf geschrieben. Wer bei Red Bull arbeitet, unterstützt obendrein noch einen Konzern, der unter anderem mit seinem Fernsehsender Servus TV seit Jahren rechtspopulistische Inhalte verbreitet.

Mich stört es zwar, dass dieser Konzern und dieser Klub einen kompetenten Fachmann bekommen. Doch für den BVB kann Klopps Entscheidung sogar eine Chance sein, für die man ihm danken kann. Klopp im Red-Bull-Trainingsanzug, am besten noch mit einer Dose Brause in der Hand: Das würde mir helfen, das würde dem BVB und seinem Umfeld helfen, über ihn hinwegzukommen.

Klopp ist nicht mehr der beste, coolste, echteste Trainer jemals – er ist einer der seelenlosen Kapitalisten. Und daher wollen wir ihn auch nicht mehr eines Tages zurück. "Es steckt ein Ende in Legende", kommentierten jüngst Dortmund-Ultras zu Klopp.

Indem wir ihn verteufeln und uns von ihm befreien, könnten wir uns auch von der Sehnsucht befreien, dass alles so wird wie früher. Davon, dass Dortmund um Titel mitspielen muss. Davon, dass ein Trainer perfekt sein muss, sowohl taktisch versiert, als auch echt und nahbar. Einer von uns, der alles für den Verein tut.

Ich merke, wie ich schon wieder zu schwärmen anfange. Und ich muss mir eingestehen: Das hier ist keine Abrechnung – es ist ein Hilferuf. Bitte nehmt ihn uns endlich weg. Auch wenn er selbst heute nicht im Westfalenstadion sein wird, kann man die Partie als unsichtbare Staffelübergabe ansehen. Es ist Tag 1 des "Pöhler"-Entzugs. Ciao Kloppo. Uns geht es besser ohne dich.

Schnief. Und jetzt erstmal etwas Comfort Binging ... ups.

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