Der FC Bayern steckt aktuell in einer der größten Vereinskrisen der vergangenen elf Jahre. Bild: AP / Matthias Schrader
Bundesliga
Die Krise beim FC Bayern ist allgegenwärtig. Nach der Entlassung von Trainer Julian Nagelsmann ist die Mannschaft zunächst aus dem DFB-Pokal geflogen, anschließend aus der Champions League und verspielte am vergangenen Wochenende die Tabellenführung in der Fußball-Bundesliga. Fünf Spiele vor Schluss haben es die Bayern das erste Mal seit zehn Jahren nicht mehr selbst in der Hand, Deutscher Meister zu werden.
Die teilweise sehr heftige Kritik bezieht sich aktuell jedoch nicht nur auf die inkonstanten Leistungen der Stars auf dem Platz, sondern auch auf die Bayern-Bosse um Präsident Herbert Hainer, den Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidžić.
Ex-Bayern-Star Mehmet Scholl, der 15 Jahre beim deutschen Rekordmeister spielte, äußert sich im Podcast "Einfach mal Luppen" von Toni Kroos und seinem Bruder Felix nun ebenfalls zur Krise bei seinem Ex-Verein, jedoch ganz anders als beispielsweise die Sky-Experten Lothar Matthäus oder Dietmar Hamann.
Mehmet Scholl spielte 15 Jahre beim FC Bayern. Bild: dpa / Tobias Hase
FC Bayern in der Krise: Scholl stichelt gegen TV-Experten
Vom 4:2-Sieg beim Debüt von Neu-Trainer Thomas Tuchel über Borussia Dortmund sei Scholl noch begeistert gewesen. Dort habe er eine Bayern-Mannschaft gesehen, die gut spielte, gut strukturiert und physisch präsent war. Doch anschließend konnte die Mannschaft nur noch eines von sechs Spielen gewinnen.
"Man hat das Gefühl, jetzt kam der erste wirkliche Orkan mit drei Klatschen hintereinander. Davon erholt sich eigentlich eine Mannschaft mit einer guten Struktur." Doch genau diese würde aktuell fehlen.
"Es fehlt die Klarheit, wer macht überhaupt was. Wer darf kreativ sein?", sagt Scholl. Auch für Toni Kroos, der sich die vergangenen Spiele der Münchner angeschaut hat, "ist offensichtlich, dass irgendwas nicht funktioniert." Es seien aktuell Entwicklungen dabei, die man von den Münchnern nicht kennen würde – wie etwa die verspielte 1:0-Führung bei der 1:3-Niederlage gegen Mainz 05 am vergangenen Wochenende.
Dass Team und Verantwortliche aber seit Wochen heftig von zahlreichen Ex-Spielern, die mittlerweile als Experten arbeiten, angegangen wird, kann Scholl nicht nachvollziehen.
"Wir ehemaligen Spieler dürfen nicht alle so tun, als hätten wir immer nur gewonnen oder nicht auch mal solche Phasen gehabt. Bayern ist Zweiter, zwei Titel sind weg und sie haben immer noch eine Chance auf den dritten. Stell dir mal vor, dass eine Mannschaft Meister wird und man redet von einer verkorksten Saison." Laut Scholl gäbe es solche Phasen alle paar Jahre mal wieder. Er wurde in seinen 15 Jahren in München achtmal deutscher Meister.
"Ich sehe, dass die Spieler sich wohlfühlen und wollen", beobachtete Scholl. Viel entscheidender ist für ihn, wie die Mischung aus kreativen Spielern, Führungsspielern und normalen Spielern auf dem Platz ist. "Da herrscht es ein gehöriges Durcheinander. Jeder will, aber keiner kann mehr Kommandos geben. Die Mannschaft bricht bei jedem Druck auseinander." Und das könne man nicht mit Taktik auszugleichen. "Wo ist die Achse?", fragt Scholl.
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FC Bayern: Scholl nimm Hasan Salihamidžići in Schutz
Dafür, dass diese aktuell nicht zu erkennen ist, wird auch Sportvorstand Hasan Salihamidžić verantwortlich gemacht. Er konnte nach den Abgängen von Führungsspielern wie Robert Lewandowski, David Alaba oder Thiago in den vergangenen Jahren für keinen passenden Ersatz sorgen.
Mit dem Sportvorstand, mit dem Scholl mehrfach deutscher Meister, Pokalsieger und 2001 Champions-League-Sieger wurde, fand er nur versöhnliche Worte. "Er macht einen guten Job", resümierte er und lobte ihn als "eifrigen und engagierten" Menschen. "Ich sehe nur, wie er sich präsentiert, schaue mir die Transfers an und er macht einen guten Job. Er macht das total authentisch und so, wie er ist."
Hasan Salihamidžić (l.) und Oliver Kahn stehen beim FC Bayern gehörig unter Druck.Bild: imago / Michael Weber
Scholl gibt zu, dass er aber insgesamt zu wenig Kontakt zum FC Bayern oder den Spielern habe, um zu erklären, was falsch gelaufen sei in der Vergangenheit.
Angesprochen auf die Kritik an seinem anderen ehemaligen Teamkollegen Oliver Kahn könne jedoch nicht viel sagen. "Bei Olli kann ich überhaupt nicht beurteilen, was er macht, weil ich keinen Einblick in die Arbeit eines Vorstandsvorsitzenden habe."
Als gesamter Verein würde es nun vor allem darum gehen, Struktur reinzubringen, Aufgaben zu verteilen und Freude zurückzubringen. "Dann wird der FC Bayern auch wieder oben stehen", ist Scholl sicher.
Der 1. FC Köln erlebte in den vergangenen Jahren ein ständiges Auf und Ab. Nicht nur was die Tabellenplatzierung und Liga angeht, sondern auch was die Arbeit des ganzen Vereins angeht. Derzeit ist mal wieder Krisenstimmung in der Domstadt angesagt.