Für Alexander Zverev beginnen die Australian Open am Montag mit einem bekannten Gesicht. Der 24-Jährige trifft im deutschen Duell am Montag auf Daniel Altmeier.
Doch das Spiel gegen seinen Landsmann soll für Zverev nur ein kleiner Schritt auf dem Weg zu seinem großen Ziel sein: Endlich seinen ersten Grand-Slam-Titel zu gewinnen und dadurch womöglich auf Platz 1 der Weltrangliste zu klettern.
Durch den Ausfall von Rekordsieger Novak Djokovic, der das Turnier in Australien in den vergangenen drei Jahren immer gewann, steigen Zverevs Chancen gewaltig.
Nach seinem Olympiasieg 2021 und dem Erfolg bei den ATP-Finals, ist sich auch der ehemalige deutsche Weltklasse-Tennisspieler Nicolas Kiefer sicher, dass Zverev für seinen ersten Grand-Slam-Sieg gerüstet ist. "Es ist an der Zeit. Nach dem Sieg bei den Olympischen Spielen und der WM hat er bewiesen, dass er bereit ist", erklärt Kiefer gegenüber watson. Gerade diese beiden Erfolge hätten dafür gesorgt, dass er voller Selbstvertrauen ins Jahr startet.
Und auch Tennis-Legende Boris Becker hofft nun den nächsten Schritt des deutschen Stars. "Er ist jetzt in der Form seines Lebens, und jetzt müssen die großen Titel her", fordert er im Podcast "Das Gelbe vom Ball".
Den Ausfall des serbischen Superstars dürften vor allem Zverev, der in der Weltrangliste auf Platz 3 steht, und Daniil Medvedev (Weltranglistenplatz 2) mit einem gewissen Wohlwollen beobachtet haben.
Beide gelten nun als absolute Top-Favoriten auf den Turniersieg. Wobei Medvedev Zverev bereits einen Schritt voraus ist, und mit dem Erfolg bei den US Open im vergangenen Jahr einen Grand-Slam-Titel vorweisen kann.
Somit steigt laut Becker der Druck auf Zverev. "Er ist plötzlich der Favorit, und bei ihm erwartet man mindestens das Halbfinale" und fügt hinzu: "Das ist eine andere Erwartungshaltung, und damit muss man auch umgehen können."
Dass der Wirbel um Novak Djokovic die deutsche Nummer 1 aber abgelenkt haben könnte, glaubt Nicolas Kiefer nicht. "Er konnte sich viel mehr auf seine Arbeit und die Vorbereitung konzentrieren. Alles hat sich auf Novak Djokovic fokussiert."
Für Djokovic ist der Ausfall aber auch aus einem ganz anderen Grund noch viel dramatischer. Bei seinem Lieblingsturnier in Australien wollte er seinen 21. Grand-Slam-Titel gewinnen und sich somit vor Rafael Nadal und Roger Federer schieben, die ebenfalls bei 20 Erfolgen stehen.
Nadal ist auch bei den Australian Open dabei, die er 2009 gewann, gilt aber nicht als ganz großer Favorit. Dennoch könnte er mit einem Überraschungserfolg an Djokovic vorbeiziehen. Der nächste Grand Slam, die French Open, ist Nadals Lieblingsturnier. Dann könnte er bereits zwei Titel Vorsprung auf Djokovic haben und den Titel als erfolgreichster Tennisspieler aller Zeiten halten.
Für Boris Becker ist aber klar, dass Zverev seinen Olympiasieg aus dem Sommer 2021, bei dem er in Tokio Djokovic besiegte, bestätigen muss. "Wenn das dieses Jahr nicht passiert, dann kommt die nächste Generation und der Druck erhöht sich etwas, die Fragen werden lauter", sagt Becker.
Doch der dreifache Wimbledon-Sieger ist "guter Dinge", dass Zverev den silbernen Pokal am 30. Januar in der Rod-Laver-Arena vor 15.000 Zuschauern in den Abendhimmel von Melbourne strecken wird. Gleichzeitig betont Becker, dass es "kein Zuckerschlecken" werde.
Und auch für Kiefer sei es nur eine Frage der Zeit, bis Zverev seinen ersten Grand-Slam-Titel gewinnt. "Aber es müssen viele Faktoren zusammenpassen." Zu denen zählt Kiefer, der bei den Australian Open 2006 das Halbfinale erreichte, vor allem die Fitness, die Gesundheit und ein gewisses Losglück. Und resümiert: "Ein Riesenpuzzle, bei dem dann auch alle Steine zusammenpassen müssen."
Bereits im November 2021 kündigte Zverev an, dass er diesem Ziel in diesem Jahr alles unterordnen wird. "Ich kann nur eins sagen: Ich werde dafür alles tun. Ich werde so viel Arbeit wie möglich reinstecken und meinen Arsch dafür aufreißen, dass es passiert."
Und mit einem Sieg würde der deutschen Nummer 1 auch der Platz an der Spitze der Weltrangliste winken.
"Das ist natürlich das ultimative Ziel, und ich glaube, das hat er im Hinterkopf. Ich sehe auch gute Chancen, dass er das erreicht", sagt Boris Becker und Nicolas Kiefer fasst die Bedeutung einer möglichen deutschen Nummer 1 der Welt in einem Wort zusammen: "Großartig".
Die vergangenen drei Jahre war Djokovic der dominanteste und konstanteste Tennisspieler der Welt. Auch aktuell führt er die Rangliste mit 11.015 Punkten an, hinter ihm folgen Medvedev (8935 Zähler) und Zverev (7970). Die Rechnung dazu ist nicht ganz einfach, da die Weltranglistenpunkte immer nur für die vergangenen 52 Kalenderwochen zählen.
Durch Djokovics Nicht-Teilnahme werden dem Vorjahressieger die 2000 Weltranglistenpunkte für den Grand-Slam-Sieg wieder abgezogen und er steht bei 9015. Zverev schied im vergangenen Jahr bereits im Viertelfinale aus. Dadurch verliert er nur 360 Punkte und liegt bei 7610 Zählern. Gewinnt er das Turnier, stünde er durch die zusätzlichen 2000 Punkte bei 9610 und wäre somit ab dem 1. Februar auf Platz 1 der Weltrangliste.
Also ist klar: Zverev muss die Australian Open gewinnen.
Nicolas Kiefer hat jedoch keinen Zweifel daran, dass Zverev es nicht schafft. "Er setzt sich Ziele und die wird er auch erreichen. Er ist ganz nah dran."