Für Yuki Tsunoda ist es ein ganz besonderes Renn-Wochenende. Nicht nur, weil es sein Heimrennen in Japan ist. Der 24-Jährige wird auch erstmals ins Red-Bull-Auto steigen und damit Teamkollege von Weltmeister Max Verstappen werden.
Bislang fuhr der Japaner immer im Juniorteam von Red Bull. Nachdem Liam Lawson an den ersten beiden Rennwochenenden enttäuscht hatte, kam für viele überraschend schon sehr früh in der Saison der Tausch beider Fahrer.
"Wenn ich nicht selbstbewusst wäre, würde ich jetzt nicht hier in Red-Bull-Farben sitzen", sagte Tsunoda vor dem Wochenende, auch wenn er einräumte: "Ich werde nicht direkt wie Max performen. Aber ich bin zuversichtlich, dass ich gut fahren werde."
Dass die Red-Bull-Verantwortlichen Tsunoda vertrauen, machte auch Helmut Marko, RB-Berater, gegenüber "sport.de" klar: "Yuki ist erwachsen und ist sich dieser schweren Aufgabe bewusst und ich glaube, er wird es mit der entsprechenden Demut und Vernunft angehen."
Marko betonte aber auch besonders: "Wir gehen davon aus, dass das der Yuki schafft. Er ist in seiner fünften Saison, ihn kann man also durchaus als Routinier bezeichnen."
Doch trotz des Routinier-Daseins wird Tsunoda es neben Max Verstappen schwer haben. Das haben bereits die Fahrer vor ihm schmerzhaft erfahren müssen.
Seit Max Verstappen 2016 bei Red Bull in die Formel 1 aufgestiegen ist, hat sich der Niederländer zur dominierenden Figur im Team entwickelt – sportlich wie intern. Bereits bei seinem Debüt in Barcelona gewann er sensationell, damals noch neben Daniel Ricciardo. Es war der Beginn einer Ära, in der Verstappen die Teamhierarchie klar bestimmt – oft zum Nachteil seiner Teamkollegen.
Mit Ricciardo teilte er sich über zwei Jahre das Cockpit, doch spätestens ab 2018 wurde klar, wer intern das Sagen hatte. Ricciardo verließ Red Bull nach Spannungen – unter anderem wegen Kollisionen wie in Baku 2018. Es folgten Pierre Gasly und Alexander Albon, die beide an der Seite Verstappens scheiterten – laut eigener Aussage oft auch am fehlenden Vertrauen des Teams.
Gasly musste nach nur zwölf Rennen im Red-Bull-Auto wieder zurück ins Schwesterteam, Albon folgte ihm ein Jahr später. Von 2021 bis zum Ende der vergangenen Saison fuhr Sergio Pérez neben Verstappen, er war immer unterlegen.
Woran die Unterlegenheit der Verstappen-Teamkollegen liegt, erklärte Alex Albon mal ausführlich in einem Interview mit dem "The High Performance"-Podcast. Albon erzählte damals, dass das Red-Bull-Auto immer wieder auf Verstappens Wünsche hin angepasst wird.
Dabei führte der aktuelle Williams-Fahrer aus: "In meinem Jahr war es so, dass ich am Anfang etwas hinter ihm war, aber nicht so viel. Als die Saison weiterging, wollte er sein Auto immer feinfühliger. Dadurch wurde er immer schneller." Verstappen mag es, wenn die Boliden extrem sensibel reagieren.
Einen passenden Alltagsvergleich lieferte Albon mit: "Du spielst ein Computer-Spiel und du regelst die Sensibilität der Maus aufs Maximum, dann bewegt sich die Maus in einem unfassbar unkontrollierbarem Tempo. So ungefähr fühlt es sich an."
Um dann mit den Ergebnissen von Verstappen mithalten zu können, müssten die Fahrer mehr Risiken eingehen. Da jedoch kaum jemand mit den feinfühligen Autos in den Extremen so gut klarkommt wie Verstappen, komme es früher oder später zu Crashs oder Drehern.
"Danach verliert man etwas das Selbstbewusstsein, wodurch der Abstand sich vergrößert. Beim nächsten Mal, wenn man wieder versucht zu verkürzen, gibt es wieder einen Dreher oder Fehler", erklärt Albon.
Es ist also wie ein Teufelskreis, aus dem die Fahrer schlecht herauskommen. Die Frage ist nur, wie Tsunoda damit zurechtkommt. Anlass zur Hoffnung gibt es bei ihm zumindest ein wenig: Im ersten Training war er lediglich eine Zehntelsekunde hinter Verstappen.