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Formel 1: McLaren dominiert – Sky-Kommentar warnt vor Machtkampf

McLaren driver Lando Norris of Britain reacts after taking pole position during qualifying at the Australian Formula One Grand Prix at Albert Park, in Melbourne, Australia, Saturday, March 15, 2025. ( ...
Lando Norris wurde im vergangenen Jahr knapp hinter Max Verstappen Vize-Weltmeister. Bild: AP / Asanka Brendon Ratnayake
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Formel-1-Insider bei WM-Titel sicher: "Am Ende glaube ich an Lando Norris"

Sascha Roos ist seit vielen Jahren eine der Stimmen der Formel 1. Er kommentiert für den Pay-TV-Sender Sky die Königsklasse des Rennsports und gibt vor dem Saisonstart seine Einschätzungen ab.
15.03.2025, 14:5215.03.2025, 14:52
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Watson: Sascha, du warst von den McLaren bei den Tests in Bahrain begeistert. Sehen wir in dieser Saison eine Dominanz von Papaya statt von Red Bull?

Sascha Roos: Das glaube ich nicht. Die anderen sind zwar am Red Bull näher dran als letztes Jahr, aber die Dominanz, die Max Verstappen in der ersten Saisonhälfte hatte, werden Lando Norris und Oscar Piastri nicht haben.

Worin liegt dennoch das Geheimnis der guten Entwicklung bei McLaren?

Sie haben jetzt zum Saisonbeginn sicherlich das beste Paket, weil die handelnden Personen alle geblieben sind: an der Pitwall mit CEO Zac Brown, die Renningenieure und die Fahrer. Diese Ruhe wurde bei McLaren genutzt. Ich denke trotzdem, dass andere Teams in der Lage sind, gut mithalten zu können.

29.08.2024, xsvx, Motorsport FIA Formel 1, Großer Preis von Italien 2024 emspor, v.l. Sascha Roos Skx Deutschland FIA REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and/or QUASI-VIDEO  ...
Sascha Roos kommentierte 2013 zum ersten Mal die Formel 1 für Sky. Bild: Imago Images / Jan Huebner

Welche Teams meinst du konkret?

Ferrari, Red Bull und mit Abstrichen auch Mercedes. Mercedes hatte bei den Longruns mit der Reifenabnutzung ein paar Probleme. Der Ferrari hat eine neue Vorderradaufhängung, da könnte noch etwas am Feintuning fehlen. Und bei Red Bull: Naja, solange Max Verstappen mitfährt, muss man mit allem rechnen, auch wenn sein neuer Teamkollege, Liam Lawson, einen klaren Rückstand hat.

Trotzdem hast du auf deinem Tiktok-Kanal gesagt, dass Max Verstappen den Titel nicht verteidigen wird. Hältst du daran fest?

Ja.

Warum?

Es war im vergangenen Jahr ultra knapp und Max hat davon profitiert, dass er in der ersten Saisonhälfte so dominiert hat. Dadurch hatte er einen großen Vorsprung angesammelt, der in der zweiten Saisonhälfte immer mehr geschmolzen ist. Zudem hatten die McLaren einen schlechten Saisonstart. Diesen Vorteil hat er mit Beginn der jetzigen Saison nicht, sondern die McLaren sind sogar besser einzuschätzen.

"Im letzten Jahr wurde eindeutig zu lange gewartet, das wird sich nicht nochmal wiederholen."
Zur Rangfolge beim McLaren-Team

Glaubst du, dass sich die Machtverhältnisse im Laufe der kommenden Saison erneut so rasant ändern können?

So extrem wie im vergangenen Jahr nicht. Die Autos sind ausentwickelt, dementsprechend wird es keine großen Verschiebungen geben. 2026, wenn es wieder komplett neue Regeln für die Autos gibt, ist das wieder möglich, weil alle Teams bei null anfangen.

Im vergangenen Jahr hat sich McLaren lange nicht festgelegt, wer in der Rangfolge innerhalb des Teams die Nummer eins ist. Das wird als Fehler im Titelrennen angesehen. Glaubst du, das wird sich wiederholen?

Im letzten Jahr wurde eindeutig zu lange gewartet, das wird sich nicht nochmal wiederholen. Zwar werden sie bei null starten, aber Lando Norris wird sicherlich wegen des vergangenen Jahres einen kleinen Bonus haben. Ich gehe davon aus, dass im Team nach fünf bis sechs Rennen geschaut wird, wie der WM-Stand ist und sich dann festgelegt wird.

Kannst du dir auch vorstellen, dass das Team zulassen würde, dass die beiden den Titel untereinander ausfahren?

Das halte ich für unrealistisch, allein, weil die anderen Teams dafür zu stark sind. Ich denke, dass in der Winterpause klare interne Absprachen getroffen wurden und auch das Zeitfenster genannt wurde, nachdem man sich in der neuen Saison auf die Nummer eins im Team festlegen wird.

Wem traust du letztendlich die Weltmeisterschaft zu?

Am Ende glaube ich an Lando Norris. Das ist aktuell das beste Gesamtpaket mit dem Auto.

"Gerade im teaminternen Duell wird es schwer für ihn. Charles Leclerc ist einer der besten Qualifier im Feld, wird also oft vor ihm starten."
Über den Kampf zwischen Lewis Hamilton und Charles Leclerc bei Ferrari.

Eine große Umstellung zur neuen Saison betrifft Lewis Hamilton. Er hat nach zwölf Jahren den silbernen Mercedes gegen den roten Ferrari eingetauscht. Hast du dich schon daran gewöhnt?

Am Anfang fand ich es befremdlich, mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt.

Wie bewertest du den Wechsel?

Marketingtechnisch war das ein absoluter Spitzencoup für Ferrari. Die knapp 40 Millionen Follower, die Lewis mitbringt, sind für den Rennstall, aber auch für die Sponsoren interessant.

Was ist sportlich für Hamilton drin?

Gerade im teaminternen Duell wird es schwer für ihn. Charles Leclerc ist einer der besten Qualifier im Feld, wird also oft vor ihm starten. Bei der Rennpace sind sie ähnlich einzuordnen, aber genau deshalb wird es schwer, wenn er größtenteils hinter Leclerc startet.

Kann es da zu Spannungen zwischen beiden kommen?

Ich glaube nicht, beide sind Profis genug. Leclerc ist nicht bekannt, griesgrämig zu sein, und Lewis ist mit seinen 40 Jahren auch aus dem Alter, sich ein Battle zu liefern. Es ist eine andere Situation als damals mit Nico Rosberg. Wenn Ferrari jetzt das beste Auto hätte und beide die Chance, um den WM-Titel zu fighten, könnte es anders sein. Aber davon gehe ich nicht aus.

Hamilton hat einen "mehrjährigen Vertrag" unterzeichnet. Wie kann er helfen, das neue Auto für 2026 zu entwickeln, wenn alle Teams aufgrund neuer Regelungen wieder bei null anfangen?

Er kommt von einem Weltmeisterteam, das über Jahre hinweg die Formel 1 dominiert hat. Das kann und wird er alles einbringen. Das ist eine nicht messbare Größe, von der Ferrari profitieren kann. Was man so hört, erwarten Charles und Lewis auch ähnliche Dinge vom Auto, haben ähnliche Vorlieben, was den Stil angeht. Das macht es für die Designer leichter, damit beide Fahrer mit dem Auto gut zurechtkommen.

Die deutschen Fans werden Nico Hülkenberg in seinem neuen Sauber ganz genau beobachten. Wie siehst du das Potenzial bei ihm in dieser Saison?

Es wird schwer sein für ihn, regelmäßig in die Punkte zu kommen. Die Saubers waren bei den Tests in Bahrain schon sehr weit zurück.

Gibt es dennoch Hoffnung für Hülkenberg?

Er selbst hat oft gezeigt, was er aus einem Auto herausholen kann, das einigermaßen ok ist. Das vergangene Jahr im Haas war phänomenal. Wenn er jetzt mal in die Punkte kommt, wäre es aber schon ein großer Erfolg. Das Wichtigste wird für ihn sein, den Teamkollegen zu schlagen. Mit Gabriel Bortoleto hat er einen sehr ambitionierten Rookie an seiner Seite.

Sauber-Teamchef Mattia Binotto hat in den vergangenen Wochen gesagt, dass er mit dem Team, das ab 2026 dann Audi sein wird, ab 2030 um die WM fahren wird.

Es erinnert mich ein bisschen an die Schulzeit. Man baut lieber vor und drosselt die Erwartungen, um dann positiv überrascht zu sein, wenn es doch schon besser läuft als geplant. Ursprünglich hieß es auch, dass Audi früher konkurrenzfähig sein möchte, aber Binotto weiß offenbar, wo sie jetzt stehen und dass es verdammt schwer ist, schnell mit den Topteams mitzuhalten.

Wie sieht es generell um die deutsche Formel-1-Zukunft aus?

Mit Tim Tramnitz haben wir in der Formel 3 ein vielversprechendes Talent. In der vergangenen Saison hat er ein paar sehr gute Ergebnisse eingefahren, muss in diesem Jahr aber in die Top 3 fahren, damit er in die Formel 2 fährt und da muss er auch performen. Er wird frühestens in zwei bis drei Jahren für die Formel 1 interessant werden. Danach haben wir eine große Lücke.

Woran liegt das?

Das hat viele Gründe.

Was ist der schwerwiegendste Grund?

Dass Motorsport so teuer ist und gleichzeitig wenig gefördert wird. Es ist ein Sport für reiche Leute oder für Menschen, die sehr früh von Unternehmen oder Herstellern gefördert werden. Es gibt Rechnungen, die besagen, dass 15 Millionen Euro verbrannt werden, bis ein Mensch in der Formel 1 ankommt. Das kann sich nicht jeder leisten.

Gleichzeitig wird die Formel 1 für Fans weltweit immer beliebter, auch durch die Netflix-Doku "Drive to survive". Wie siehst du sie?

Um die Formel 1 im Mainstream zu etablieren, war die Doku enorm wichtig. Wir merken auch, dass sich die Zusammenstellung der Fans verändert.

In welche Richtung?

Sie werden jünger und weiblicher. Gerade der Anteil im Alter zwischen 14 und 29 Jahren ist extrem gestiegen, da spielt die Doku mit herein.

Wie siehst du die Serie handwerklich?

Da bin ich etwas kritischer. Sie versucht, die Vorgänge innerhalb eines Jahres etwas zu überdramatisieren. Solange nicht alles komplett auf den Kopf gestellt wird, ist das in Ordnung. Man merkt aber schon, dass manche Handlungsstränge sehr verstärkt werden.

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